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Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Titel: Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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Flüstern. »Ich weiß, daß du mir etwas sagen willst, aber du mußt einen anderen Weg finden … so geht es nicht. Verstehst du? Du mußt eine andere Möglichkeit finden.«
    »Miss Grey?« Die lebendige Stimme an der Tür ließ mich aufschrecken.
    Ich wandte mich um. »Ja?«
    »Ist alles in Ordnung?« Der Kopf der Studentin lugte erneut um die Ecke, ihr Gesichtsausdruck war wachsam. »Wir haben Ihre Stimme gehört, aber wir wußten nicht, ob Sie etwas zu uns sagten oder …«
    »Nein«, antwortete ich, »tut mir leid. Ich habe mit mir selbst geredet.«
    »Ach so.« Sie zögerte einen Moment. »Sie klangen nur so anders, wissen Sie.«
    »Ja, wahrscheinlich.« Ich zwang mich zu einem Lächeln. »Ich habe lateinisch gesprochen.«
    Ihr Blick besagte deutlich, daß sie mich etwas seltsam fand – wahrscheinlich hielt sie mich für einen verschrobenen Blaustrumpf oder schlichtweg für verrückt. Aber sie sagte nichts mehr und zog sich höflich wieder zurück.
    Ich atmete tief durch, nahm mit zitternder Hand meinen Teebecher und stürzte zur Tür hinaus, hinaus aus dem Fundstückeraum, hinaus aus den Principia, und überquerte mit langen Schritten, die man gerade noch als Gehen bezeichnen konnte, das Feld.
    David bemerkte nichts, als ich am Rand des neuen Grabens bei den Unterkünften auftauchte – er war vergnügt in seine Arbeit vertieft, wie ein kleiner Junge, der mit Eimer und Schaufel am Strand spielt. »Hey«, begrüßte er mich und kniff die Augen gegen den Wind zusammen. »Das wäre doch nicht nötig gewesen.«
    »Was?«
    »Daß du mir Tee bringst.«
    »Ach so. Tue ich auch gar nicht«, versicherte ich ihm, den warmen Becher mit beiden Händen umklammernd. »Es ist mein Tee. Aber du kannst gern etwas abhaben, wenn du möchtest.«
    »Ich möchte, danke.« Er nahm mir den Becher ab, hockte sich auf die Fersen und trank. »Unfreundliches Wetter.«
    Ich nickte. »Schon Glück gehabt heute?«
    »Ja. Wir haben den Umriß einer der Legionärsunterkünfte freigelegt. Ich habe die Jungs Golffähnchen in alle Pfostenvertiefungen stecken lassen, damit Fabia sie fotografieren kann, ehe es regnet.«
    »Ja, das sehe ich. Was machst du dann da unten mit deiner Schaufel?«
    Er grinste. »Ich wühle nur so ein bißchen herum. Das dunklere Stück hier schien mir interessant zu sein, deshalb wollte ich es mir genauer ansehen. Man weiß nie, was man bei dieser verdammten Ausgrabung finden wird. Hier, du kannst ihn wiederhaben.« Er reichte mir den halbleeren Becher zurück. »Danke.«
    Sein dunkler Kopf beugte sich wieder über den Grund des Grabens. Ich sah ihm eine Weile schweigend zu und zog Trost aus seiner Gegenwart, aus seiner ruhigen Stärke. Hier bei David bin ich sicher, dachte ich, und die Worte wurden zu einer beschwichtigenden Litanei, während ich den warmen Tee schlürfte und mich nach und nach entspannte: sicher, vollkommen sicher …
    Die Kälte durchdrang mich wie die Schneide eines Messers, und ich fuhr auf. »David.«
    »Schon gut«, sagte er erregt, ohne mich anzusehen. »Ich habe es gesehen.«
    Ich starrte zuerst verständnislos zu ihm hinunter, ohne seine Bewegungen wirklich wahrzunehmen, bis ich versuchte, mich auf das zu konzentrieren, was er da tat. Er hatte die Schaufel beiseite geworfen und wischte Erdkrümel mit den Fingern weg, um etwas Kleines aus dem Erdreich zu befreien. Dann hob er den Kopf und pfiff über den Graben hinweg einem seiner Studenten zu. »Geh und hol Mister Quinnell, Junge.«
    »David, was ist das?« Ich beugte mich über den Graben und versuchte, mit dem Zittern aufzuhören. »Was hast du gefunden?«
    Zur Antwort hielt er mir seine ausgestreckte Handfläche hin, und ich sah ein kleines Medaillon an einer zerrissenen Goldkette und auf dem Medaillon die winzige, eingeprägte Gestalt einer Frau, die etwas hielt, das wie ein Schiffsruder aussah.
    »Es ist Fortuna«, sagte David.
    »Ja, ich weiß.«
    Ihr Bild war mir in meiner Laufbahn schon zahllose Male begegnet – eines der ersten Dinge, die ich für Doktor Lazenby bei der Ausgrabung in Suffolk zeichnen sollte, war ein Altar gewesen, den ein namenloser römischer Soldat errichtet hatte und der die Inschrift trug: »Z U E HREN F ORTUNAS, DIE UNS HEIL NACH H AUSE BRINGEN MÖGE. « Die wenigen Worte hatten mich gerührt, und ich hatte mir gewünscht, den Mann kennenlernen zu können, der sie vor so langer Zeit in Stein gemeißelt hatte.
    Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünschst , hatte mein Vater oft gesagt, und ich hätte auf ihn

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