Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)
fragte er, »hat jemand Lust auf ein Gläschen?«
Ich hätte nichts gegen ein halbes Pint einzuwenden gehabt, aber ein Blick auf meine Armbanduhr sagte mir, daß ich keine Zeit mehr hatte. »Wenn ich rechtzeitig zum ceilidh heute abend fertig sein will, sollte ich jetzt nach Hause gehen. Ich will noch baden und mir die Haare waschen, und da heute Samstag ist, könnte ich mal meine Schwester anrufen und fragen, wie es ihr so geht.«
»Ah ja, Ihre Schwester Alison«, sagte Peter. Er hatte wirklich ein unglaubliches Namensgedächtnis, stellte ich fest.
»Ja, genau. Aber ihr beide könnt ja …«
»Sie ist im gleichen Alter wie Fabia, nicht wahr?«
Ich nickte.
»Ja? O je. Sehr mutig von Ihnen, ihr Ihre Wohnung zur Verfügung zu stellen.«
»Sie kennen Alison nicht. Sie hält Putzen für eine angenehme Freizeitbeschäftigung. Wahrscheinlich werde ich meine Wohnung nicht wiedererkennen, wenn ich zurückkomme.«
Doch plötzlich erschien mir allein der Gedanke, in meine Wohnung zurückzukehren, unerfreulich und deprimierend. Ich schob ihn schnell beiseite, murmelte einen Abschiedsgruß und machte mich die Hafenstraße entlang auf den Heimweg.
»Oh«, sagte meine Schwester, »beinahe hätte ich es vergessen. Howard hat angerufen.«
»Howard?«
»Vom Museum. Er sagte, du wüßtest, wer er ist.«
»Ach, natürlich, Howard .« Mein alter Freund und ehemaliger Kollege, der Experte für historische Töpferware, der mir seine Meinung über unsere Fundstücke mitgeteilt hatte. »Was wollte er denn?«
»Nur deine Telefonnummer in Schottland. Er sagte, du hättest sie ihm schon einmal gegeben, aber er hat den Zettel, auf dem sie stand, verloren.«
»Und, hast du sie ihm gegeben?«
»Natürlich nicht.« Alisons Ton war knapp und pragmatisch. »Er hätte schließlich auch irgend so ein Psychopath sein können. Weiß man heutzutage nie. Nein, ich habe mir seine Nummer notiert und versprochen, sie an dich weiterzugeben. Hast du etwas zum Schreiben da?«
Ich klemmte den Hörer zwischen Ohr und Schulter und schrieb mir die Nummer auf. »Alles klar, danke. War sonst noch was? Nein? Gut, dann muß ich jetzt wirklich Schluß machen und mir ein Bad einlaufen lassen …«
»Du hast wohl eine heiße Verabredung heute abend?«
»Ja, habe ich tatsächlich.«
Kurzes Schweigen. »Aber nicht mit Adrian?«
»Nein.«
»Gut. Mit wem dann?«
»So was Neugieriges.«
»Weich mir nicht aus.«
»Mit einem dunkelhaarigen, gutaussehenden Schotten. Im Kilt«, fügte ich hinzu.
Wieder Schweigen. »Du machst Witze.«
»Nein. Er nimmt mich zu einem ceilidh mit.«
»Einem was?«
»Einem ceilidh . Das ist so eine Art Tanzabend.«
»Ich weiß, was das ist«, sagte Alison. »Ich wundere mich nur, daß du zu so was gehst. Du kannst doch gar nicht tanzen.«
»Kann ich wohl.«
»Na, dann solltest du lieber ein paar Fotos machen lassen«, riet sie mir, »sonst glaube ich es nie. Und wenn du schon dabei bist, kannst du auch ein Bild von deinem geheimnisvollen Verehrer im Kilt mitschicken.«
»Glaubst du mir den etwa auch nicht?«
»Doch, natürlich. Aber ich habe eine kleine Schwäche für Männer im Kilt«, gestand meine Schwester. Sie seufzte. »Ich habe Bravehear t fünfmal hintereinander gesehen.«
Ich lachte, wünschte ihr noch einen schönen Abend und legte auf. Dann zögerte ich kurz, ehe ich wieder zum Hörer griff und Howards Nummer wählte. Er war nicht da. Ich hinterließ ihm die Nummer von Rosehill auf dem Anrufbeantworter und ging im Bewußtsein, meine Pflicht getan zu haben, hinauf, um mein Bad zu nehmen.
Der ceilidh war ein voller Erfolg. Zumindest war das mein Gesamteindruck von diesem Abend, der sich aus einem Reigen von geröteten Gesichtern, wildem Gelächter und ausgelassener Musik, die so laut war, daß sie in meiner Brust wie Donner widerhallte, zusammensetzte. Ich tanzte, bis ich völlig außer Atem war, bis mein Kopf sich seltsam leicht anfühlte, der Raum sich drehte und meine Beine mich nicht länger tragen konnten.
Doch Davids Arme hielten mich umfaßt, seine Schultern fühlten sich fest und warm unter meinen Händen an, und die hellen Lichter an den Wänden wirbelten hinter seinem dunklen Kopf vorbei. Die Musik wurde langsamer, ich konnte wieder atmen. Die Tanzfläche war voller Menschen, aber ich hatte nur Augen für David.
Ich hätte es natürlich auf den Kilt schieben können. Er sah wirklich umwerfend aus in den grün-blauen Karos des Hunting-Stewart-Tartans und dem weißen Hemd, das ihm feucht am
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