Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)
irgend etwas beschäftigen«, entgegnete ich, »da ihr beide euch standhaft weigert, ihr vom Fortgang der Ausgrabung zu berichten.«
Die beiden Männer starrten mich an. »Mein liebes Mädchen …«, begann Peter, aber ich ließ ihn nicht ausreden.
»Sie sehnt sich danach zu erfahren, was wir auf Rosehill tun. Und ich muß sagen, ich finde es furchtbar, sie so auszuschließen.«
Peter nahm einen neuen Anlauf. »Aber ihre Ärzte …«
»… sind Dummköpfe«, ergänzte ich grob. »Sie ist doch nicht aus Porzellan. Ich glaube sogar, daß die Enttäuschung darüber, ausgeschlossen zu werden, ihr mehr schadet, als das bißchen Aufregung wegen ein paar Informationen.«
David sah Peter lächelnd über meinen Kopf hinweg an. »Da könnte sie recht haben.«
»Vielleicht«, antwortete Peter, »aber sie kennt deine Mutter nicht, mein Junge. Wenn man anfängt, Nancy etwas zu erzählen, gibt sie sich damit noch lange nicht zufrieden. Sie würde hinaus aufs Feld wollen. Nur, um sich einen besseren Eindruck verschaffen zu können, würde sie sagen. Und kaum würde ich ihr den Rücken zukehren, hätte sie schon eine Schaufel in der Hand …«
»Sie könnte mit mir zusammenarbeiten«, schlug ich vor. »Meine Arbeit ist nicht anstrengend. Und bestimmt nicht ermüdender, als die, die sie für das Museum leistet.«
»Sie arbeitet nur an zwei Nachmittagen die Woche im Museum«, gab David zu bedenken. »Wenn wir sie hinauf nach Rosehill ließen, wäre sie von früh bis spät dort.«
»Ich finde nur, daß ihr beide nicht sehr nett zu ihr seid.« Ich sagte nichts weiter, merkte aber, wie ich meine Kiefer aufeinanderpreßte, als ich mich abwandte, um den vorbeiziehenden Festzug der Heringskönigin zu beobachten. David und Peter wechselten erneut Blicke über meinen Kopf hinweg.
»Jetzt hat sie es uns aber gegeben.«
»Allerdings.«
»Vielleicht … vielleicht sollten wir deiner Mutter einen Besuch abstatten, wenn das hier« – Peter deutete mit dem Kinn auf die Parade – »vorbei ist. Sie wird zwar für heute genug von meiner Gesellschaft haben, sich aber bestimmt freuen, euch beide zu sehen.«
Doch als wir eine halbe Stunde später in Saltgreens an ihre Tür klopften, war Nancy Fotune nicht in ihrem Zimmer.
Eine Krankenschwester, die geschäftig vorübereilen wollte, blieb gerade mal lange genug stehen, um uns aufzuklären. »Oh, sie wollte unbedingt über das Wochenende nach Hause. Sagte, sie habe genug von den Menschenmassen, und bei dem ceilidh heute abend würde es bestimmt laut werden. Außerdem wollte sie irgendwelche Sachen aus ihrem Cottage holen.«
»Tatsächlich?« Über Davids Gesicht legte sich ein resignierter Ausdruck. »Sie hat das Auto genommen, stimmt’s? Das weiße vom Parkplatz vorm Ship Hotel?«
»Ja. Es stotterte zuerst ein wenig beim Anlassen, aber sie war sicher, daß der Motor keine Probleme mehr machen würde, wenn er erst einmal liefe.« Die Schwester lächelte breit. »Sie ist ganz schön thrawn , Ihre Mutter, nicht wahr?«
Das mußte ich nachschlagen. Mein Wörterbuch, das inzwischen voller Eselsohren war, informierte mich, daß mit thrawn Personen bezeichnet wurden, die sehr eigenwillig und dickköpfig waren, und David bestätigte, daß dieses Attribut den Charakter seiner Mutter ausgezeichnet zusammenfasse. »Du solltest ein Sternchen neben dieses Wort machen«, riet er mir und tippte mit dem Finger darauf. »Wichtige Vokabel für dich.«
»Und warum, bitte schön?«
Er grinste. »Weil du es diesen Sommer wahrscheinlich noch oft von mir zu hören bekommen wirst. Meine Mutter ist nicht die einzige Frau hier, die ganz schön thrawn ist.«
Peter nahm die Neuigkeit von Nancys Abwesenheit weniger unbeschwert auf. Er hielt die Krankenschwester am Arm fest, die Stirn besorgt in Falten gezogen. »Aber glauben Sie … ich meine, wird sie dort oben zurecht kommen? Ganz allein?«
»Och, ganz bestimmt.« Die Schwester lächelte zuversichtlich. »Sie hat doch Telefon in ihrem Cottage, nicht wahr? Und ihre Medizin hat sie auch. Es wird ihr guttun, eine Weile hier herauszukommen – sie gehört nicht zu den Leuten, die den ganzen Tag vor dem Fernseher sitzen können.«
Ich fühlte mich bestätigt, bemühte mich aber, nicht allzu selbstzufrieden auszusehen, als wir wieder vor die Tür von Saltgreens traten und in das helle Sonnenlicht blinzelten. Peters Augen gewöhnten sich als erste an die Helligkeit und richteten sich auf die strahlendweißen Wände des Ship Hotels.
»Wie sieht es aus«,
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