Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)
Tests ergeben. Quinnell braucht mich und meine Untersuchungen nicht, um zu wissen, wo er graben soll. Dafür hat er seinen kleinen, übersinnlich begabten Freund.«
»Ich kann es einfach nicht glauben.« Ich rieb mir mit schwerer Hand die Stirn. »Ich kann nicht glauben, daß du mich für nichts und wieder nichts von London hier heraufgelockt hast. Das ist ja wohl das Gemeinste …«
»Wer sagt denn, daß es für nichts ist?«
Ich sah ihn gereizt an. »Ach komm, Adrian! Römische Soldaten, die auf den Hügeln herumspazieren?«
»Ich geb ja zu, daß es ein bißchen verrückt ist, ein Feld auszugraben, bloß weil irgendein Kind zu oft Ben Hur gesehen hat, aber …«
»Hat jemand Luftaufnahmen gemacht?«
»Ja.«
»Und hast du ein Marschlager erkennen können?«
»Nein, aber dieses Feld wird schon lange ausschließlich als Weideland genutzt, und du weißt genausogut wie ich, daß Weideland viel verbergen kann. Man kann es jahrelang fotografieren – zu verschiedenen Jahres- und Tageszeiten – und immer noch nichts erkennen. Das heißt noch lange nicht, daß da nichts ist.«
»Sieh mir in die Augen«, sagte ich herausfordernd, »und sag mir, daß du ernsthaft an die Existenz eines römischen Lagers auf Rosehill glaubst.«
Es war eine Art Falle. Ich kannte Adrian gut genug, um zu wissen, daß er bei den seltenen Gelegenheiten, bei denen er mir in die Augen sah, log.
Doch er überraschte mich, indem er meinem Blick auswich und nachdenklich in die verzweigten Kronen der noch blätterlosen Bäume blinzelte. »Ich glaube«, sagte er, »daß Quinnell daran glaubt. Und für das Gehalt, das er mir bezahlt, bin ich bereit mitzuspielen.«
»Natürlich, das hätte ich mir denken können. Es läuft immer wieder auf Geld hinaus, stimmt’s?« Ich betrachtete ihn forschend. »Weißt du, ich bin fast versucht, die Stelle anzunehmen, und zwar nur, um Quinnell vor euch allen zu beschützen.«
Adrian lächelte über meinen tadelnden Gesichtsausdruck. »Ist der arme Fortune deshalb so schnell verschwunden, als ich euch auf der Auffahrt begegnet bin? Hast du ihm auch die Leviten gelesen?«
»Ich kenne den Mann nicht gut genug, um ihm die Leviten zu lesen. Aber er weiß ganz genau, wie ich über die Sache denke.« Wir waren nicht lange in Rose Cottage geblieben, nachdem ich das Bild des römischen Legionärs gesehen hatte. Jeannie McMorran hatte uns Tee und Plätzchen angeboten, aber David hatte mit seinem sympathischen Lächeln irgendeine Ausrede im Zusammenhang mit Arbeit vorgebracht und mich aus dem warmen kleinen Haus in die frische Morgenluft geführt, die nach Erde und Blumen und Sonnenschein duftete.
Er hatte natürlich gewußt, daß ich enttäuscht sein würde. Und trotzdem hatte er mich zu Robbie gebracht und mich die ganze phantastische Geschichte anhören lassen. Und als wir wieder die gewundene Auffahrt hinaufgetrottet waren, hatte er sich mit keinem Wort entschuldigt. »Jetzt wissen Sie genausoviel wie ich«, hatte er nur gesagt und mich ganz ruhig dabei angesehen. »Es liegt bei Ihnen, zu bleiben oder abzureisen, aber eines will ich Ihnen noch sagen: Quinnell wünscht sich sehr, daß Sie bleiben.«
Die letzten Worte hatte er fast widerstrebend geäußert, wie gegen besseres Wissen, und ich hatte den seltsamen Eindruck, daß es David Fortune lieber wäre, wenn ich nicht bleiben würde. Doch bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, war ein glänzender roter Sportwagen – Adrians natürlich – mit röhrendem Motor die Auffahrt hinaufgekommen, und ich war stehengeblieben. Mit einem letzten, undefinierbaren Blick hatte sich der große Schotte abgewandt, um die letzten hundert Meter zu dem Stallgebäude auf dem Hügel hinaufzugehen, wo dieses perfekt ausgestattete kleine Büro geduldig auf meine Antwort wartete.
»Verdammt, verdammt, verdammt .« Die Worte kamen mit solcher Vehemenz heraus, daß Adrian mich erschrocken ansah. »Es ist alles deine Schuld«, sagte ich, und weil er es nicht besser verdiente, versetzte ich ihm zum Nachdruck noch einen heftigen Stoß.
Er ließ ihn ungerührt wie einen Punchingball an sich abprallen. »Was ist meine Schuld?«
»Ich mag ihn.«
»Wen, Fortune?« Die Vorstellung schien ihn zu schockieren.
»Quinnell. Ich mag ihn, Adrian, und ich möchte nicht, daß er enttäuscht wird.«
»Dann sei ein braves Mädchen und nimm die Stelle an.«
»Ja, aber begreifst du denn nicht? Wenn ich das tue, wenn ich wie ihr anderen bei seinem Hirngespinst mitspiele, muß ich auch dastehen
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