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Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Titel: Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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lächelte. Er zog sich mit einer einzigen gewandten Bewegung aus dem Graben, wie ein Schwimmer, der aus einem Schwimmbecken steigt, und wischte sich die Hände an seinen abgewetzten Cordhosen ab, während er zu mir herüberkam. »Peter spielt gern den Lehrer«, vertraute er mir an. »Er hat mich schon zu Ausgrabungen mitgeschleppt, als ich gerade mal halb so alt war wie Robbie heute.«
    Ich konnte mir überhaupt nicht vorstellen, daß er einmal halb so alt gewesen war wie Robbie. Ich sah zu dem kleinen, zerzausten Schopf zurück, der sich dicht neben Quinnells über irgend etwas im Graben beugte, und dachte: unmöglich. Ein so großer, kräftiger Mann wie David Fortune konnte niemals so klein wie Robbie gewesen sein. Er mußte einfach schon in seiner vollen Größe zur Welt gekommen sein.
    Er überragte mich um mindestens zwei Köpfe, stellte ich mal wieder fest, als wir nebeneinander hergingen und unser Schweigen nur von dem dumpfen Geräusch unserer Schuhe auf dem dichten grünen Gras begleitet wurde, das den unebenen Boden bedeckte. Kip folgte uns schwanzwedelnd in der Hoffnung auf ein Abenteuer, aber als wir wenige Meter hinter dem Graben schon wieder anhielten, verlor er das Interesse und trottete in eine andere Richtung davon.
    Das Gittersieb lag noch so auf dem Haufen durchgesiebter Erde, wie ich es verlassen hatte, und David beugte sich darüber, um das kleine Stück zerbrochener Töpferware auf seinem Erdbett zu untersuchen.
    »Es war in dem letzten Eimer mit Erdreich, den Adrian uns zum Sieben gebracht hat«, sagte ich.
    »Wie unaufmerksam von uns, so etwas beim Graben zu übersehen.«
    Ich betrachtete einen Moment lang nachdenklich seinen Hinterkopf. »Sie waren überhaupt nicht überrascht, oder?«
    »Daß wir etwas gefunden haben, meinen Sie?« Er drehte sich um und sah mir fest und offen in die Augen. »Nein.«
    »Aber es ist … ich meine, es scheint so unglaublich, wenn man bedenkt, daß Adrian und Fabia sich die ganze Mühe gemacht haben, das Untersuchungsergebnis zu fälschen, und dann ist dieser verfluchte Graben genau da … genau da, wo …« Ich verstummte hilflos und fuhr mir mit der Hand über die Stirn, um eine kleine Grübelfalte wegzuwischen. »Unglaublich.«
    »Gar nicht so unglaublich.« Er sprach mit dem sanften Nachdruck eines Lehrers, der seine Schüler an eine vergessene Lektion erinnert. »Robbie sagte ja, daß da etwas ist.«
    »Ja, aber …«
    »Wenn Sie Robbie etwas länger kennen, werden Sie es verstehen. Ich bin weder ein gläubiger noch ein leichtgläubiger Mensch, aber wenn Robbie eine Sintflut ankündigen würde, würde ich mir eine Arche bauen.« Er drehte die Scherbe vorsichtig zwischen seinen Fingern. »Ist das alles, was Sie gefunden haben?«
    »Das und ein paar Knochenfragmente – hauptsächlich von Vögeln und Mäusen, glaube ich.«
    »Gut, ich hole nur schnell mein Notizbuch, damit wir das hier ordentlich dokumentieren können. Bin gleich wieder da.«
    Ich blieb allein bei dem halbleeren Sieb zurück, verschränkte die Arme über der Brust und starrte auf die Topfscherbe hinab, ohne sie wirklich zu sehen. Eigentlich hätte ich mich freuen müssen, dachte ich. Schließlich sah es inzwischen tatsächlich so aus, als gäbe es ein Marschlager auf Rosehill, und das war keine geringe Entdeckung, ob es sich dabei nun um ein Lager der Neunten Legion handelte oder nicht. Warum also, fragte ich mich, beschlich mich auf einmal dieses ungute Gefühl?
    Ich mußte eine ganze Weile völlig in Gedanken vertieft dagestanden haben, so daß ich das Geräusch von Schritten im Gras hinter mir nur mit halbem Ohr wahrnahm und mich nicht umdrehte. Erst als ich einen Atemzug dicht an meiner Seite spürte, registrierte ich, daß jemand gekommen war. Meine dummen Vorahnungen abschüttelnd, zwang ich mich zu einem Lächeln und wandte mich mit einem Hallo auf den Lippen um.
    Doch meine Begrüßung ging ins Leere.
    Mein Herz machte einen Sprung, setzte aus und begann wieder zu schlagen. Durch das laute Rauschen des Blutes in meinen Ohren hindurch hörte ich den Warnschrei einer Silbermöwe hoch über den Baumkronen, und dann gingen die leise schlurfenden Schritte an mir vorbei und verklangen im sachte wehenden Gras.

IX
     
    »Du machst ein Gesicht, als hättest du einen Geist gesehen«, sagte Adrian, der mich über den Rand seines Zeichenbretts hinweg betrachtete. »Alles in Ordnung?«
    »Alles bestens.«
    »Du mußt nämlich nicht mehr hier herumstehen, wenn du müde bist. Robbie und Wally

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