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Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Titel: Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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Ausgrabung. Das ist alles, was ihm am Herzen liegt.« Und dann, als wäre sie zu weit gegangen, wechselte sie abrupt das Thema: »Ich verstehe nicht, wie du damit deinen Lebensunterhalt verdienen kannst, ganz ehrlich. Ich würde sterben vor Langeweile.«
    Ich lächelte über den klagenden, enttäuschten Ton ihrer Stimme und wußte, daß sie sich das Metier der Archäologie etwas glanzvoller vorgestellt hatte. Sie hatte nicht wie ich gelernt, daß Archäologen im wahren Leben nichts mit den verwegenen Abenteurern der Hollywoodfilme gemein hatten, die auf der Suche nach unbezahlbaren Schätzen wie verrückt von einer Gefahrensituation zur nächsten rund um die Welt jagten. Die echten Archäologen waren Wissenschaftler. Sie gingen sehr langsam vor, aus Angst, etwas zu übersehen, etwas zu zerstören oder ungenau zu sein. Für die meisten von ihnen konnte ein einziges Bruchstück eines alten Gefäßes – was wir im Feld eine »Scherbe« nannten – ein genauso aufregender Fund sein wie die Maske Agamemnons.
    Hollywoodproduzenten, überlegte ich, legten nicht sehr viel Wert auf Detailgenauigkeit. Und wer sollte ihnen daraus einen Vorwurf machen? Wer würde schon einen Film drehen wollen, der die Wirklichkeit der Ausgrabungsarbeiten zeigte, mit all der Monotonie und Mühe und dem endlosen Dokumentieren und Aufzeichnen? Oder genauer gesagt, wer würde einen solchen Film sehen wollen? Das Interesse, das ein durchschnittliches Publikum für das zentnerweise Sieben von Erde aufbringen konnte, war sicherlich begrenzt.
    »Was ist das?« fragte Fabia, als ich ein dünnes braunes Ding aus dem Sieb pickte.
    »Ein Regenwurm.« Ich tat ihn sanft wieder dahin zurück, wo er hingehörte. Schlimm genug, fand ich, daß er aus seinem friedlichen Zuhause herausgeschaufelt und durchgerüttelt worden war. Ich kippte die wenigen übriggebliebenen Steinchen auf den gesiebten Haufen, setzte das Sieb ab und hob den nächsten Eimer an, wobei ich Fabia aufmunternd zulächelte. »Das ist der letzte«, versprach ich.
    Schwere Schritte verkündeten Adrians Herannahen. »Der letzte?« echote er. »Dann wird es ja Zeit, daß ich euch Nachschub bringe. Der Haufen da ist noch längst nicht hoch genug.« Fröhlich stellte er zwei volle Eimer neben dem nicht unbeträchtlichen Hügel gesiebter Erde ab, stemmte die Arme auf die Hüften und wartete darauf, daß wir ihn beschimpften.
    Doch Fabia verzichtete zu meiner Überraschung darauf. Statt dessen fuhr sie sich mit einer koketten, femininen Geste durchs Haar und bedachte Adrian mit einem gezielten Augenaufschlag. »Adrian, Darling, ob du vielleicht …« Sie hielt inne, als wäre ihr etwas peinlich, und nahm dann einen neuen Anlauf. »Es ist nur, daß ich unbedingt mal auf die Toilette müßte, und ich wollte dich fragen, ob du vielleicht ein Schatz sein könntest …« Mit hoffnungsvollem Lächeln hielt sie ihre Seite des gerahmten Siebs in die Höhe.
    »Aber natürlich.« Leichtgläubig wie immer trat er an ihren Platz, um sie abzulösen, und sah ihr mit zärtlichem Blick nach, wie sie aufs Haus zustürmte. Als sie außer Sichtweite war, drehte er sich zu mir und begegnete meinem midleidsvollen Blick. »Was ist?«
    »Du solltest deine Kenntnisse in griechischer Mythologie auffrischen.«
    »Wozu?«
    »Herkules und Atlas.«
    »Was ist mit ihnen?«
    »Hast du in der Schule denn gar nicht aufgepaßt? Atlas war der Kerl, der den Himmel auf seinen Schultern tragen mußte, erinnerst du dich? Damit er nicht auf die Erde fällt. Und dann löste ihn Herkules eine Zeitlang ab, während Atlas losging, um die goldenen Äpfel zu holen. Als aber Atlas zurückkam, hatte er keine Lust, sich den Himmel wieder aufzuladen, also sagte Herkules: ›Kann ich verstehen, alter Junge, aber irgendwie sitzt der Himmel nicht richtig auf meinen Schultern. Kannst du ihn noch mal kurz halten, während ich eine bessere Position einnehme?‹«
    »Und dann hat er sich aus dem Staub gemacht, richtig?«
    »Der älteste Trick der Welt.«
    »Du bist eine ganz schöne Zynikerin, was?« kommentierte Adrian. »Fabia wird zurückkommen.«
    Als wir bereits den zweiten Eimer in Angriff genommen hatten, waren seine Blicke hinauf zum Haus häufiger geworden, und seine Stimme klang längst nicht mehr so überzeugt: »Sie wird wiederkommen.«
    »Natürlich wird sie das. Könntest du dein Ende bitte richtig hochhalten? Du verschüttest die ganze Erde.«
    »Entschuldigung. Ich hatte ganz vergessen, wie sehr mir das zuwider … wart mal, was war

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