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Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Titel: Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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ab.«
    »Und Peter stört sich nicht daran? Daß es illegal ist, meine ich.«
    »Och, nein, so ein bißchen Freihandel hat ihn nie gestört, solange es dabei nicht um Drogen oder Waffen geht. Wodka«, bemerkte David trocken, »ist nichts, das Peter in seinem Haus stören würde.«
    Ich betrachtete den kleinen Hafen, der friedlich im Sonnenschein dalag und dessen blaues Wasser unschuldig gegen die Kaimauern schwappte, mit neuem Interesse. »Wird hier viel geschmuggelt?«
    David schüttelte seinen dunklen Kopf. »Ich weiß es nur von Brian. In den alten Zeiten jedoch – und ich meine die wirklich alten Zeiten, noch vor der Zeit meines Großvaters – hatte fast jeder seine Finger in dem Geschäft drin. Deshalb haben sie die Altstadt auch so verwinkelt gebaut, mit all diesen engen, verschlungenen Gassen. Es ist praktisch unmöglich, einem ortskundigen Schmuggler hinterherzujagen, wenn die Straßen nicht gerade verlaufen. Und dieses Haus dort drüben, Gunsgreen«, er erwärmte sich immer mehr für das Thema, »war früher ein Schmugglerparadies. Es hat unterirdische Gänge und Höhlen zur Lagerung von Ware, und jedes Zimmer hat zwei Türen – eine zum Flur und eine zum Nachbarraum. Man konnte in aller Seelenruhe durch die anderen Zimmer nach draußen entkommen, während die Zollbeamten im Flur standen und gegen die Tür hämmerten. Genial ausgedacht.«
    Mir war das Gunsgreen-Haus schon früher aufgefallen. Es stach hervor wie ein Wahrzeichen und stand ein Stück oberhalb des Hafens, dem Ship Hotel direkt gegenüber. Es erinnerte mich an die Häuser, die ich als Kind mit meinen Bauklötzen gebaut hatte – ein hohes, viereckiges, solides Gebäude ohne Verzierungen und Rundungen. Mit seinen gelb gestrichenen Wänden und dem grauen Dach wirkte es äußerlich recht respektabel.
    »Paß auf, wo du hintrittst«, warnte mich David und hielt mich mit einer Hand davon ab, über ein weiteres Tau zu stolpern. »Du wirst mich nicht dadurch aufmuntern, daß du im Hafenbecken landest.«
    Ich warf einen zweifelnden Blick auf die kalte, graublaue Wasseroberfläche, die trotz der Tatsache, daß gerade Flut war, immer noch einige Meter unter uns lag. Achtsam stieg ich über das Tau hinweg und ließ mich von David die wenigen Meter über die Hafenstraße und auf den Bürgersteig führen, wo das Gehen sicherer war. Ein Stück weiter blieb ich stehen, um die langgestreckte Fischmarkthalle besser betrachten zu können, die dicht an den Hafenrand gebaut war. Sie war rundum fast ganz offen, hatte einen geteerten Boden wie ein Parkplatz und obenauf ein robustes Dach, das auf vierkantigen, hölzernen Pfosten ruhte. Offene Markthallen kamen mir immer unfertig vor – als Kind hatte ich geglaubt, daß die Bauleute die Wände einfach vergessen hätten. Bei dieser war allerdings ein Teil der uns zugewandten Seite mit einer lackierten Blechverkleidung versehen. Vor der Markthalle blockierte ein Kleinlaster fast die ganze Straße, und der Fahrer, der gegen das Fahrerhaus gelehnt dastand und eine Zigarette rauchte, nickte uns höflich zu und sagte »Hey«, als wir vorbeigingen.
    »Er wartet auf die Auktion«, erklärte mir David. »Sie fängt erst um vier Uhr an.«
    »Welche Auktion?«
    Er sah mich mit einem nachsichtigen Blick an, wie ein Lehrer, der es mit einer etwas begriffsstutzigen Schülerin zu tun hat. »Die Fischauktion, Mädchen.«
    »Ach so.« Ich sah auf meine Armbanduhr. »Aber es ist doch schon Viertel nach drei.«
    »Na und?«
    »Na ja, es sind weit und breit keine Boote in Sicht, oder? Und Fische sehe ich auch nirgends.«
    Die Fischmarkthalle war tatsächlich völlig leer, so leer, daß ich durch sie hindurch über den Hafen und bis zu der Stelle sehen konnte, wo Brians Boot lag. Aber David dachte gar nicht daran, mir zu sagen, wie das Wunder bewerkstelligt werden würde. Er führte mich an der Halle und an den Gebäuden zu unserer Rechten vorbei, die sich hier und da zu schmalen Gassen öffneten und den Blick auf naßglänzende, verlassene Packhöfe aus Ziegeln und Beton freigaben.
    »So«, sagte er, »jetzt können wir wieder auf die andere Seite gehen … halt, wir sollten lieber diesen Laster vorbeilassen.« Sein starker Arm hielt mich zurück, als ich gerade auf die Straße treten wollte. »Du hast es wohl auf einen Unfall abgesehen, was? Hat deine Mutter dir nicht beigebracht, nach beiden Seiten zu sehen?« Noch ein Laster ratterte an uns vorbei und quetschte sich durch die schmale Straße, dann lockerte sich Davids Griff um

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