Die Geisterseherin (German Edition)
sie an Q'nqüra gewandt.
„In einem Videospiel würde jetzt wohl eine Art Chancengleichheit bestehen.“, dachte sie bei sich und dachte dabei an jene Spiele, in denen man als Spieler mal eben ganze Armeen ausschalten konnte.... doch was virtuell toll aussah und meist auch sehr leicht war, war in Wirklichkeit ihr Tod. Sie hatte gestern keine Chance gegen drei dieser Wesen gehabt. Wie sollte sie da erst zwei Dutzend von ihnen besiegen?
Für einen Moment wurde es ruhig auf dem Dach, selbst das Summen verstummte und auch Mikoto hielt den Atem an. Sie hoffte inständig, dass dies alles nette Seelen waren, die sie nicht angriffen, auch wenn sie wusste, dass dies nur ein Strohhalm im Wind war, an dem sie sich verzweifelt klammerte.
Verzweifelt wehrte sie den ersten Angriff ab. Sie hatte kaum Platz zum agieren. Überall waren diese Wesen und sie stand jetzt schon, Sekunden nach dem Beginn des Kampfes, mit dem Rücken zum Zaun, der das Dach umgab.
Ihre einzige Chance war es, so dachte sie sich, als sie einen weiteren Schlag abwehrte und gleichzeitig einen anderen in die Seite bekam, die Schule zu verlassen und Q'nqüra oder Tomoya zu finden. Diese beiden waren die einzigen, die ihr jetzt helfen konnten und dummerweise waren beide nicht hier. Mikoto müsste sich durch die vielen Geister bis zur Treppe durchschlagen und anschließend in die Stadt rennen, wenn sie zu Q'nqüra wollte, die eigentlich in ihren Büchern ihren Kampf schon lange mitverfolgen musste. Außerdem... was würde mit der Schule passieren? Eine größere Anzahl dieser Wesen hatte das Dach ja bereits verlassen. Was würden sie in der Zeit in der Schule anstellen? Mikoto konnte es doch nicht verantworten mehr als 300 Schüler ihrem Tod zu überlassen! Sicher... einige waren in der Pause und hatten das Gelände verlassen, aber die meisten der Schüler waren noch auf dem Komplex!
Mikoto schlug nach einem der Wesen und versuchte gleichzeitig einem Schlag von der anderen Seite auszuweichen. Sie kam sich immer mehr, wie eine Trapezkünstlerin vor, da sie sich bei jedem Schlag ihrer Gegner beinahe unmenschlich verrenkte, um nicht getroffen zu werden. Ihre Glieder schmerzten noch vom Vorabend und sie war dadurch weitaus ungelenker, darum beschloss sie auch in diesem Augenblick, dass ihre einzige Chance wirklich nur Q'nqüra war. Auf Tomoya konnte sie nicht zählen, sie wusste ja nicht einmal, wo sich das Mädchen aufhielt... Sie musste also irgendwie in die Innenstadt kommen, da diese dumme Bibliothekarin scheinbar im Moment wirklich ihren Pflichten nicht nachkam!
Mikoto hätte nie verlangen sollen, dass Q'nqüra aufhört aktiv in ihrem Leben zu lesen... es war immerhin nur ihr Job... doch diese Reue kam ein wenig zu spät.
Einem weiteren Schlag ausweichend, vollführte Mikoto eine Drehung, rammte eines der Wesen mit Erfolg zur Seite und stach gleichzeitig erfolglos durch ein weiteres hindurch. Sie kam ein paar Schritte der Treppe näher, doch war jetzt von allen Seiten von diesen Wesen umgeben. Mikoto hackte und schlug immer und immer wieder in die Masse an wabernden Formen hinein. Oft traf sie, manchmal wichen diese Wesen auch aus.
Aber egal, wie oft sie traf. Es zeigte einfach keine Wirkung. Zu viele Wesen füllten die Lücke, bis sich die getroffenen Geister wieder zusammengesetzt hatten. Und auch wenn es nur normale Geister gewesen wären... sie waren einfach zu viele. Bei dieser Menge könnten sogar Kinder einen erwachsenen Mann besiegen! Es kam ihr inzwischen vor, als würde sie versuchen mit einem Schwert eine Flutwelle zu teilen.
„Mikoto!“
Sie hörte ihre Stimme über das Dach hallen, konnte jedoch niemanden sehen, die Wesen versperrten ihr die Sicht. Doch sie kannte die Stimme, die aus Richtung der Treppe kam. Es war Steves Stimme und innerhalb von wenigen Sekunden konnte sie nicht weit von sich entfernt das zischende Geräusch von Stahl, der die Luft durchschnitt, hören.
„Bleib weg!“ Das rief sie ihm zu, als sie für einen kurzen Moment hinter den wabernden Körpern seine Form erkennen konnte. „Einige dieser Wesen sind in Richtung der Klassen unterwegs, du musst sie aufhalten, Steve!“, fügte sie anschließend hinzu. „Ich halt hier schon noch eine Weile aus! Beschütze lieber die Schüler!“
Plötzlich flogen neben ihr mehrere der Wesen davon, wie von einer unsichtbaren Macht getroffen.
Steve stand hinter ihnen und vollführte mehrere Schwerthiebe hinter sich, hielt die Wesen auf Distanz. Doch auch für ihn waren es sichtbar zu viele.
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