Die Geisterseherin (German Edition)
du mich jetzt töten?“, fragte er noch einmal und hob seine blutverschmierte Hand.
„Wie die Mutter, so die Tochter... ihr seid beide so gleich. Innen, wie außen.“
Mikoto hob ihr Schwert leicht. Sie musste sich beherrschen, sonst würde sie sich sofort auf ihn stürzen. Aber den Kopf zu verlieren, bedeutete hier den Tod! Sie musste darum ruhig bleiben... „Wusstest du, dass deine Mutter ebenfalls... Geisterseherin war?“ „Was...?“
Mikoto, die gerade ihr Schwert gehoben hatte, um Kenji zu attackieren, ließ selbiges wieder sinken.
„Es ist wahr... diese Frau war, wie du... und sie starb durch meine Hand, weil sie sterben musste. Und jetzt... werden die Seelen auch dich zerfetzen.“
„Warum... warum beschwörst du die Seelen und zerrst sie vom Rad des Schicksals fort?“, fragte sie ihn schließlich, nachdem sie ihre Überraschung überwunden hatte.
„Ach das? Es war nichts... ein kleines Experiment, um die Zeit zu vertreiben.“
„Dann nehme ich an, dass das Töten auch nur ein Hobby von dir ist.“ Mikoto knirschte mit den Zähnen und hatte immer mehr Probleme damit, sich zusammenzureißen.
„Ich war neugierig, ob eine Seele in dieser Welt Substanz annehmen kann. Ich fragte mich, ob sie vom Ursprung des Lebens zurück in unsere Welt gezerrt werden könnten. Es funktionierte einwandfrei, auch wenn dafür einige Menschen sterben mussten.“
„Dafür... dafür hast du die Menschen umgebracht? Für ein Experiment?“
„Mehr oder weniger, ja. Der Übergang öffnete sich nur im Augenblick des Todes für einen winzigen Moment und außerdem, wenn der Geist diese Welt hinter sich lässt. Letzteres konnte ich nicht kontrollieren, darum musste ich zu Mord greifen. Ich tötete Iori und ließ ihren Körper für einen kurzen Tag weiterleben, hielt ihn mit meiner Magie am Leben. In all dieser Zeit, blieb der Übergang geöffnet und ich konnte auf die andere Seite blicken und meine Tests und Zauber tätigen. Dank ihrem Opfer gebiete ich nun über eine Armee der Toten... und dank ihrer Vernichtung bist du gelähmt von Schuldgefühlen, während dich meine Seelenkrieger töten!“ Er lächelte und auch in seinen Augen war jetzt ein gewisses Glitzern zu sehen.
„Letztendlich bleibt es aber ein kleines Experiment.“
„Ein Experiment...“
Mikoto hob ihr Schwert höher, richtete die Spitze auf den Mann und biss die Zähne zusammen vor Wut.
„Nur dank dir habe ich so viele die Seelen herausreißen müssen und die „Armee der Toten“ erschaffen. Einmal losgelassen, stürzen sie sich auf alles, was sie sehen, ohne Ausdauerverlust oder den Tod fürchten zu müssen. Sie sind eine fast perfekte Streitmacht, haben nur den Fehler, dass sie alles attackieren. Aber selbst das ist nur eine Frage der Zeit. Bald werden sie so perfekt sein, dass niemand auf dieser Welt noch eine Chance gegen sie hat.“
Mikoto hatte inzwischen den Faden verloren und keine Ahnung mehr, wovon dieser Mann redete. Alles, was sie verstanden hatte, war, dass dieser Mann größenwahnsinnig war. Unbesiegbar in dieser Welt? Wollte er eine Art Gott werden? Das konnte er gleich vergessen, dachte sie bei sich. Jemand wie er, würde das niemals schaffen. Nicht solange sie es verhindern konnte.
„Und weißt du, was das praktischste an meiner kleinen Streitmacht ist?“, sprach der Lehrer weiter. „Niemand wird mehr meine Regeln in Frage stellen!“
Seine Stimme war hysterisch geworden und seine Augen strahlten voller Begeisterung für seine eigenen Worte.
„Nie wieder wird jemand meine Prinzipien in Frage stellen. Die Menschen werden wieder so, wie früher sein!“
„Nicht, solange ich es verhindern kann!“
Mikoto sprang vor, ihr war inzwischen egal geworden, ob sie den Mann tötete oder nicht. Er hatte ihre Mutter getötet und er hatte Iori für ein Experiment sterben lassen! Dieser Mann hatte sich jegliches Recht auf ein Leben verspielt, als er sich anmaßte ein Gott werden zu wollen, um seine eigenen Prinzipien den Menschen aufzudrängen! Kenji war nicht weit entfernt, er stand ja lediglich ein paar wenige Schritte vor ihr, ein Abstand, der leicht mit ihrem Satz zu überwinden war.
Dennoch brauchte sie genug Zeit, um ihm ein kleines Reaktionsfenster zu lassen.
„Fugo, kongou, dakatsu!“
In dem Moment, in dem er diese Worte aussprach, wurde Mikoto von einer unsichtbaren Macht getroffen und bis zum anderen Ende des Raumes geschleudert. Sie knallte gegen die Wand und blieb dort hängen, als wäre sie festgeklebt.
Kenji kam langsam auf sie zu,
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