Die Geisterseherin (German Edition)
der Zeit die Zeitlinie sang- und klanglos beenden.“
Hatsumomo legte ihre Hand auf die Schulter ihrer Tochter. „Ich beziehe dich nicht ein, Moana, weil ich will, dass du dein Leben genießt... solange es noch geht.“
„Es wird bald kein Leben mehr geben... außerdem bin ich glücklicher, wenn ich dir helfe!“
„Kannst du dir denn nichts besseres vorstellen? Der Virus wird einige Jahre brauchen, noch hast du die Chance das Land zu verlassen, einen Freund zu finden und eine Familie zu gründen. Mit viel Glück... wirst du es sogar noch aufwachsen sehen.“
Moana stieß die Hand ihrer Mutter von ihrer Schulter, ihr Gesicht war ernst.
„Ich habe mich längst entschlossen, Mutter. Ich habe bereits einmal tatenlos zugesehen... mit dem Ergebnis, dass du starbst. Noch einmal werde ich das nicht tun. Nein, ich werde nicht tatenlos daneben stehen und zusehen, wie die Welt den Bach runter geht!“
Hatsumomo seufzte, dann aber musste sie kurz lächeln. Das Mädchen, so dachte sie, war wohl wirklich ihre Tochter, denn sie gab, wie sie selbst auch, niemals auf. Ganz egal, wie schlecht die Chancen für einen Sieg auch standen.
Genau das, was die Welt jetzt bitter nötig hatte.
„Wenn du mir helfen willst, dann leih unserer guten Mikoto ein paar von deinen Sachen... und entsorge die Fetzen, die sie jetzt trägt. „Okay! “
Moana nickte zustimmend und lief im Eilschritt aus der Oper. Wieder einmal legte sich eine erdrückende Stille über den Ort. Nur das Rascheln von Hatsumomo's Kleidung, die leisen Töne ihrer Schritte, als sie langsam um die Bühne herum ging, hallten durch den Saal. „Was sie wohl sagen würde, wenn sie wüsste, dass ich nicht ihre Hatsumomo bin...?“
Sie zog erneut an ihrer Zigarette und schüttelte enttäuscht den Kopf. „In dieser Zeitlinie bin ich doch längst gestorben...“
Dabei dachte sie an ein lange vergangenes Ereignis zurück, an eine Geschichte, doch eigentlich gar nichts mit ihrer jetzigen Situation zu tun hatte und deren Ereignisse dennoch erst ermöglicht hatten, dass sie zu diesem Zeitpunkt hier stehen konnte.
Asche fiel zu Boden, ein kurzes Glühen auf dem Boden.
„Es ist schon komisch, dass das Schicksal mich ausgerechnet in diese Zeitlinie geworfen hat... aber vielleicht sind wie ja wirklich alle nur Schachfiguren.“
Die endlose Schwärze der Ohnmacht hatte Mikoto umhüllt. Für sie blieb der tickende Zeiger der Zeit stehen, während um sie herum der normale Alltag der Menschen weiter lief. Stunde um Stunde, Tag um Tag. Unwissend, was mit ihr geschah und unfähig den Schleier der Ohnmacht, der sie mit einem eisernen Griff fest hielt, zu durchbrechen.
Nur die Schwärze als Kumpane in jener Zeit.
Mikoto wusste nicht, wie viel Zeit verging, während sie bewusstlos war. Die erste Zeit über gab es nicht einmal Träume. Dennoch schien sie sich irgendwie bewusst zu sein, dass sie existierte... in dieser Dunkelheit.
Schließlich, nach Ewigkeiten, die Wochen oder auch nur Minuten sein konnten, löste sich die Ohnmacht ein wenig und gab Mikoto einem wohltuenden Schlaf preis.
Einem Schlaf und seinen Träumen...
Alles begann, mit einer Stimme, die sich in ihr Gedächtnis drängte. Eine tiefe Männerstimme, die sie nie zuvor in ihrem Leben gehört hatte. Es war jener Moment, in dem die Stimme erklang, in dem ihr Traum begann und sie sich selbst in diesem Meer der Träume wieder fand.
Diese tiefe Stimme, die sie in eine andere Bewusstseinsebene holte, raus aus der Tiefe, in der sie sich befunden hatte, klang sehr freundlich. Der tiefe Bass schien ihr etwas väterliches zu geben... und trotzdem war sie so weit von der Stimme ihres Vaters entfernt. „Mein armes Kind, gebeutelt vom Schicksal... mit verbundenen Augen und Händen lässt man dich durch die Geschichte irren.“ Mikoto drehte sich verwirrt einige Male um die gleiche Achse, da sie erwartete, dass der Mann gleich irgendwo aus dem Schatten treten würde. Doch dem war nicht so, sie blieb eine körperlose Stimme, die durch den Raum hallte, ohne einen Ursprung zu besitzen. „Wer... wer ist da? Wo bin ich!?“
„Die Frage ist wohl eher... wohin willst du, junges Mädchen?“ Mikoto stoppte ihre vergeblichen Bemühungen den Ursprung der Stimme zu lokalisieren und konzentrierte sich lieber auf ihren Inhalt. „Wohin... ich will? Ich weiß nicht... irgendwohin? Weg von hier?“ „Wohin genau willst du?“, fragte die Stimme erneut.
„Vielleicht... ja... Ich will nach Ichihara, zu meinen Freunden. Ich will zu Yuki und seiner Cousine
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