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Die Geisterseherin (German Edition)

Die Geisterseherin (German Edition)

Titel: Die Geisterseherin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Schwarzenstein
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ein neuer Tag würde anbrechen.
„Die Menschen werden ihrem Tagesgeschäft nachgehen, naiv und stur.“
Hatsumomo nahm einen tiefen Zug von ihrer Zigarette, deren schwaches Glimmen das einzige Licht in der Oper zu sein schien. Sie stand vor der Bühne, genau dort, wo der Orchestergraben war. Sie schien müde und erschöpft, tiefe Furchen waren unter ihren Augen zu erkennen. Zugleich wirkte sie sehr nervös, denn die Hand, welche die Zigarette hielt, zitterte unmerklich.
Erneut seufzte sie laut und warf einen Blick über die Schulter, in Richtung der Bühne. Dort, wo eigentlich die Darsteller ihre Kunst den Massen zeigten, lag Mikoto. Ihr Abendkleid war zerfetzt und verhüllte ihren Körper mehr schlecht als recht. Selbst von dieser Position und in dieser Dunkelheit brauchte sich Hatsumomo nicht anzustrengen, um mehr Haut von Mikoto zu sehen, als diese am Strand im Bikini gezeigt hatte. Immerhin lebte sie noch, aber ihr Atem ging stoßhaft. Einzelne Schweißtropfen glitzerten auf ihrer Stirn, als würde sie noch in ihrer Ohnmacht gegen Hatsumomo kämpfen.
Die Göttin schnippte die Zigarette fort, völlig ignorierend, dass der Glimmstengel einen hässlichen, kleinen Brandfleck auf dem teuren Boden hinterließ und schwang sich auf die Bühne. Gemütlich lief sie zu dem Mädchen und beugte sich über sie.
Hatsumomo lächelte zufrieden.
„Kämpfe, Mikoto. Beweise uns, dass wir unser Schicksal in die eigene Hand nehmen können.“
In diesem Moment flog die Tür der Oper auf und ein Mädchen stolperte herein, von Hatsumomo völlig ignoriert.
Sie war ein Stück älter als Mikoto, ein Mädchen, dass bereits, wenn auch nicht lange, im Arbeitsleben stand. Auch sie hatte, wie Hatsumomo, dicke Ränder unter den Augen und wirkte übermüdet. „Mutter!“
Das Mädchen, welches bedingt durch die Hitze, welche den gesamten Tag über geherrscht hatte, nur ein schwarzes Top und Hotpants trug und daher irgendwie wirkte, als wäre sie gerade aus dem Bett gefallen, lief auf Hatsumomo und Mikoto zu und nannte die Göttin dabei „Mutter“.
Ihr Name war Moana, Moana Van Rosebird und sie war tatsächlich die Tochter der blonden Göttin. Da sie jedoch einen menschlichen Vater hatte, waren ihr die Kräfte der Götter verwehrt geblieben. Darum lebte sie auch unter den Menschen ein normales Leben – und bis vor kurzem sogar alleine.
„Oh Gott, wieso hast du mir nicht gesagt, dass du das schon heute Nacht durchziehen wolltest? Ich hätte dir doch geholfen!“ Moana sprang behände auf die Bühne und beugte sich über Mikoto. „Du wärst mir nur im Weg gewesen...“
„Na danke, Mutter... Ich mag vielleicht keine göttlichen Kräfte von dir geerbt haben, aber das macht mich noch lange nicht nutzlos!“ Sie packte Mikoto und hob sie scheinbar mühelos hoch.
„Siehst du?“
Hatsumomo beachtete sie gar nicht und zündete sich die nächste Zigarette an. Daraufhin ließ Moana Mikoto wieder langsam sinken. Es traf sie immer sehr, wenn sie ihre Mutter so ansah. Sie wollte ihr helfen, aber manchmal hatte sie das Gefühl, als kam sie an die Frau nicht heran.
Als wäre eine Mauer um ihr Herz herum gebaut worden. „Verdammt, Mutter!“
Sie stellte sich vor Hatsumomo und verschränkte wütend die Arme. „Du weißt doch, dass ich dich unterstütze... dass ich hinter dir stehe. Ich habe dich beerdigen müssen, damals als dieser Mann dich erschlagen hatte... und als du dann plötzlich vor mir standest und verwirrt von diesem Virus gefaselt hast, da habe ich dir zwar nicht sofort geglaubt... aber dann habe ich es ja gesehen. Vor einigen Tagen, in diesem Krankenhaus... Ich glaube dir wirklich, auch wenn deine Geschichte abstrus klingen mag. Also gib mir wenigstens die Chance dir zu zeigen, dass ich es ernst mit meiner Hilfe meine. Wenn dieser Virus wirklich jener Virus ist, von dem du mir erzählt hast, dann kannst du die Welt nicht im Alleingang retten!“
„Und du willst also „Teil der Legende“ werden?“
Moana verstummte für einen Moment, bis sie realisierte, dass ihre Absicht anders geklungen hatte, als sie eigentlich wollte. „Hier gibt es keine Helden, Moana. Kein Gut und kein Böse. Die Welt ist nicht so einfach und weil sie eben nur „Grau“ ist, kann auch niemand hervortreten und die Welt durch eine gute Tat befreien. Und die Wahl, die wir haben, ist leider nicht so rosig, wie du sie dir ausmalst.“
„Ich weiß... wir versuchen diese Zeitlinie zu retten und riskieren damit hunderte Jahre Qual und Elend... oder wir lassen die Herrin

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