Die Geisterseherin (German Edition)
alles aus sei, man also am besten nur Kaffee bestelle.
„Oh... haben sie keine Kuchen mehr da?“, fragte Miu das dürre Klappergestell traurig und die Frau blickte kurz von ihrem Notizblock auf, bevor sie „Donuts von gestern“ murmelte.
„Gut, dann nehme ich so einen Donut... und dazu einen Kaffee. Was ist mit dir, Makoto?“
Makoto, welcher der Karte nur einen kurzen Blick gewürdigt hatte, bestellte „das, was sie Kaffee nennen“ und die Inhaberin verschwand in einem Schneckentempo hinter der Theke.
„Ein Wunder, dass sie überhaupt noch Kaffee haben...“, murmelte Miu.
„Man merkt halt, dass dies keine Kleinstadt ist, da gibt es manchmal noch Dinge. Das sieht auf dem Land ganz anders aus...“
„Apropos Land... Kennst du das Dorf vor Sapporo noch? Jenes, in dem Kotomi's Familie einen Schrein besessen hatte?“
„Ja... sicher.“, antwortete ihr Makoto.
„Dort gibt es gar nichts mehr zu kaufen, weil die wenigen Lieferanten, die noch arbeiten, nur große Städte beliefern. Immerhin sind die meisten Menschen auch in die Städte gezogen, nachdem der Virus diese fast leer gefegt hatte. Jedenfalls... die wenigen Leute, die noch dort leben, bauen jetzt ihre Sachen wieder selbst an, wie im Mittelalter!“
„Schlimm...“
„Ja, das kannst du laut sagen.“
Das Klappergestell schlurfte zurück zu dem Tisch, an dem Miu und Makoto saßen.
„Zwei Mal die Kaffee-ähnliche Brühe und ein Donut von gestern...“ Lustlos knallte sie die zwei Tassen und einen Teller auf den Tisch und verzog sich dann wieder hinter den Tresen, um der ungeheuer wichtigen Beschäftigung des „Tresenputzen“ weiter nachzugehen. „Endlich mal wieder Kuchen...“, murmelte Miu glücklich und biss herzhaft in den Donut, nur um gleich wieder das Gesicht zu verziehen. „Bäh... der ist von vorgestern, wenn überhaupt...“, murmelte sie und biss, wider ihrer Worte, erneut hinein.
„Dann iss ihn halt nicht.“
„Neee... ich wollte ihn haben und dann esse ich ihn auch...“ Protestierend stopfte sie das alte Stück Gebäck in ihren Mund und spülte es dann mit dem Kaffee herunter. Auch Makoto nippte vorsichtig an dem heißen Getränk und stellte verwundert fest, dass er gar nicht mal so schlecht schmeckte.
Ein wenig wässrig vielleicht, aber immer noch echter Kaffee... „Was meinst du? Werden wir irgendwann wieder so leben, wie früher?“, fragte er die Frau schließlich eine Frage, die ihm wohl niemand beantworten konnte und welche eigentlich eher in den Raum gesagt war, statt direkt an Miu gerichtet zu sein.
Miu antwortete dennoch, nachdem sie den Rest des Donuts bei Seite gelegt hatte.
„Nein, das glaube ich nicht... niemand kann das, was momentan geschieht aufhalten... auch Tomoya hätte das nicht verhindern können.“
„Sie konnte vieles, aber das ist wohl selbst für sie eine Nummer zu groß.“
„Ja...“
Eine bedrückende Stimmung breitete sich zwischen den beiden aus und Makoto versuchte hastig, um das Gespräch nicht ganz zu töten, das Thema zu wechseln. „Ich habe dich letztens im Fernsehen gesehen. Um ehrlich zu sein, ich bin immer wieder von dir beeindruckt. Es ist schön zu wissen, dass wenigstens ein paar Leute versuchen das System aufrecht zu halten.“
Er meinte dabei eine Nachrichtensendung, in der Miu als Vorstand der Furukawa Inc, der Firma ihrer Familie, interviewt wurde. „Wenn wir alle aufhören zu arbeiten und zu produzieren, dann sterben wir noch früher, Makoto. Irgendjemand muss dafür sorgen, dass es weiterhin Wasser, Essen und Strom gibt. Auch, wenn es nicht mehr so viel ist, wie früher. Die Show muss weiter gehen, wie man so schön sagt.“
Miu's Gesicht blieb dabei sehr ernst und Makoto musste zugeben, dass sie durchaus Recht hatte. Dass die Menschheit überhaupt noch existierte, hatte man dem simplen Fakt zu verdanken, dass es Menschen, wie Miu gab.
Besitzer von Firmen, die nach wie vor arbeiteten, obwohl Geld und Güter praktisch nichts mehr wert waren. Wer sollte auch noch Luxusgüter kaufen oder gar für diese Güter arbeiten gehen, wenn man nicht wusste, ob man den nächsten Tag noch erlebte...?
„Manchmal wünschte ich, ich könnte einfach so in der Zeit zurück reisen und den Ausbruch des Virus verhindern.“, murmelte Makoto gedankenverloren und glitt somit wieder in das Thema zurück, von dem er eigentlich wechseln wollte.
„Dazu müssten wir erst einmal wissen, woher der Virus kam, Makoto. Bis jetzt hat das noch niemand herausgefunden und das weißt du.“ „Ja, klar... natürlich
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