Die Geisterseherin (German Edition)
einmal auf die Besucherzeiten angewiesen.
„Noch 75 Kilometer...“, murmelte er, während er seine Route auf einer alten Landkarte verfolgte, die er mitgenommen hatte. „Ich folge der Straße noch fünfzig Kilometer und nehme danach die Landstraße... mit etwas Glück finde ich noch eine Herberge, die offen hat.“
Die Karte wieder zusammen faltend warf er einen Blick in die Richtung, aus der er gekommen war. Ein wenig fragte er sich schon, wie es danach weitergehen würde... was wäre, wenn er diese Q'nqüra nicht fand, wenn Steve keinerlei Informationen hatte, an denen er anknüpfen konnte. Die Spur kalt wurde...
Und selbst wenn, wie sollte er Mikoto kontaktieren, wenn er sie gefunden hatte? Er würde sicherlich zurück nach Ichihara fahren müssen... das würde ihn wieder einen ganzen Tag kosten... wenn nicht sogar mehr, denn wer wusste schon, ob Mikoto es sofort bemerkte, wenn er zurück war.
Er fragte sich eh, wie sie in seine Wohnung gekommen und auch so schnell wieder verschwunden war. Ein paar Mal während der Fahrt war ihm dieser Gedanke in den Sinn gekommen.
„Ein Geist ist sie aber nicht, oder?“
Die könnten ja sicherlich auftauchen und verschwinden... aber er bezweifelte, dass Mikoto tot war. Es würde zwar irgendwo die eine oder andere Frage klären, aber warf ein gewaltiges Problem auf. Er war kein Geisterseher und zumindest das konnte er mit Sicherheit sagen.
Damals, als Mikoto ihm geholfen hatte, da hatte er ja mit einer Pistole auf einen Geist geschossen. Diesen hatte er aber nicht gesehen, sondern lediglich das durchaus reale Schwert, welches dieser Geist benutzte und daher auch für ihn sichtbar in der Luft schwebte. Nein, sehen konnte er sie definitiv nicht... Mikoto musste also noch lebendig sein. Oder zumindest in einem Zustand, in der ihr Körper noch lebte. Aber wenn dem so war... wieso hatte sie sich 20 Jahre lang nicht gemeldet? Und wieso kam sie gerade jetzt? Und vor allem... wieso zu ihm? Lag es wirklich nur daran, dass andere ihn für verrückt hielten?
Er kratzte sich am Kopf und beschloss auch in diese Richtung seine Lauscher aufzustellen. Vor allem dieser andere Geisterseher, zu dem er unterwegs war, dieser Steve... vielleicht hatte der ja auch eine ganz einfache Antwort parat.
Aber jetzt brauchte er erst einmal eine Übernachtungsmöglichkeit... Kinoshita stieg zurück in den Wagen und gab Gas, erreichte Osaka bereits eine gute Stunde später und fand nach einer weiteren halben Stunde auch schon eine kleine Herberge, die noch betrieben wurde und mietete sich dort ein Zimmer.
Den Rest des Abends verbrachte er auf dem Bett, jammerte über seine Rückenschmerzen und ging in Gedanken all die Dinge durch, die er bislang über diesen Steve Steiner wusste.
Und das war schon einiges... immerhin war der Junge damals der Hauptverdächtige gewesen.
Steve Steiner, so hatte er damals schnell herausgefunden, war ursprünglich Deutscher, darum auch der seltsam klingende Name. Er kam jedenfalls bereits mit jungen Jahren mit seiner Familie nach Japan. Sein Vater war Deutscher, doch seine Mutter geborene Japanerin. Seine Familie betrieb in Deutschland und später auch hier in Japan ein eigenes Dojo. Steve selbst zeigte wohl auch schon früh ein gewisses Talent für diesen Kampfsport, denn als Kinoshita heraus fand, welchen Dan er bereits besaß, da hatte er erst einmal schlucken müssen. Ihn ein Wunderkind zu nennen wurde ihm dabei nicht einmal gerecht. Er flog quasi durch die Kinderränge und hatte in seinem jungen Alter bereits einige Erwachsenenränge hinter sich. Was er allerdings nicht wusste war, ob dies tatsächlich nur auf sein Talent zurückzuführen war, oder ob die Familie ihn nicht auch in jungen Jahren in dieser Richtung gedrillt hatte.
Theoretisch gesehen hatte er jedenfalls jeden neuen Gürtel beim ersten Versuch nach der minimal erforderlichen Wartezeit bekommen, etwas, dass sehr beeindruckend war.
Durch Gespräche mit Steve's Klassenkameraden erfuhr er zudem einiges über seinen Charakter. Er war... nicht unbedingt beliebt, da er meist sehr barsch und zynisch sein konnte. Als unbeliebt würde er ihn aber auch nicht bezeichnen, gerade bei den Mädchen kam der durchtrainierte Junge mit dem hier so exotischen europäischen Aussehen gut an. Die Meinung über ihn ging also ziemlich weit auseinander. Sein bester Freund war dieser Yuki, der nur wenige Stunden vor Mikoto verschwand. Mit anderen Klassenkameraden hatte er wenig am Hut, abgesehen davon, dass er natürlich regelmäßig den
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