Die Geisterseherin (German Edition)
Rücken schlimmer und dadurch die Reise immer unbequemer und stressiger.
Irgendwann konnte er an nichts anderes mehr, als seinen Rücken denken und verpasste darum auch beinahe eine tatsächlich noch offene Tankstelle, kurz vor Ninohe. Sie war ein Überbleibsel einer alten Kette und sollte auch geschlossen werden. Allerdings hatten die Betreiber zum Beginn des Virus, als der Aktienmarkt und die Weltmarktpreise zusammen brachen, richtig viel Benzin auf Vorrat gekauft, dass sie jetzt versuchten loszuwerden, bevor sie die Tankstelle endgültig schließen konnten. Da in der Gegend aber kaum noch Leute mit dem Auto fuhren und öffentliche Verkehrsmittel ihr Benzin fast komplett vom Staat zugeteilt bekamen, der dieses noch, Gott alleine wusste auf welchem Weg, irgendwo kaufte, leerten sich die Tanks natürlich nur sehr langsam und die Betreiber waren froh, als Kinoshita nicht nur eine volle Tankfüllung kaufte, sondern auch noch versprach auf dem Rückweg ebenfalls dort Halt zu machen. Ein Versprechen, dass er nicht einhalten würde... auch, wenn er die Absicht dazu hatte.
Nachdem er den Tank gefüllt hatte und sein Kreuz sich beim Losfahren stark gegen die weitere Fahrt wehrte, beschloss er schließlich die Augen nach einem Hotel oder einer anderen Übernachtungsmöglichkeit offen zu halten. Wie schon bei seiner Reise nach Osaka war es für ihn unmöglich im Auto zu schlafen. Dazu war der Polizeiwagen auch nie ausgelegt worden, der hintere Teil war für Verdächtige und entsprechend unbequem... Darum hielt er jetzt bereits die Augen offen, obwohl die Sonne den Horizont noch nicht erreicht hatte und wohl auch noch eine Weile dafür brauchen würde.
Schließlich sah er beim Vorbeifahren ein kleines Schild, dass eine Übernachtungsmöglichkeit anbot, gerade als er den Mabechi-Fluss überquert hatte. Kinoshita nahm also, dem Himmel dankend, die nächste Ausfahrt und steuerte den Wagen dorthin, wo er das Schild gesehen hatte.
Was er erreichte, war eine Dorfkneipe, die wohl einmal ein paar Zimmer angeboten hatte. Es war kein großes Haus und Kinoshita vermutete, dass die Kneipe wohl maximal drei oder vier Zimmer haben würde. Allerdings würde sie mit Sicherheit nicht allzu viele Gäste haben, jedenfalls nicht in dieser Zeit. Das heruntergekommene, aber einst prunkvolle Schild sprach ja von besseren Zeiten. Er hielt mit dem Wagen auf dem leeren Parkplatz und stieg mit knackenden Knochen und einem großen Keuchen aus. Für einen Moment fragte er sich, ob die kleine Kneipe in diesen Zeiten überhaupt noch offen hatte, doch dann hörte er leise Musik aus dem Gebäude dringen. Anscheinend hatte sie dem Sturm der Gezeiten wacker standgehalten.
Die Tür öffnend trat er, mit der Hand seinen schmerzenden Rücken massierend, in die Kneipe ein.
Sofort fielen alle Blicke auf ihn, wobei dies nicht allzu viele Blicke waren. Drei Männer saßen bei einer Flasche Sake an einem Tisch und spielten Hanafuda, ein weiterer, vermutlich der Besitzer, stand an der Theke und schrubbte eben selbige. Der scharfe Rauch von Zigaretten lag in der Luft, wie man es von einer kleinen Kneipe eben erwartete. Er schluckte ein wenig, es war schon lange her, dass er eine solchen Kneipe besuchte und er hoffte, dass die drei Männer an dem Tisch keine Schlägertypen oder gar Yakuza waren. Kurz: Ihm war bei der Sache ein wenig unheimlich.
„Was kann ich für dich tun, Fremder?“, knurrte ihn der Mann an der Theke schließlich an. Noch einen Moment zögernd näherte sich der Ex-Kommissar ihm schließlich und wollte etwas sagen, doch der Mann schnitt ihm das Wort sofort ab.
„Du bist ein Bulle, nicht? Solche, wie dich, mögen wir hier nicht... habt uns nichts gebracht, seitdem der Virus uns alle einer nach dem anderen umlegt.“
Kinoshita drehte sich verwundert um und erkannte, dass man seinen Wagen durch ein kleines Fenster aus sehen konnte. Da wäre er natürlich auch skeptisch, wenn ein Polizeiauto vor seiner Kneipe parken würde...
„Ich bin kein Polizist“, versicherte er dem Mann schließlich. „Was? Keine Marke aber 'ne Karre von der Polente? Alter Mann, es stehen auf den Straßen genug herrenlose Autos, die meisten kriegst sogar du zum laufen. Wieso also sollte jemand, wie du den Mumm in den Knochen haben ein Auto von der Polente zu stehlen?“ „Oh, das ist nicht gestohlen. Ein Freund von mir ist Polizist und er hat es mir geliehen.“
„Aye?“
Der Mann musterte ihn argwöhnisch, es war klar, dass er ihm seine, wenn auch wahre, Geschichte nicht
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