Die Geisterseherin (German Edition)
glaubte.
„Hören sie, Herr...“
„Tanaka, ich bin Herr in diesem Haus.“
„Gut, Herr Tanaka...“, begann Kinoshita seine Erklärung von neuem: „Sehen Sie, ich bin ein alter Mann und keine Gefahr für Sie oder die drei...“ Er deutete auf die drei Männer mit ihren Hanafuda-Karten. „... da hinten. Also selbst, wenn ich ein Polizist wäre, dann wäre ich ohne Verstärkung hier mehr als nur aufgeschmissen.“
„Aye...“
Der Mann polierte nun ein Bierglas, ließ Kinoshita dabei aber nicht aus den Augen.
„Sehen Sie, ich bin auf der Durchreise und will nach Sapporo.“ „Da haben Sie noch ein Stück vor sich.“
„Richtig... aber ich bin alt, mein Rücken macht die langen Fahrten nicht mehr mit. Da habe ich Ihr Schild da draußen gesehen.“ „Das ist alt...“, murrte der Mann, jedoch nicht ganz so abweisend, wie zuvor.
„Ja, das habe ich auch gesehen. Aber Sie haben doch sicherlich nicht so viel Betrieb, dass alle Zimmer vermietet sind?“
Der Mann blickte ihn nicht an, als er erwiderte, dass dem trotzdem so sein könnte.
„Okay... wie viel, damit ich eine Nacht in einem Ihrer Zimmer schlafen kann?“
„5.000 Yen...“
„Na sehen Sie, geht doch...“
Er zog seine Brieftasche heraus und legte den geforderten, wenn auch recht hohen, Betrag auf die Theke.
„Sie wollen wirklich hier übernachten?“
Der Inhaber hob eine Augenbraue hoch, anscheinend hatte er nicht damit gerechnet, dass Kinoshita den Mumm hätte tatsächlich dort zu bleiben. Und er glaubte es im übrigen auch fast nicht.
„Sicher... ist Frühstück inklusive?“
„Aye... ist es.“
Der Inhaber Tanaka griff nach dem Geld und steckte es in die Tasche seiner dreckigen Jeans, dann deutete er mit einem Nicken nach oben und legte einen Schlüssel auf den Tisch.
„Erstes Zimmer rechts, da können Sie schlafen. Ist ein hübsches kleines Zimmer. Könnte allerdings bisschen laut werden, bis die da drüben...“ Er deutete mit einem Nicken auf die anderen Gäste „... wieder weg sind. Meine Frau und ich schlafen im hintersten Zimmer, für den Notfall... ich kann allerdings ganz schön grantig werden, wenn man mich weckt... und meine Frau wollen Sie da lieber nicht erleben.“ „Gut, ich habe verstanden...“
Kinoshita bedankte sich, packte seine Aktentasche, nahm den Schlüssel von der Theke und stieg die Treppe hinauf in den zweiten Stock. Dabei amüsierte er sich darüber, wie selbst in diesen Zeiten Geld noch immer die Lösung für die meisten Probleme war... und wie schnell es einem die Sympathie der Menschen einbrachte. Und das, obwohl es doch eigentlich nichts mehr wert war.
Die Tür zu seinem Zimmer war nicht abgeschlossen, der Schlüssel war also nur dazu da, damit er von innen die Tür verriegeln konnte. Er hatte ja eh nichts von Wert dabei, abgesehen vom Benzin in seinem Tank und den Yen, die nur noch wenige Geschäfte annahmen. Auf beides würde er Acht geben müssen, aber nachdem er den Inhaber bezahlt hatte und dieser gleich weitaus freundlicher wurde, fürchtete er keinen Diebstahl dieser Sachen mehr.
Was nicht bedeutete, dass er nicht sicherheitshalber trotzdem die Tür verschließen sollte.
Obwohl es noch nicht allzu spät war, er wäre ohne seinen schmerzenden Rücken sicherlich noch gut zwei Stunden durchgefahren, bis er nach einer Schlafstätte Ausschau gehalten hätte, ging er gleich zu Bett. Er hatte nur ein wenig mehr als die Hälfte der Strecke geschafft und damit noch ein großes Stück vor sich und sein Rücken fühlte sich bereits an, als hätte man ihn mit tausend Nadeln malträtiert. Er würde den Schlaf in dem angenehm weichen Bett brauchen, wenn er morgen nicht bereits nach der Hälfte der Strecke aufgeben wollte.
Aber „Schlafen“ war leichter gesagt, als getan. Kinoshita wälzte sich eher unruhig auf dem Bett hin und her, unfähig eine angenehme Schlafposition zu finden, die seinen Rücken zudem entlastete. Außerdem hielten ihn die Aufregung und die Schmerzen wach. Schließlich, nachdem er sich bereits zwei Stunden sinnlos in dem Bett herum gewälzt hatte, beschloss er einen Schlummertrunk in der Kneipe zu trinken, zog sich wieder an und stieg die Treppe hinab in den, noch immer mit Rauch gefüllten Raum, von dem er dort oben nicht so viel gehört hatte, wie er anfangs dachte.
Die drei Männer saßen noch immer in der Ecke und spielten Hanafuda, scheinbar jetzt auch mit Yen-Einsatz. Bei einem der drei Männer stapelten sich auch schon die Münzen und Scheine. Anscheinend hatte er eine Glückssträhne gehabt,
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