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Die Geisterseherin (German Edition)

Die Geisterseherin (German Edition)

Titel: Die Geisterseherin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Schwarzenstein
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noch einmal auf den Barhocker und der Inhaber, seine Absicht vergessend Kinoshita nichts alkoholisches mehr zu geben, schenkte ihm ein weiteres Glas ein. An dem Funkeln in seinen Augen erkannte Kinoshita als ehemaliger Polizist sofort, dass die jetzt kommende Geschichte von dem Inhaber sehr gerne erzählt wurde. „Sie fragten doch, ob Sie ihm Lotto gewonnen hat, nicht?“ „Ja... hat sie es doch noch?“
„Keine Ahnung... aber den Jackpot hat sie wohl auch so geknackt.“ „Wie meinen Sie das?“
Der Inhaber senkte seine Stimme und beugte sich leicht über die Theke, als wollte er nicht, dass jeder hörte, was er jetzt zu sagen hatte. Vermutlich machte er das aber jedes Mal so, wenn er die Geschichte erzählte.
„Ein paar Wochen nachdem sie weg war, da hält plötzlich so eine weiße Limousine vor meiner Kneipe...“
„Eine Limousine?“
„Ja, so eine mit 'nem Stern drauf, ausländische Marke. Zu groß, um irgendwie praktisch zu sein. Sie wissen schon... so ein Protzding, dass man nur fuhr, um damit anzugeben.“
„Ich kann es mir vorstellen...“
„Jedenfalls steigt da so ein neureiches Kind aus, vielleicht 20 Jahre alt. So ein Schnösel vom Typ „Reichtum geerbt“. Mit Designerklamotten stapft der also bei mir in die Kneipe und setzt sich auf den Stuhl, auf dem sie gerade sitzen...“
Kinoshita zog beide Augenbrauen hoch.
„Und...?“
„Na... der sitzt da und starrt mich, also frag ich Ihn, ob er was trinken will... so ganz höflich. Will mich ja nicht mit den Mächtigen anlegen, die legen sonst noch meine Kneipe lahm. Naja... der Junge sagt darauf erst nichts, dann zieht er er einen Stapel Scheine aus der Tasche und wirft sie mir zu, sagt dabei „Als Dankeschön!“ und haut ab, fährt mit seiner dicken Limousine einfach so wieder weg.“
„Hä?“
„Jetzt kommt's aber noch... ich bin halt auch erst mal baff, dann zähle ich die Scheine und... dann sind das 1 Million Yen.“
„Eine Million Yen?“
Eine Million Yen war jetzt nicht unbedingt ein gewaltiger Reichtum, es reichte allerdings aus um in Tokio eine Wohnung mittlerer Größe für ein halbes Jahr lang zu mieten. Es war eine beachtliche Summe, wenn man sie einfach mal so geschenkt bekommt.
„Das ist... ein seltsames Ende...“, murmelte Kinoshita.
„Ja... und wissen Sie, was ich glaube? Die kleine Yumi, Gott lass Sie noch leben, hat sich 'nen ganz dicken Fisch geangelt. Irgendeinen reichen Bengel, vielleicht sogar aus Sapporo, immerhin wollte sie ja dort hin.“
„Es wäre allerdings eine seltsame Art sich zu melden, finden Sie nicht? Wenn Sie hier drei Jahre lang gearbeitet hat, warum hat sie Sie dann nicht zwischendurch mal besucht?“
„Naja, sie hat geschrieben...“
„Ja?“, fragte Kinoshita überrascht, denn nach den bisherigen Erzählungen war er davon ausgegangen, dass diese Yumi sich nie wieder gemeldet hatte.
„Ja, einmal. Allerdings schrieb sie nur, dass es Ihr gut geht, dass Sie ein Dach über den Kopf gefunden hat und dass wir uns nicht um sie sorgen sollen, sie würde uns außerdem ein schönes Leben wünschen.“ „Äh?“
Kinoshita stockte, denn das hatte er bereits einmal gelesen... in Yuki's Abschiedsbrief!
„Haben Sie... den Brief noch?“
„Klar... ist immerhin alles, was ich noch von Yumi und den guten alten Tagen habe.“
„Kann man ihn mal sehen?“
Kinoshita rechnete nicht damit, dass der Inhaber ihm den Brief aushändigen würde, aber nach einer kurzen Pause nickte der Mann kurz.
„Und Sie sind echt kein Bulle mehr?“
„Nein, ich bin seit 20 Jahren suspendiert.“
Der Mann griff unter die Theke und holte ein gefaltetes weißes Stück Papier hervor.
„Hab das immer in meiner Nähe... erinnert mich an die guten alten Tage, auch wenn es jene „Dunklen Tage“ waren, als die Welt durch den Ausbruch im Chaos versank. Aber wissen Sie... während sich überall Gewalt und Anarchie breit machte, hat sie hier ein Paradies erschaffen.“
Kinoshita nahm den Zettel an sich und öffnete ihn vorsichtig, um ihn nicht zu beschädigen.
„Lieber Herr Tanaka, dies soll meine letzte Nachricht an dich und deine Frau sein. Ich habe die Zeit bei euch sehr genossen. Bitte sorgt euch nicht um mich, denn ich habe am Ziel meiner Reise ein festes Dach über dem Kopf gefunden. Ich bin jetzt glücklich, denn auch dank Euch habe ich entdeckt, wie schön es ist zu leben. Ich wünsche euch allen ein schönes Leben, möge der Virus uns verschonen.“ Er faltete das Papier wieder zusammen und schluckte fest, bevor er den Zettel Herrn

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