Die Geisterseherin (German Edition)
Ja... morgen, 13 Uhr...“
Sie legte das Telefon auf ohne eine weitere Antwort abzuwarten und atmete einmal tief ein und aus.
„Auch wenn du nichts ausrichten kannst... ich würde mich freuen, wenn du Recht behalten solltest.“, murmelte sie und legte das Handy auf den Schreibtisch. Gleichzeitig ging die Tür zu ihrem Büro auf und einer ihrer Mitarbeiter kam herein geeilt.
„Kommen Sie.“, sprach Miu noch mit belegter Stimme.
„Wir haben zu tun. Eine unbekannte Variable löst sich nicht von alleine.“
Q'nqüra stand von ihrem kleinen Kotatsu, einem beheizbaren, japanischen Tisch, auf und lief zu einem der Wände, welche sie mit Büchern voll gestellt hatte. Sie zog langsam eines der Bücher heraus, wohl darauf achtend, dass die Wand durch die plötzliche Lücke nicht in sich zusammen brach und warf es dann auf ihren Kotatsu. Das Buch traf dabei einige andere Bücher, die bereits auf dem Kotatsu lagen und die Herrin der Zeit ließ ein genervtes Seufzen ertönen. „Hier ist einfach nicht genug Platz...“, murmelte sie, lief zurück zu dem Kotatsu und hob das Buch wieder auf.
Sie mochte es hier dennoch. Für viele Jahrhunderte hatte sie in Ichihara ihr Büro gehabt, so dass ihr ihr neues Domizil auch nach 20 Jahren noch wie ein Urlaub vorkam.
Es könnte auch daran liegen, dass der Hauptteil ihrer Arbeit seit 20 Jahren stetig abnahm. Die aktiven Zeitenbücher wurden mit jedem Tag weniger, wenn der Virus seine täglichen Opfer einforderte. Und dadurch, dass sie den Zugang zum Rad des Schicksals vor vielen Jahren bereits verschlossen hatte, kamen ihr diese Toten auch nicht in ihre nun neuen Zuständigkeitsbereiche hinein. Die Geister waren ihr eh egal, inzwischen legte sie die Bücher sogar bei Seite, wenn ein Mensch starb und zu einem Geist wurde. Die Geister konnten ja eh nichts mehr tun und nur zusehen. Um sie würde sie sich kümmern, wenn es so weit war und es keine lebenden Menschen mehr gab. Dann wartete auf sie alle die endlose Dunkelheit des Nichts, wenn sie die Bücher verbrannte und die Zeitlinie schließlich beendete. Q'nqüra schlug das neue Buch auf und las interessiert darin. Sie bekam natürlich noch immer alles mit, was überall auf der Welt geschah, aber die Konzentration auf ein einzelnes Buch half ihr bestimmte Situationen wirklich zu erleben. Man konnte es vielleicht so beschreiben... sie wusste, dass Yumi Hamada noch immer im Zug nach Sapporo saß, nachdem sie Steve Steiner in Osaka besucht hatte. Aber erst, wenn sie sich auf die Frau konzentrierte, dann sah sie, was auch Yumi in diesem Moment sah. Sie schaltete quasi vom reinen Wissen, was sie tat, zu einem aktiven Erleben ihres Lebens um. Die Menschen um sie herum wurden real, genauso wie die Gerüche, Gefühle und Gedanken.
„Yumi Hamada's Zeitenbuch? Was willst du denn von ihr?“ Eine Stimme schreckte sie aus ihrem Buch auf und ließ sie verwirrt in den Raum hinein schauen.
Es war niemand da, sie war in ihrem Zimmer mit ihren Büchern alleine. Der Pensionsleiter dieser Familienpension befand sich drei Räume weiter und nur drei weitere Gäste hatten Räume gebucht und befanden sich momentan ausnahmslos am Strand.
Dennoch hatte Q'nqüra eine Ahnung. Sie war nicht dumm und hatte mit der Zeit Anomalien in einigen ihrer Bücher bemerkt, jedoch nie herausfinden können, was eigentlich falsch war und wer sie verändert hatte.
Trotzdem wusste sie, wem die Stimme gehörte, die sie da gerade gehört hatte.
Was sie jedoch nicht wusste, war, dass die Frau, die sie nicht sehen konnte, in diesem Moment von sich aus die Herrin der Zeit aufgesucht hatte.
„Es gab einige... Anomalien in den Büchern von Kouhei Kinoshita, Yumi Hamada, Miu Furukawa, Steve Steiner und natürlich auch Yujiro Sugisaki. Das lässt mich annehmen, dass du dafür verantwortlich bist... Mikoto.“
Die Frau, welche die Herrin der Zeit korrekt als Mikoto identifiziert hatte, beobachtete diese ganz genau, aber als sie sah, wie ziellos ihre Augen das Zimmer absuchten und dabei, ohne von ihr Notiz zu nehmen, immer wieder über sie glitten, atmete sie erleichtert auf. „Zugegeben, ich weiß noch immer nicht, wie du dies tust, wie du ohne Existenz und Zeitenbuch noch immer leben kannst, aber solange du mit anderen Personen kommunizierst oder auch nur in deren Blickfeld trittst, wurdest du auch für mich fassbar. Auch verwischte Spuren sind noch immer Spuren.“
„Das ist mir durchaus bewusst... darum... hallo, hier bin ich.“ Mikoto streckte ihre Arme aus, als wollte die die
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