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Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition)

Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition)

Titel: Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Funke
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neue Zigarre.
    Er glühte vor Eifer. Und weiter in seinem Ton sagte er: Alonso-Menendez-Zigarren werden ausschließlich aus den allerbesten Tabaken Brasiliens und natürlich nur von Hand gefertigt. Man nennt sie
Puros
. Der Fertigungsort wird streng geheim gehalten, selbst ich fand ihn damals nicht. Heute weiß ich allerdings, wo er sich befindet. Ein Einheimischer verriet es mir später. Sie kennen ihn. Es war ein Ranchero, der aus Brasilien herstammte und den ich am Rio de la Plata kennengelernt hatte. Oh, ich sage Ihnen, diese handgemachten Zigarren weisen eine angenehmen Süße auf, fast schon ein schokoladiges Aroma. Trocken und rau wirkt dagegen ihr schwarzes Mata-Fina-Deckblatt. Und diese herrlichen Alonso-Menendez-Zigarren, eine Adelsdynastie unter den Zigarren, weisen nun genau jene Süße und diesen leicht pfeffrigen und erdigen Geschmack auf, für den brasilianische Tabake in aller Welt bekannt sind. Die Spitzenmarke ist die
Aficionado
, von der ich eine hier in der Hand halte.
    May hatte wieder eine andere Zigarre in die Hand genommen und vor sich gehalten. Die sollten Sie einmal probiert haben, lieber Freund! Ich prophezeie Ihnen, Sie werden süchtig davon … kommen Sie, zieren Sie sich nicht, hier nehmen Sie … Und May reichte seinem Gast gerade die Zigarre, die er in der Hand gehalten hatte, nahm die andere von Schneider zurück und sich selber eine neue aus dem Kistchen. Gleich werden Sie selber feststellen, dass der alte May nicht übertrieben hat. Klara, die mit ihrem stillen feinen Lächeln dabeigesessen hatte, erhob sich, reichte die Zündhölzer.
    Oh danke, mein Herzle, du denkst eben an alles …
    Das Anzünden begann. Schweigend und wie bei einer feierlichen Zeremonie saßen die Männer, wobei der Maler mit einem schrägen Blick, schüchtern, zurückhaltend seinen Gastgeber beobachtete, ja ihn sogar nachzuahmen schien: Zuerst werden die Spitzen gekappt, natürlich mit einem silbernen Abschneider, den May aus einem kleinen Lederetui ans Licht holt, nicht etwa abbeißen darf man die Spitzen oder anschließend gar auf den Fußboden spucken, wie man es in den Kneipen und auch sonst häufig sieht. Die kleinen braunen Abschnitte wandern in den Ascher, dort liegen sie und sind am Ende neben dem nassen und halbzerkauten Mundstück der einzig übrig gebliebene und unverbrannte Rest; danach wird der Zigarrenkörper mit einer langen Zündholzflamme erwärmt, um Gottes willen nicht mit einem neumodischen Benzinfeuerzeug, der Geschmack könnte leiden, immer langsam hin und her schwenken muss man unter der Zigarre seinen brennenden Holzspan, und immer in gehörigem Abstand, nichts darf anbrennen, nichts versengt werden oder Rußspuren bekommen, die Zigarre soll ja nur erwärmt, sozusagen wegen des Geschmacks auf Vorbetriebstemperatur gebracht werden, eine gemessene Zeit geht das so, eine Viertelminute, eine halbe Minute oder auch länger, nichts soll bei diesen Handlungen den Eindruck von Hast vermitteln, Eile ist schädlich für jeden Zigarrenraucher, Gemessenheit und Würde sind geboten; nach der Erwärmung wird die Zigarre mit zwei Fingern, mit Daumen und Zeigefinger, und nur von den Fingerspitzen berührt, zum Mund geführt und ihr Ende vorsichtig mit Speichel befeuchtet, das Einspeicheln vollbringen manche mit der Zunge, der echte Zigarrenraucher aber dreht seine Zigarre, indem er sie mit den erwähnten zwei Fingern, manchmal auch unter Zuhilfenahme der Fingerspitzen von Mittelfinger und Ringfinger, festhält, den kleinen Finger darf er abgespreizt halten, er dreht sie zwischen den gespitzten Lippen sacht hin und her, auch dieser Teil der Zeremonie hat keine Zeitvorgabe, alles geschieht gemächlich und mit dem Genuss der Langsamkeit, ein jeder leistet das nach Belieben und nach seinem Speichelvorrat, einer hat einen trockenen Mund, dann braucht er länger. Danach erst ist der Moment gekommen, wo man die Zigarre anbrennt. Beim Anbrennen hält der wahre Raucher die Flamme und seine Zigarrenspitze fest im Blick, nichts lenkt ihn ab. Den ersten Zug macht man tief, natürlich nicht zu hastig, aber dennoch kräftig. Auch zwei oder drei kurze Züge sind erlaubt. Eine Art Paffen ist das. Niemals einen Lungenzug. Der ist beim Rauchen gegen die Regel. Nach diesem ersten Zug wird die Zigarre wieder aus dem Mund genommen und ehrfurchtsvoll betrachtet, aber nur kurz, man darf sie mit den Fingern noch einmal ein wenig drehen. Der eine oder andere lächelt jetzt zufrieden, mancher gibt einen ersten Kommentar zum

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