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Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition)

Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition)

Titel: Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Funke
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starrt ein paar Minuten, die Hände auf dem Rücken knetend, unbeweglich auf die Straße. Sein Freund Dittrich aber bekommt einen Lachkrampf. Lebius runzelt die Stirn, er schaut erst den einen, dann den anderen an. Er begreife die Reaktionen nicht, fragt er in naivem Ton, ob er denn etwas Falsches gesagt habe? Seine Überraschung scheint echt, indes spielt ein kleines maliziöses Lächeln um seinen schiefen Mund … und May, der das gesehen, wird blass und erschrickt.
    Etwas Falsches? Ob er etwas Falsches gesagt hat? Ha, ha, ha, ho, ho, ho – Dittrich kann sich einfach nicht beruhigen, er schlägt sich auf die Schenkel. Lange hat er nicht mehr so gelacht, nichts spürt er von seiner Krankheit jetzt, er lacht, lacht, dass ihm die Tränen kommen.
    May indes, fahl und mit großen, erweiterten Pupillen, man merkt ihm an, er kann sich kaum noch beherrschen, er zittert, entfärbt sich weiter, May entschuldigt sich mit dürren Worten und verlässt hastig den Raum. Lebius spürt, er ist zu weit gegangen, er weiß, er hat übertrieben, seine Provokation war eine zu ungeheure, Lebius wendet sich an Dittrich, der, mit Tränen in den Augen, noch immer nach Luft schnappt. Lieber Herr Dittrich, so gehen Sie Ihrem Freund doch nach, holen Sie ihn zurück, sagen Sie, es täte mir leid und ich hätte nicht gewusst, wie sehr er mit seinem Werk verwachsen wäre, ich hätte nicht solchen Scherz treiben sollen, das ist wahr, holen Sie ihn zurück, ich bitte Sie, wir haben ja noch nicht einmal begonnen, ein richtiges Gespräch zu führen. Dittrich trocknet sich die Augen, schnaubt kräftig in sein Schnupftuch. Er antwortet nicht, erhebt sich aber und geht langsam zur Tür. Er werde tun, was er könne, sagt er im Hinausgehen. Draußen geht er die halbe Treppe nach oben, dort steht May, kalkbleich und bebend. Klara, ein paar Stufen höher, redet ihm zu. Sie spricht zu ihrem Mann wie ein Boxtrainer zu seinem Zögling, und ihre Stimme hat jenen bestimmenden Ton, der keinen Widerspruch zulässt, nicht den bittenden, zurückhaltenden, den May sonst von ihr gewohnt ist. Sie sagt: Karl, so geht das nicht, einfach das Zimmer zu verlassen. Was denkst du dir dabei? Entweder wirfst du ihn raus oder du stellst dich diesem Kerl mit aller Kraft entgegen. Sie fügt an: Das hättest du bedenken sollen, als du ihn eingeladen hast. Wir wussten, was für ein Lump er ist.
    Dittrich nickt und sagt: Komm Karl, lass es uns zu Ende bringen, lass uns hören, was er noch zu sagen hat. Zu mir sagte er, dass es ihm leid tue. Was? fährt May herum, es tue ihm leid? Dann wäre ja Absicht unverkennbar und es sei nicht bloße Dummheit gewesen? Oh, ich ahnte es, als ich sein Teufelslächeln sah. Mein Gott, so hilf mir – und er nimmt die Hände vors Gesicht. Dittrich legt ihm den Arm um die Schulter. Komm, Karl, beruhige dich, lass uns zurückgehen …
    Als die beiden Freunde dann in den Salon zurückkommen, hat Lebius, der darin herumgewandert ist, gerade vor dem Gemälde „Die Offenbarung“ haltgemacht. Er wendet den Kopf, sagt, auf das Bild zeigend: Was haben Sie für den Schinken bezahlt? In Tempera und in Schwarzweiß! Das kann ja nicht allzu teuer gewesen sein. Vom Materialwert her, lassen Sie mich kurz überschlagen, die Leinewand, der Rahmen, das bisschen Farbe, die Arbeitszeit des Malers, es wird ja kein berühmter und teurer gewesen sein, alles in allem sagen wir höchstens 500 Mark! Höchstens 500, mein Lieber! Mehr ist das Ganze keinesfalls wert. Lebius lacht, und sein Lachen, der schiefe Mund, das ölige Haar mit dem Mittelscheitel, das kleine Oberlippenbärtchen, die hellen und jetzt auf einmal stechenden und gar nicht mehr trüben Augen, sein Lachen gleicht dem Lachen eines Mephisto. Offenbar weiß er um seine Wirkung, denn er ergänzt mit spöttischer Miene, bitte verzeihen Sie mir, großer Meister, nein, er sei nicht gekommen um anzuklagen, auch sei er nicht der Geist, der stets verneint, er sei nur einer, der es auf Erden herzlich schlecht finde, und er müsse, könne es nicht ändern, in allem immer nur das Materielle sehen. Leider eigne er sich nicht zum Idealisten.
    Lebius richtet sich auf, reckt sich zur vollen Größe und er wirkt auf einmal einen halben Kopf größer, er blickt May direkt ins Gesicht: Wir Journalisten sind arme Leute, wissen Sie, wir halten zu dem, der uns fördert, der uns Geld gibt, den lieben wir, dem laufen wir nach und wir verbellen dann den, den man uns weist. Nichts für ungut, lieber Herr May. Selbstverständlich weiß

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