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Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition)

Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition)

Titel: Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Funke
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blieb, mit dem Rücken ans Fenster gelehnt, stehen, zog ihren Nachtmantel fester, blickte zu ihren nackten Beinen herab, die unterhalb des Knies bleich, mit blonden Härchen bedeckt, hervorragten, sie wurde rot, legte den Finger vor den Mund. Bitte nur flüstern! Also …
    Lebius, dem sie ein Glas Wasser gegeben hatte, sagte: Du sollst es als Erste wissen, Elsbeth. Als Erste vom ganzen Sachsenstimme-Verlag. Der May hat angebissen, er hängt am Haken. Ein wirklich stattlicher Fisch, glaub mir. Von nun an wird alles besser. Wir werden Geld haben, wir werden bekannt werden, alles wird gut. Gleich morgen schreib ich ihm wegen des Kredites.
    Ich denke, er hat angebissen? Wieso dann noch schreiben?
    Ja, meine Kleine …
    Hör auf, deine Kleine bin ich nicht, und klein bin ich schon gar nicht. Die junge Frau reckte sich, aber ihre Röte vertiefte sich, sie spürte, wie die ihr bis hinter die Ohren zog. Denn plötzlich war sie innegeworden, wie sie hier mit dem Mann Lebius in ihrer Küche beisammen stand: im Nachthemd, mit bloßen Füßen, mit nackten Beinen, nichts drunter, nicht mal ein Höschen …
    Sowas muss man schriftlich machen, erklärte Lebius, der, ohne zu zeigen, dass er die Verlegenheit der jungen Frau bemerkt hatte, weitersprach – immer nur schriftlich, weißt du, sonst zählt es nicht. Um fünftausend werde ich ihn angehen. Fünftausend! Keinen Pfennig darunter. Und sein Freund, der Militärschriftsteller Dittrich, Max Dittrich, der wird mir einen Text liefern, den wir zu einer Serie aufblasen können oder zu einer Broschüre, ein Text über Leben und Werk Karl Mays, 120 Seiten à 40 Zeilen. Das schlägt ein. In den nächsten Tagen bekommen wir die Schrift, da kriegst du zu tun, meine Liebe, da kannst du loshämmern …
    120 Seiten? Was kriegt er denn für einen Zeilenhonorar?
    Nicht mehr als 6 Pfennige, ich hab ihm zehn versprochen, minus Abzüge, das wären achteinhalb, aber wenn er erst einmal geliefert hat, werden aus den achteinhalb nur sechse rauskommen, ha, ha – du kennst meine Kalkulation?
    Und das ist alles sicher?
    Gut, er sagt, sein Freund May müsse noch zustimmen, ohne ihn gäbe er den Text nicht heraus – aber das ist reine Formsache, reine Formsache, glaub mir … ich krieg den Text in den nächsten Tagen, das kannst du mir glauben, und, sobald ich ihn habe, komme ich zu dir, und dann wird der Druck vorbereitet. Wenn mir der May das Geld gibt, wird eine Broschüre möglich sein, und ich werde ihn unter Druck setzen, den alten Knauser. Er wird mir das Geld geben, glaube mir, er muss es mir geben, und wenn nicht, dann ist er erledigt. Zuerst aber soll er etwas für seinen Freund tun. Hab so eine Ahnung, der Dittrich braucht das Geld dringender als wir. Das ist ein armer alter Schlucker, und krank ist er obendrein, hängt im Kurbergsanatorium in Wachwitz herum, am Tropf bei dem alten Erzgauner Herrmann Klenck-Mannhart, den kenne ich, der macht nichts für umsonst, da wird der Dittrich blechen müssen, für jede Spritze und jedes Bad extra. Und er hat eine junge Frau, der Dittrich, das habe ich erfahren, da wird er gesund und kräftig sein wollen. Wer zahlt nicht für seine Gesundheit, wenn ein hübsches und junges Frauchen zu Hause wartet? Also braucht er Geld. Also wird er dafür sorgen, dass der May zustimmt, damit er von uns das Zeilenhonorar bekommt, doch der Witz ist, das Geld, das er bekommt, ich lach mich tot, stammt von seinem Freund May, ha, ha, aber egal, er wird mir am Ende den Text auch ohne seine Erlaubnis geben. Wetten?
    Mensch Rudolf, man kriegt richtig Angst vor dir. Wenn man dir zuhört, dich so ansieht, die blitzenden Augen, der schiefe Mund, der ganze Zynismus, die Menschenverachtung. Wie ein Teufel kommst du mir vor …
    Wie ein Teufel?? Dass ich nicht lache, erklang es plötzlich hinter Lebius’ Rücken. Vielleicht wie „Der hinkende Teufel“ à la Lesage. Der Student Erich Fromhagen trat in die Küche.
    Tach, Herr Lebius. Er reichte dem verdutzten Redakteur die Hand. Was verschafft uns die Ehre Ihres nächtlichen Besuches? Hab nicht alles gehört, Verehrtester, ich hatte schon geschlafen, verzeihen Sie mir, dass ich mich niederlegte, bevor sie kamen. Wenn wir das gewusst hätten, hätten wir noch was aufgehoben – Fromhagen zeigte auf die Teller und Töpfe, die noch mit ihren Fettresten und Krümeln im Abwasch standen.
    Und eine Flasche Sekt hätten wir natürlich auch kalt gestellt.
    Lebius blickte irritiert zu Elsbeth Kühnel. Sagen Sie Ihrem Verehrer doch bitte,

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