Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition)
des Verlegers für eine neue illustrierte Ausgabe zuzustimmen: Erstens, die Ausgabe werde wirklich eine edle; zweitens, die Stellen, welche illustriert werden sollen, bezeichne nur ich, kein Anderer; drittens, die betreffenden Zeichner stünden unter der künstlerischen Kontrolle des Herrn Professor Sascha Schneider; viertens, Herr Professor Schneider übernehme die Verpflichtung, dass nur wirklich gute, künstlerisch tadellose Zeichnungen akzeptiert werden; fünftens, Herr Professor Schneider beziehe für diese seine Bemühungen eine feine Gratifikation, deren Höhe er selbst und Karl May zu bestimmen …
Als er dies gehört habe,
schreibt May,
sei er sehr still gewesen, habe kein Wort
(bei der Rückfrage durch ihn, May)
gesagt. Aber die Folgen seien gekommen, als er ihm dann abends einen Teil des ersten Aktes von „Babel und Bibel“ vorgelesen habe. Was dieser Mann geistig wert sei, brauchte er ihm nicht zu sagen. Dazu seine ungeheure geistige Bequemlichkeit, die eigentlich noch einen ganz anderen Namen verdiene, und alles, was Arbeit bedeute, schiebe er dann auf ihn, May, ab. Dazu ferner der Unmut über Mays Bedingungen, nebst der gänzlichen Unfähigkeit, sich auch nur einigermaßen zum Geiste seines (Mays) Dramas emporzuheben, kurz, er erklärte, dass das alles viel zu hoch für ihn sei. Er wolle Geschäfte machen, der Theaterdirektor aber, der dieses Stück aufführe, müsse erst noch geboren werden …
May seufzt, bedenkt sich, schreibt und spürt dabei, wie ihm der Zorn immer mehr die Kehle zuschnürt. Besonders als er über den Besuch Fehsenfelds bei Schneider in Weimar seine Empfindungen mitteilt, erfasst ihn solcher Grimm, dass ihm die Feder zittert: …
und hier liege der Punkt,
schreibt er,
über den er jetzt zu stolpern gezwungen sei, um ihm
(Schneider)
zu sagen, dass er
(Schneider)
Herrn Fehsenfeld in keiner Weise verpflichtet sei, dass es nicht einen einzigen Grund gäbe, ihm auch nur eine Minute seiner Zeit zu opfern. Er
(Schneider)
verdanke ihm keinen einzigen Pfennig. Er
(Schneider)
solle nicht glauben,
Karl May zittert vor Wut, und er schreibt entgegen dem, was er unten im Salon mit seinem Verleger erlebt hat, …
dass er
(Karl May)
für seine
(Schneiders)
Zeichnungen zu den Einbänden von ihm etwas bekommen habe! Und auch für die Mappe hat er nichts gegeben. Die 4000 Mark, die er
(Schneider)
erhalten habe, seien von ihm
(May),
nicht etwa Honorar von Fehsenfeld. Er
(Schneider)
sollte das nie erfahren. Nun aber sehe er
(May),
dass dieser Herr mit ihm
(Schneider)
prahlen wolle, ohne sich auch nur für die geringste Gegenleistung herbeizulassen, und so müsse er
(May)
über seine Verschwiegenheit stolpern und ihn
(Schneider)
bitten, diese Niederlage zu verzeihen …“
Eine tiefe Befriedigung erfüllt jetzt Mays Brust, er atmet befreit und er sagt sich, dass es seinem Herzensmann Schneider ja egal sein könne, wie das mit dem Geld gelaufen sei, denn er habe es ja bekommen, es sei in seine Tasche geflossen und gut, wahrscheinlich besitze er nicht einen Pfennig mehr davon, indes man müsse den Mauscheleien Fehsenfelds mit dem Maler ein für alle Mal einen Riegel vorschieben. Da seien Notlügen erlaubt, da seien sie legitim, eine kleine Lüge zur rechten Zeit … ha, ha, und ganz von Ferne sieht er vor seinem inneren Auge die Silhouette der Burg Osterstein auftauchen. Viel schlimmer sei es, wenn der Fehsenfeld ihn bei seinem Schneider unterlaufe, wenn sie Freunde würden, Vertraute, Partner … oh, nein, das dürfe nicht passieren, niemals könne er das erlauben … und eine seltsame tiefe Zärtlichkeit für seinen Freund Schneider schleicht ihm zum Herzen, ach ja, der Junge lasse sich von einem jeden so schnell beeinflussen, er sei bei aller zur Schau gestellten Kauzigkeit im Grunde so furchtbar schnell vertrauensselig … und wenn der Fehsenfeld dann mit seinem vielen Geld daherkomme … nein, nein und nochmals nein.
May beendet den Brief, schreibt noch ein paar allgemeine Zeilen, Urlaub im Norden, ach, wie er ihn beneide, er selber gönne sich nichts, nur ein Mal sei er im letzten Jahr im Konzert gewesen, ja und er, sein lieber Freund, solle nur recht an seine Mission glauben, sie sei der rechte Weg, entgegen allen Neidern und überhaupt. Ja, er stärkt ihm noch ein bisschen das Selbstbewusstsein, das könne nicht schaden. Sein lieber, kleiner Kerl brauche das …
Viele Grüße, Ihr alter May plus Frau.
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Friedrich Ernst Fehsenfeld war von Radebeul aus auf schnellstem Weg zurück nach
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