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Die Gejagte

Die Gejagte

Titel: Die Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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so verwirrt, dass sie sich nicht darum kümmerte, ob ihre Worte einen Sinn ergaben.
    »Du brauchst nirgendwo hinzugehen.« Er schien außerstande, den Blick auch nur für eine Sekunde von ihrem Gesicht abzuwenden. Jenny hatte noch nie jemandem so lange in die Augen gesehen – in Augen, die sie sich bis jetzt nicht einmal hatte träumen lassen.
    »Ich könnte dir zeigen, was es ist, das du gewollt hast«, fuhr er fort. »Wirst du es mir erlauben? Lass es mich dir zeigen, Jenny.«
    Seine Stimme schien alles in ihrem Körper zum Schmelzen zu bringen. Sie bemerkte, dass sie schwach den Kopf schüttelte – als Antwort auf diese neuen, verwirrenden Gefühle in ihr ebenso wie auf seine Frage. Sie wusste nicht,
was mit ihr geschah. Wenn Tom sie berührte, fühlte sie sich sicher, aber das hier … führte dazu, dass sie sich innerlich ganz schwach fühlte, als rutsche ihr Magen nach unten.
    »Lass es mich dir zeigen«, sagte er noch einmal, so leise, dass sie ihn kaum hören konnte; seine Finger so sanft, als sie sich durch ihr Haar fädelten und ihr Gesicht dem seinen entgegendrängten; seine Lippen nur Zentimeter von ihren entfernt. Jenny spürte, wie sie zu ihm hinfloss.
    »Oh, hör auf«, sagte sie. »Hör auf.«
    »Willst du wirklich, dass ich aufhöre?«
    »Ja.«
    »In Ordnung.« Zu ihrer Überraschung trat er zurück und zog die Finger aus ihrem Haar.
    Jenny konnte sie noch immer spüren. Ich hätte ihn fast geküsst, dachte sie. Kein Zweifel. Eine Minute noch und ich hätte ihn geküsst.
    Tom. Oh, Tom.
    »Warum tust du das?«, fragte sie, und ihre Augen füllten sich wieder mit Tränen.
    Er seufzte. »Ich habe es dir doch gesagt. Ich habe mich in dich verliebt. Ich hab es nicht mit Absicht getan.«
    »Aber wir sind so verschieden«, flüsterte Jenny. Sie hatte immer noch wacklige Knie. »Warum solltest du – mich wollen? Warum?«
    Er sah sie fragend an, den Kopf leicht schräg. »Weißt du es denn nicht?« Sein Blick wanderte zu ihren Lippen. »Licht zu Schatten, Jenny. Schatten zu Licht. So ist es immer gewesen.«

    »Ich hab keine Ahnung, wovon du sprichst.« Und das war die reine Wahrheit. Sie würde sich auch gar nicht gestatten, es zu verstehen.
    »Angenommen, der Teufel geht in Ruhe seinen Geschäften nach – als er plötzlich ein Mädchen erblickt. Ein Mädchen, das ihn alles vergessen lässt. Es gibt natürlich noch andere Mädchen, die noch schöner sind – aber dieses Mädchen hat das gewisse Etwas. Eine Güte, eine Süße. Unschuld. Etwas, das er einfach will.«
    »Um es zu zerstören.«
    »Nein, nein. Um es zu hegen. Um sein falsches Herz zu wärmen. Selbst ein armer Teufel kann träumen, nicht wahr?«
    »Versuch nicht, mich zu überlisten.«
    »Tue ich das denn?« Etwas seltsam Ernstes lag in seinen blauen Augen.
    »Ich werde dir nicht zuhören. Du kannst mich nicht zwingen, dir zuzuhören.«
    »Stimmt.« Für einen kurzen Augenblick wirkte Julian müde. Dann schenkte er ihr sein seltsames schiefes Lächeln. »Dann gibt es keine andere Wahl, als weiterzuspielen, nicht wahr? Keine Wahl, weder für dich noch für mich.«
    »Julian …«
    »Was?«
    Jenny riss sich zusammen und schüttelte den Kopf.
    Er war verrückt. Und doch glaubte sie ihm eines: Er war in sie verliebt. Irgendwie wusste sie, dass es die Wahrheit
war. Aber sie wusste auch noch etwas anderes über ihn – sie hatte es seit dem Moment gewusst, als sie ihm in die Augen geschaut und die uralten Schatten darin gesehen hatte. Sie hatte es gewusst, als er Tom gedemütigt und Dee terrorisiert hatte.
    Er war böse. Grausam, unberechenbar und gefährlich wie eine Kobra. Ein Prinz der Dunkelheit.
    Durch und durch böse – und durch und durch in sie verliebt.
    Wie passte das zusammen?
    »Wenn du mich so sehr willst«, begann sie, »warum nimmst du mich nicht einfach? Warum dieses Spiel? Du könntest mich doch jederzeit nehmen – warum tust du es nicht einfach?«
    Seine schweren Lider senkten sich wieder. In diesem Moment sah er genauso aus wie der Junge im Spieleladen. Beinahe verletzlich – beinahe menschlich.
    Plötzlich wusste Jenny die Antwort. »Weil du es nicht kannst«, hauchte sie. »Du kannst es nicht, habe ich recht? Du kannst nicht einfach alles tun, was du willst, nicht einmal hier.«
    Seine Augen blitzten auf und glitzerten wie die einer Schlange. Jenny sah pure Gewalt darin. »Dies ist meine Welt. Ich mache hier die Regeln …«
    »Nein.« Jenny fühlte schwindelerregenden Triumph in sich aufsteigen, einen

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