Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)
Abend behauptet habe … Ich habe gestern den Verleger angerufen.
Er ist begeistert … Um ihm den Mund wässrig zu machen, habe ich ihm die Anekdoten erzählt, die du mir netterweise souffliert hast. Die Geschichte von Rollo, von Wilhelm dem Eroberer, von seiner Mutter, der Wäscherin, von dem Regal und so weiter und so fort. Ich habe einen bunten Cocktail daraus gemixt, und er wirkte völlig fasziniert! Bis wann können Sie liefern?, hat er gefragt … Ich habe gesagt, dass ich das absolut nicht einschätzen könne. Daraufhin hat er mir einen saftigen Vorschuss versprochen, wenn ich ihm so schell wie möglich ungefähr zwanzig Seiten zu lesen gebe. Damit er sieht, wie ich schreibe und ob ich auch die Spannung halten kann … Denn bei solchen Themen, hat er gesagt, braucht man umfassende Kenntnisse und einen langen Atem!«
Joséphine nickte schweigend.
»Es gibt da nur ein Problem, Jo: Ich habe weder die nötigen Kenntnisse noch einen langen Atem. Und genau da kommst du ins Spiel.«
»Ich?«, fragte Jo und tippte sich an die Brust.
»Ja … du.«
»Nimm’s mir nicht übel, aber ich kann mir nicht vorstellen, wie …«
»Du kommst ins Spiel, weil wir beide einen geheimen Vertrag schließen werden. Weißt du noch, wie wir als Kinder Blutsbrüderschaft geschlossen und uns geschworen haben, einander immer zu helfen?«
Joséphine nickte. Und danach hast du mit mir gemacht, was du wolltest. Ich lebte in Angst und Schrecken bei dem Gedanken, den Schwur zu brechen und auf der Stelle tot umzufallen!
»Einen Vertrag, von dem wir niemandem erzählen. Hörst du? Niemandem. Einen Vertrag, mit dem uns beiden gedient ist. Du brauchst Geld … Streite das jetzt nicht ab. Du brauchst Geld … Und ich brauche Anerkennung und ein neues Image … Ich erkläre dir jetzt nicht, wieso, das wäre zu kompliziert, außerdem bin ich mir nicht sicher, ob du es überhaupt verstehen würdest. Du würdest nicht erkennen, in welcher Zwangslage ich stecke.«
»Ich könnte es versuchen, wenn du es mir erklärst«, schlug Joséphine schüchtern vor.
»Nein! Ich habe auch keine Lust, es dir zu erklären. Was wir machen werden, ist einfach: Du schreibst das Buch und bekommst dafür das
Honorar, es wird unter meinem Namen erscheinen, und ich werde es im Fernsehen, im Radio und in den Zeitungen vermarkten … Du lieferst den Rohstoff, und ich übernehme die Öffentlichkeitsarbeit. Heutzutage reicht es nämlich nicht mehr, ein Buch zu schreiben, man muss es auch verkaufen! Man muss sich sehen lassen, dafür sorgen, dass man im Gespräch bleibt, sauberes, glänzendes Haar haben, gut geschminkt sein, einen bestimmten Stil haben – welchen weiß ich noch nicht –, sich beim Einkaufen auf dem Markt fotografieren lassen, im Badezimmer, Hand in Hand mit seinem Mann oder seinem Freund, unterm Eiffelturm, was weiß denn ich? So viele Sachen, die gar nichts mit dem Buch zu tun haben, aber dafür sorgen, dass es ein Erfolg wird … Ich bin sehr gut in solchen Dingen, während du dafür absolut ungeeignet bist! Im Gegenzug bin ich absolut ungeeignet zum Schreiben, aber du machst das großartig! Wenn wir uns zusammentun und jede das macht, was sie am besten kann, wird das Buch ein Knaller! Und nur damit das klar ist: Mir geht es nicht ums Geld, das ganze Honorar wäre für dich.«
»Aber das ist doch Betrug!«, protestierte Joséphine.
Iris sah sie an und schnaubte ärgerlich. Ihre großen Augen streiften sie mit einem gereizten Wimpernschlag, sie zog die Brauen hoch, und ihr Blick bohrte sich erneut wie ein Raubvogel in die Augen ihrer Schwester.
»Hab ich’s doch gewusst. Und was soll daran bitte schön Betrug sein? Du bekommst doch das ganze Geld! Ich will nicht einen Cent für mich. Ich gebe dir alles. Hast du das verstanden, Jo? Alles! Ich betrüge dich nicht, ich gebe dir das, was du im Moment am nötigsten brauchst: Geld. Und im Gegenzug bitte ich dich um eine winzig kleine Lüge … eigentlich nicht mal um eine Lüge, sondern bloß darum, ein Geheimnis zu bewahren.«
Joséphine verzog misstrauisch das Gesicht.
»Und ich verlange ja auch nicht, dass du das dein Leben lang machst. Ich bitte dich, es einmal zu tun, und danach vergessen wir die ganze Sache. Danach nimmt jede wieder ihren Platz ein und lebt weiter ihr ruhiges, friedliches Leben. Bis auf die Tatsache …«
Joséphine sah sie fragend an.
»Bis auf die Tatsache, dass du in der Zwischenzeit Geld verdient hast und ich mein Problem gelöst habe …«
»Und was
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