Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)
seiner ersten Million spendiert hatte. Ein Monument des schlechten Geschmacks: Er war riesig, und inmitten eines goldenen Flechtwerks, das seine Initialen darstellte, prangte ein gewaltiger Rubin. Marcel war sehr stolz auf seinen Siegelring. Ständig spielte er damit herum und drehte ihn am Finger. Er behauptete, das helfe ihm beim Denken.
Henriette war die Veränderung an Josiane nicht entgangen.
»Ah, Sie haben sie doch erkannt, nicht wahr?«, fragte sie.
»Ich weiß nicht genau … Dürfte ich eine Kopie davon machen?«
»Natürlich, meine Kleine … Aber lassen Sie sie nicht hier herumliegen. Monsieur Grobz ist zwar momentan in Shanghai, aber ich möchte nicht, dass er nach seiner Rückkehr darüberstolpert.«
Josiane stand auf und legte das Foto unter die Abdeckung des Kopierers.
Als Henriette ihr den Rücken zuwandte, drehte sie das Foto hastig um und entdeckte ein sorgfältig gezeichnetes Herz und die Worte »Natacha, Natacha, Natacha« in Marcels Schrift. Er war es wirklich. Sie hatte keine Halluzinationen. Sie schluckte und dachte hastig nach. Henriette Grobz durfte nicht merken, wie durcheinander sie war.
»Ich sehe doch lieber noch mal in den Akten nach. Wenn ich es mir recht überlege, habe ich diese Frau vielleicht doch schon einmal hier gesehen … Mit Ihrem Mann …«
Mit wiederholtem Nicken forderte Henriette Grobz sie zum Weiterreden auf. Jedes Wort von Josiane begleitete sie mit einem Wackeln ihres Huts.
»Sie hieß … Sie hieß … Ich weiß es nicht mehr genau … Er hat sie Tascha genannt, Tascha irgendwas …«
»Natacha? Kann das sein?«
»Ja, genau, das war’s! Natacha …«
»Ihren Nachnamen kenne ich nicht. Aber ich fürchte, es könnte sich um eine Spionin der Konkurrenz handeln, die auf Monsieur Grobz angesetzt wurde, um ihm den Kopf zu verdrehen und ihm einige Betriebsgeheimnisse zu entlocken. Er ist doch ein solcher Einfaltspinsel, dass er sich wie ein Kind über den Tisch ziehen lassen würde! Kaum sieht er eine schöne Frau, schon verliert er den Kopf!«
Darum geht’s also, dachte Josiane, die ihren Zorn nur mit Mühe im Zaum halten konnte, du hast eine Scheißangst, dass er dich wegen dieser Schlampe verlässt, und tischst mir hier die Geschichte von der Spionin aus dem Osten auf! Das Flittchen, das aus der Kälte kam!
»Wissen Sie was, Madame Grobz, ich sehe in meinen Unterlagen nach, und wenn ich etwas finde, was Sie interessieren könnte, melde ich mich …«
»Danke, meine kleine Josiane, das ist sehr lieb von Ihnen.«
»Das ist doch selbstverständlich, Madame, schließlich bin ich doch Ihre Angestellte.«
Josiane lächelte anbiedernd und begleitete sie zur Tür.
»Aber vergessen Sie nicht, meine liebe Josiane, kein Wort zu meinem Mann, da sind wir uns doch einig, oder?«
»Keine Sorge … Ich kann ein Geheimnis für mich bewahren.«
»Das ist sehr freundlich von Ihnen.«
Na, aber mit dem hat es sich ausgefreundlicht. Der kann sich auf was gefasst machen, wenn er zurückkommt, nahm sich Josiane vor, als sie sich wieder an ihren Schreibtisch setzte. Der soll hier nur aufkreuzen mit seinem eingecremten Gesicht, fit und frisch geduscht nach dem Joggen, der kann was erleben, dieser hinterlistige Mistkerl.
Sie drückte die Spitze ihres Kugelschreibers auf das Gesicht der schönen Natacha und stach ihr die Augen aus.
»Halt da vorn an«, befahl Hortense und deutete auf die Kreuzung.
»Hmm, muss ich mir mal überlegen …«
»Willst du, dass wir uns weiter treffen oder nicht?«
»Hab dich nicht so, das war doch nur Spaß …«
»Wenn meine Mutter oder Zoé mich mit dir sehen, ist alles aus.«
»Die kennt mich doch gar nicht, sie hat mich nie gesehen.«
»Aber sie kennt mich. Das hätte sie sich schnell zusammengereimt. Sie ist zwar nicht die Hellste, aber eins und eins kann sie immer noch zusammenzählen.«
Chaval fuhr an die Seite und stellte den Motor ab. Er legte einen Arm um Hortenses Schultern und zog sie an sich.
»Küss mich.«
Sie gab ihm einen flüchtigen Kuss und angelte nach dem Türgriff.
»Das kannst du doch besser!«
»Gott, bist du nervig!«
»Als es vorhin darum ging, meine Kreditkarte zu plündern, warst du nicht so zurückhaltend.«
»Das war auch vorhin.«
Er schob eine Hand unter ihr T-Shirt und tastete nach ihrem Busen.
»Lass das, Chaval, hör sofort auf damit.«
»Ich hab auch einen Vornamen, Schätzchen. Ich hasse es, wenn du mich Chaval nennst.«
»So heißt du nun mal … Gefällt dir dein Name
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