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Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Titel: Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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Gemeinsam waren sie losgezogen, »um es uns gemütlich zu machen«, wie sie es nannte. Bei ihrer Ankunft war das Haus vollkommen leer gewesen, der vorherige Besitzer hatte alles mitgenommen, sogar die Vorhänge in den Schlafzimmern und im Wohnzimmer hatte er abgehängt. Gasherd, Kühlschrank, Tisch und Stühle, Stereoanlage, Bett und Teppiche, Töpfe und Teller … alles hatten sie neu kaufen müssen. »Ich freue mich so darüber, mit dir dieses Abenteuer zu erleben«, sagte sie jedes Mal seufzend, wenn sie ihm ihre Kreditkarte gab. Keine Ausgabe war ihr zu hoch, um ihr »kleines Liebesnest« einzurichten; dank ihr wirkte das Haus jetzt hübsch und einladend. Sie hatte eine Nähmaschine gekauft, eine alte Singer, die sie auf dem Markt aufgestöbert hatte, und seitdem nähte sie von morgens bis abends Vorhänge, Tagesdecken, Tischdecken und Servietten. Die chinesischen Arbeiterinnen hatten sich angewöhnt, ihr Näharbeiten zu bringen, und sie half ihnen bereitwillig. Wenn er überraschend nach Hause kam und sie küssen wollte, hatte sie den Mund voller Stecknadeln! An den Wochenenden fuhren sie an die weißen Strände von Malindi und tauchten.
    Drei Monate waren inzwischen vergangen, und Mylène seufzte nicht mehr vor Glück. Jeden Tag wartete sie unruhig auf das Eintreffen der Post. In ihren Augen las Antoine seine eigene Angst.
    Am 15. Dezember war immer noch kein Scheck gekommen.
    Es war ein trübsinniger, schweigsamer Tag. Pong servierte wortlos
das Frühstück. Antoine rührte das Essen nicht an. Er konnte keine Eier mehr sehen. In zehn Tagen ist Weihnachten, und ich habe Joséphine und den Mädchen nichts schicken können. In zehn Tagen ist Weihnachten, und ich werde hier sitzen und mit Mylène ein Glas Champagner trinken, der genauso kalt sein wird wie die Hoffnung in unseren Herzen.
    Heute rufe ich Mister Wei an und rede endlich Klartext …
    Heute Abend, heute Abend, heute Abend …
    Abends war die Realität weniger schonungslos, und die gelben Augen der Krokodile in den Tümpeln schimmerten in tausendfacher Verheißung.
    Abends kam Wind auf, und die drückende Hitze sank zurück auf das trockene Gras und die Tümpel. Leichter Dunst stieg vom Boden auf. Das Atmen fiel leichter. Alles wirkte verschwommen und beruhigend.
    Abends sagte er sich, aller Anfang sei schwer, mit Chinesen zusammenzuarbeiten bedeute nun mal, sich ständig die Fresse polieren zu lassen, aber irgendwann würde sich das Blatt schon wenden. Ohne Risiko kein Gewinn, und Mister Wei hätte nicht das ganze Geld in siebzigtausend Krokodile investiert, wenn er sich davon nicht einen saftigen Profit versprechen würde. Du gibst zu schnell auf, Tonio! Los, reiß dich zusammen! Du bist nicht mehr in Frankreich, sondern in Afrika. Hier muss man kämpfen. Alles dauert hier länger, die Post, die Geschäfte. Dein Scheck liegt bei irgendeinem Zöllner, der ihn hin und her dreht und seine Herkunft überprüft, ehe er ihn an dich weiterschickt. Morgen kommt er, spätestens übermorgen … Hab noch ein, zwei Tage Geduld. Der Extrabonus ist so hoch, dass die Überprüfung etwas länger dauert! Mein Weihnachtsbonus …
    Er lächelte Mylène zu, und erleichtert darüber, dass er sich zu entspannen schien, lächelte sie zurück.
     
    Achttausendundzwölf Euro! Ein Scheck über achttausendundzwölf Euro. Viermal soviel wie mein Monatsgehalt beim CNRS. Achttausendundzwölf Euro! Mit der Übersetzung der Biografie der wunderbaren Audrey Hepburn habe ich achttausendundzwölf Euro verdient. Achttausendundzwölf Euro! Das steht auf dem Scheck. Ich habe
nichts gesagt, als der Buchhalter ihn mir gegeben hat, ich habe nicht nachgesehen, welcher Betrag darauf stand, ich habe ihn einfach eingesteckt, als sei nichts dabei. Ich schwitzte vor Angst. Erst später im Aufzug habe ich den Umschlag vorsichtig geöffnet, ganz langsam, erst eine Seite abgelöst, dann den Spalt behutsam vergrößert, ich hatte ja Zeit, ich fuhr aus dem vierzehnten Stock nach unten, ich zog den Scheck von dem Anschreiben, an das er geheftet war, und schaute ihn an … Und da stand es! Ich habe meinen Augen nicht getraut und den Betrag noch mal gelesen: achttausendundzwölf Euro! Ich musste mich gegen die Aufzugwand lehnen. Alles drehte sich. Ein Wirbelwind aus Geldscheinen machte mich benommen. Bauschte meinen Rock, drang in meine Augen, meine Nasenlöcher, meinen Mund. Achttausendundzwölf Schmetterlinge flatterten um mich herum! Als der Aufzug unten ankam, habe ich mich erst einmal in der

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