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Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Titel: Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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dem Bürgersteig sitzen. Dir würde sowieso keiner was geben. Du kannst die Wohnung behalten, und ich überweise dir jeden Monat Unterhalt. Davon kannst du es dir bis an dein Lebensende gut gehen lassen …«
    »Unterhalt? Deinen Unterhalt kannst du dir sonstwohin stecken, mein lieber Marcel, ich habe Anspruch auf die Hälfte deines Vermögens.«
    »Du HATTEST Anspruch auf die Hälfte meines Vermögens … Aber jetzt nicht mehr. Du hast es selbst unterschrieben. Du warst vollkommen arglos, ich hatte mich ja auch lange genug von dir ausnehmen lassen. Du bist raus aus meinen Geschäften, Henriette. Deine Unterschrift ist keinen Cent mehr wert. Du kannst meinetwegen rollenweise Klopapier damit vollkritzeln, falls dir das ein Trost ist, aber mehr auch nicht. Also wirst du jetzt schön brav sein und dich mit dem großzügigen Unterhalt zufriedengeben, den ich dir aus reiner Nächstenliebe zahle, sonst sitzt du ratzfatz ohne Geld da und heulst dir die Augen aus. Aber da solltest du erst mal den Tränenkanal schrubben, der muss ja mittlerweile völlig verkrustet sein.«
    »Ich verbiete dir, so mit mir zu reden!«
    »So redest du schon seit Jahren mit mir. Du hattest mehr Stil, das ist wahr, du hast dich gepflegter ausgedrückt, hast deine Verachtung elegant formuliert, du hattest ja eine gute Erziehung genossen, aber in deinem Inneren, da sah es ganz anders aus. Da stank es nach Schimmel, nach Verachtung, nach dem muffigen Geruch einer verbitterten alten Spießerin. Heute platz ich vor Glück, meine Liebe, und ich bin in verschwenderischer Stimmung. Das solltest du ausnutzen, denn morgen könnte ich wieder viel knauseriger sein! Also halt jetzt gefälligst die Klappe. Sonst gibt es Krieg, meine liebe Henriette. Und glaub mir, Krieg führen kann ich …«
    Und wie bei allen kleingeistigen, armseligen Menschen brach sich das Kleingeistige und Armselige in Henriette ein letztes Mal Bahn.
    »Und was ist mit Gilles?«, bellte sie. »Und mit dem Wagen? Kann ich den behalten?«
    »Ich fürchte, nein … Erstens hat der arme Junge dich nicht gerade ins Herz geschlossen, und zweitens brauche ich ihn hier dringend, um meine Königin und meinen kleinen Prinzen durch die Gegend zu chauffieren. Ich fürchte, es wird dir nichts anderes übrig bleiben, als wieder selbst laufen zu lernen und deinen Hintern in die Metro zu schwingen – meinetwegen auch in ein Taxi, wenn du deine Ersparnisse unbedingt verschleudern willst! Ich hab das alles mit meinen Anwälten abgeklärt. Du kannst dich gern an sie wenden. Die lesen dir dann die neue Gebrauchsanweisung vor. Als Nächstes ist die Scheidung dran. Ich brauch nicht mal mehr meine Sachen abzuholen. Alles, woran mir was lag, hab ich mitgenommen, am Rest kannst du dich abreagieren. Oder schmeiß das Zeug einfach weg. Ich habe ein Kind, Henriette! Ich habe ein Kind und eine Frau, die mich liebt. Ich fang noch mal ganz von vorne an. Ich hab ’ne Weile gebraucht, um dich abzuschütteln, aber jetzt hab ich’s endlich geschafft! Mecker ruhig rum. Gilles hat mir erzählt, dass du dich schon seit einer Weile wie ’ne unausstehliche alte Zimtzicke aufführst, also mach ruhig weiter damit, bis du nicht mehr kannst, bis du deinen ganzen Hass ausgespuckt hast, und dann geh nach Hause … Denk über dein Schicksal nach! Übe dich in Weisheit und Demut. Das ist doch ein schöner Vorsatz für ein geruhsames Alter! Du solltest dich glücklich schätzen, ich lass dir ein Dach über dem Kopf, ’ne feine Adresse und genug zu essen für die restlichen Tage, die Gott dir in seiner unendlichen Güte noch schenkt.«
    »Du hast getrunken, Marcel. Du bist betrunken!«
    »Da hast du recht. Ich feiere seit heute Morgen! Aber ich bin völlig klar im Kopf, und du kannst so viele Anwälte auf mich hetzen, wie du willst, ich hab dich ausgetrickst, Henriette, du bist erledigt!«
    Als Henriette verbittert auflegte, sah sie, wie der Wagen mit Gilles am Steuer um die nächste Ecke verschwand und sie in ihrer neuen Einsamkeit zurückließ.
     
    An dem Tag, als der kleine Marcel Grobz, warm eingepackt in seine blauen Babysachen – blau wie seine eigenen Augen und die seines
Vaters  –, auf dem Arm seiner Mutter vor dem prächtigen Gebäude eintraf, in dem er von nun an wohnen würde, erwartete ihn eine Überraschung. Vor dem Eingang war ein riesiger Baldachin aus weißem, mit Lilien geschmücktem Perkal aufgespannt worden, der einen blütenweißen, majestätischen Hohlweg bildete. Durch diesen zog er in sein neues

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