Die Gelehrten der Scheibenwelt
700 000 Kilometer. In diesem Stadium wird sich ihre Oberfläche wahrscheinlich irgendwo zwischen den Umlaufbahnen von Merkur und Venus befinden und die Erde schon in ernsten Schwierigkeiten sein. Aber es kommt noch mehr. Indem sich der Kern aufheizt, löst er eine Kernreaktion aus, die Helium in Kohlenstoff umwandelt – ebendie Reaktion, die für das Vorhandensein von Lebensformen auf Kohlenstoffbasis verantwortlich sein soll. Dieser ›Heliumblitz‹ erfolgt nach astronomischen Zeitmaßstäben sehr schnell und zerstört den degenerierten Zustand des Kerns. Jetzt kann der Kern wieder Kernreaktionen unterhalten, doch nun verbrennt er Helium. Die äußeren Schichten des Sterns schrumpfen und werden heißer.
Wenn das Helium im Kern aufgebraucht ist, verbrennt der Stern sein Kernmaterial wieder in zwei Schalen: einer inneren, wo Helium zu Kohlenstoff fusioniert, und einer äußeren, die Wasserstoff in Helium umwandelt. Die äußeren Schichten dehnen sich wieder aus, und der Stern wird zum zweiten Mal zum Roten Riesen. Jetzt beginnen die Außenschichten sich abzulösen und legen den heißen Kern frei. Der Stern verliert Schicht um Schicht von seinem Material und schrumpft. Schließlich sind alle äußeren Schichten verschwunden, und der Kern degeneriert abermals. Der Stern ist zum Weißen Zwerg geworden.
Unserer Sonne bleiben noch etwa 5,7 Milliarden Jahre auf der Hauptreihe, dann: kapeng! Roter Riese, und die Erde wird zu Asche oder sogar völlig verschluckt. Aber nehmen Sie sich das nicht zu Herzen. Die typische Lebensdauer einer biologischen Art beträgt fünf Millionen Jahre. Wir werden dann längst verschwunden sein.
Planeten sind nicht bequem. Selbst wenn das Leben sein eigenes Bett gemacht hat (hübsche sauerstoffhaltige Atmosphäre mit einer Ozonschicht, um das häßliche Ultraviolett auszusperren, hübscher Schlamm am Grund der Ozeane, schön lange Ausschwingzeiten für die thermischen Oszillationen der Atmosphäre), gibt es noch eine Menge, womit das Universum einen Planeten bombardieren kann, was das Leben noch ein bißchen verletzlich macht. Wenn es es nicht überhaupt umbringt.
Womit wir wieder bei der Ausgangsfrage wären. Ist das Leben verletzlich, und hatten wir außerordentlich viel Glück? Oder ist es robust und daher allgemein verbreitet? Ist das Leben so anpassungsfähig, daß es praktisch mit allem fertig wird, was ihm das Universum vorsetzt?
Solange wir keine anderen Welten erkunden und feststellen, welche Arten von Leben es dort gibt, wenn überhaupt, ist alles, was wir hier sagen, Spekulation. Die große Schwierigkeit ist eine Frage des ›anthropischen Prinzips‹. Angenommen, das Leben sei wirklich unglaublich selten und auf den meisten Welten überhaupt nie richtig in Gang gekommen, oder wegen all der ihm auflauernden Katastrophen nicht von langer Dauer. Nichtsdestoweniger gibt es da draußen eine Menge Galaxien, jede mit Milliarden oder sogar Billionen von Sternen. Selbst wenn die Überlebenschancen sehr, sehr klein sind, wird gelegentlich ein Planet Glück haben. Ein gewisser Prozentsatz von Planeten muß Glück haben, so funktioniert die Wahrscheinlichkeit.
Da das Leben auf dieser Welt überlebt hat , gehören wir also zu den Glücklichen. Dann wird es völlig gleichgültig, wie gering unsere Chancen waren. Wir sind nicht repräsentativ. Die Wahrscheinlichkeit, daß wir überlebten, ist gleich eins, weil wir überlebt haben . Aus unserer Existenz können wir also nicht schließen, daß die Überlebenschancen ziemlich groß sein müssen. Ob sie nun groß oder klein sind, es gibt uns. Das ist folglich einer der Fälle, mit denen ein Vertreter des anthropischen Prinzips uns von Rechts wegen Angst machen kann. Vielleicht entsteht auf allen Planeten Leben und auf ein paar davon, wenn man ihnen genug Zeit läßt, sogar extelligentes Leben. Aber wir könnten wirklich die einzigen sein, die überlebt haben, um die Frage zu stellen.
Andererseits … Die Vielfalt der häßlichen Dinge, die das Universum in petto hat, spicht für die Anpassungsfähigkeit und Vielseitigkeit des Lebens. Das Leben auf der Erde sieht nicht nach einem Grüppchen Überlebender aus, die einfach nur Glück hatten. Es sieht nach einem Grüppchen harter Burschen aus, die jedes Hindernis überwunden haben, das sich ihnen in den Weg stellte. Gewiß, sie sind Risiken eingegangen, manchmal erhebliche. Aber solange ein paar die Schlacht überleben, ist der Planet bald wieder von Leben bedeckt, weil Leben sich fortpflanzt –
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