Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geliebte des Gelatiere

Die Geliebte des Gelatiere

Titel: Die Geliebte des Gelatiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Zahno
Vom Netzwerk:
immer noch mit heruntergelassener Hose dastand und dem Sänger auf der Gondel nachtrauerte, der in der Zwischenzeit um die Ecke gebogen sein musste. Mucksmäuschenstill harrte ich aus, bis draußen eine Tür knallte.
    Nun wurde ich langsam trocken, ich durfte es wagen, meine Hose hochzuziehen und mein papierloses Bagno zu verlassen, ich öffnete die Türe und wusch mir im Vorraum die Hände, dann trat ich ins Foyer, schaute nach links und nach rechts, aber kein Klinkendrücker war zu entdecken, weit und breit kein Klinkendrücker, und ich gesellte mich wieder in den Saal zu den anderen, gab mich dem Wein hin, den Worten und den guten Wünschen.
    12
    Am nächsten Tag hatte ich ein flaues Gefühl. Paolina rief mich an, und noch während wir sprachen, krümmte ich mich vor Bauchschmerzen. Ich rannte auf die Toilette. Der Durchfall war heftig, der Gestank nicht minder, die Schüssel scheußlich verschmiert.
    Als ich aus meiner Dachkammer aufbrach, um in der Gelateria nach dem Rechten zu sehen, fror und schüttelte es mich, dass ich gleich wieder umkehrte. Ich zog mich aus und legte mich mit Krämpfen und Schüttelfrost ins Bett. Selbst unter der Decke zitterte ich am ganzen Leib, stand wieder auf und schleppte mich ins Bad, wo der Durchfall wie ein Sturzbach aus mir herausflutschte. Kaum war ich wieder im Bett, bekam ich erneut Krämpfe, fuhr hoch und blieb dann im Bad, in dem alle paar Minuten ein dunkelbrauner, übel riechender Saft aus mir herausspritzte.
    Danach nahm ich einen Fiebermesser zur Hand, steckte ihn unter die Achsel und erschrak: 40 Grad. Ich zog zwei Pullover über den Schlafanzug und legte eine zweite Decke über das Bettzeug – vergebens. Ich sagte mir, dass ich ruhig sein musste, dass ich mit ruhigem Atmen das Zittern stoppen konnte, aber kaum hatte ich das gedacht, schüttelte es mich umso heftiger. Ich musste einsehen, dass ich keine Kontrolle mehr über mich hatte. Mein Körper hatte mich im Griff.
    40 Grad. So hohes Fieber hatte ich noch nie gehabt. Einmal, mit sieben oder acht, hatte ich bei einer Lungenentzündung 39 Grad gehabt. Doch 40 war etwas anderes. Ich zitterte wie ein Greis. Mit heißem Fencheltee versuchte ich mich zu beruhigen, streifte einen weiteren Pullover über, aber die Schüttelkrämpfe und das Bauchgrimmen ließen nicht nach.
    War die Hummersuppe nicht frisch gewesen? Hatte der Koch die Pilze verwechselt? Oder war die Eistorte schuld, die köstliche Vanille-Venus?
    Tags darauf fühlte ich mich nicht besser; das Fieber war noch immer hoch, der Durchfall und die Bauchkrämpfe hielten an. Ich konnte nichts bei mir behalten – selbst Kamillentee stieß der Darm sofort wieder aus; alles, was ich schluckte, wurde sogleich krampfartig herausgeschleudert.
    Als ich am Mittag ins Bagno trat, sah ich, dass der kleine Gecko noch immer reglos in der Ecke saß. Es kam vor, dass er stundenlang am selben Fleck ausharrte und irgendwohin starrte, aber dass er anderthalb Tage lang am selben Ort blieb, schien mir seltsam. Ich stieß ihn mit dem Finger an. Er rührte sich nicht, klebte wie angeleimt am Boden. Jetzt sah ich die helle Schleimspur, die er auf den blauen Fliesen hinterlassen hatte. Der Gecko war tot.
    Ich wusch die Hände und warf mich wieder ins Bett. Seit ich in dieser Dachkammer wohnte, hatte der Gecko in meinem Badezimmer gelebt. Wir waren immer ohne Probleme aneinander vorbeigekommen. Unter der Decke und im Fieber verfolgte mich sein Bild. Er hatte gekämpft, er hatte sich über die Fliesen gezogen und war dann in der Ecke auf einer blauen Kachel festgeklebt und verendet. Jedes Mal, wenn ich unter Krämpfen ins Bad musste, schienen die starren Augen des Geckos auf mich gerichtet. Als ihn Paolina bei ihrem Besuch entdeckte, schrie sie auf und warf ihn entsetzt aus dem Fenster. Dann kam sie mit blassem Gesicht zu mir und legte mir die Hand auf den gurgelnden Bauch.
    Die folgende Nacht schlief ich durch, um mich am Morgen noch schlechter zu fühlen als die Tage zuvor – ich war benommen, weggetreten, betäubt. Allein das Fieber zu messen war fast schon eine übermenschliche Anstrengung. Mir war schwindlig, und ich kippte immer wieder weg. Als ich aufwachte, lag das Thermometer neben mir: 40,5 Grad. Mir war so heiß, dass ich nicht einmal mehr zitterte. Ich dämmerte wieder weg.
    Als Paolina am Mittag zu mir kam und mich sah, rief sie umgehend die Sanität an. Die Schubkarre, dachte ich, während sie anrief, immer hatte ich diese Schubkarre vermeiden wollen, in der man zum

Weitere Kostenlose Bücher