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Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Titel: Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Pilastro
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Brennholz und ich war neugierig. „Was macht Ihr, Meister?“
    „Ich baue etwas.“
    „Und was?“, fragte ich und musste leise lächeln.
Manchmal war er ein eigenartiger Mann, dieser Itosu.
    „Das werdet Ihr bald erfahren.“
     
    Einen Tag später wurde meine Neugierde gestillt.
Er kam zu mir herüber und kniete sich in einiger Entfernung vor mich hin. Vor
sich hielt er ein Holzbrett mit Rollen an den Seiten. Er stellte es auf den
Boden und schubste es ein wenig an. Geräuschvoll bewegte sich das Brett auf
mich zu und blieb vor mir stehen.
    Staunend sah ich das Stück Holz an. „Das habt Ihr
gebaut? Für mich?“ Vorsichtig griff ich danach und legte meine Hand auf das
Brett. Durch leichten Druck ließ es sich vor und zurück bewegen.
    „Setzt Euch darauf!“, forderte Itosu mich auf.
    Mit aller Kraft stemmte ich mich auf die Arme und
wuchtete meinen Körper auf das Konstrukt. Es dauerte eine Weile, bis ich die
richtige Position gefunden hatte, so dass ich komplett auf dem Brett saß.
    „Und nun zieht Euch mit den Armen voran.“
    Ich legte meine Handflächen vor mich auf den Fußboden
und verlagerte mein Gewicht auf die Arme. Dann spannte ich meine Muskeln an
und:
    „Es bewegt sich!“, rief ich.
     
    Die Räder quietschten durch den Druck von oben,
aber immerhin: Ich hatte mich aus eigener Kraft vorwärts bewegt. Meine Augen
wurden groß, erst vor Überraschung und dann vor Freude.
    „Vielen Dank“, sagte ich unter Tränen. „Ihr wisst
nicht, wie viel mir das bedeutet!“ Ich war schlagartig unabhängig geworden.
    Itosu freute sich sehr, dass mir sein Geschenk
gefiel. „Jetzt könnt Ihr zu mir nach draußen kommen, wann immer Euch danach
ist.“ Er wies auf das Nebenzimmer, in dem er stets webte. „Es funktioniert aber
nur auf dem Holzboden“, fügte er hinzu.
    „Dann könnt Ihr ja jetzt auf den Markt gehen“, antwortete
ich.
    Itosu nickte. „Ja. Das ist gut, denn es wird
wirklich Zeit für mich.“
     
    Schon am nächsten Tag machte der alte Mann sich
auf.
    „Ich werde in drei Tagen wieder da sein“, erklärte
er. „Ihr habt alles, was Ihr benötigt. Die Verbände sind neu und halten es ein
paar Tage aus. Ihr müsst nichts daran machen.“
    Mir war etwas mulmig zu Mute bei dem Gedanken,
ganz alleine zurückzubleiben, aber es nützte ja nichts. Itosu musste zum Markt,
um seine Stoffe zu verkaufen und neue Lebensmittel zu besorgen.
    Bereits am Nachmittag wusste ich nichts mehr mit
mir anzufangen. Das Zimmer kannte ich wie mein eigenes und auch der Nebenraum
war mir mittlerweile vertraut. Jetzt, da ich mich relativ frei bewegen konnte,
hatte ich mich überall umgesehen.
    Neugierig sah ich den Webrahmen an. Ob ich das
auch konnte? Ich setzte mich, wie ich es bei Itosu gesehen hatte, zog mir den
Gürtel über den Kopf und positionierte ihn im Rücken. Dann nahm ich so viel
Abstand zur Wand, bis die Fäden gespannt waren.
    Die ersten Reihen waren eindeutig die eines
Anfängers: viel zu locker und daher sehr grob. Danach war es zu fest. Itosu
würde mich bestimmt schelten, dass ich den Stoff ruiniert hatte, aber ich war
so froh, etwas tun zu können, dass ich den Gedanken beiseiteschob. Bald schon
schoss das Schiffchen hin und her und ich webte, ohne zu merken wie die Zeit
verrann. Erst als mein Magen sich lautstark knurrend meldete und nach Nahrung
forderte, blickte ich auf und merkte, dass es draußen bereits dunkelte.
    Wo war die Öllampe, die Itosu abends entzündete?
Meine Augen brannten, weil ich die letzten Minuten angestrengt auf meine
Handarbeit gestarrt hatte. Auf der anderen Seite des Raumes entdeckte ich das
kleine Ölfässchen auf einem Regalboden. Ich schälte mich aus dem Webgürtel und
rutschte auf meinem Holzbrett hinüber. Die Öllampe stand nun direkt über mir
und ich musste feststellen, dass ich nicht herankam, auch wenn ich mich noch so
streckte. Verzweifelt hangelten meine Finger nach der Lampe.
    „Ich schaffe es nicht“, stieß ich hervor und fiel
in mich zusammen. Im Dunkeln fand ich einen trockenen Reisfladen, stillte den
größten Hunger und legte mich unter meine Decke. Lange Zeit konnte ich nicht
einschlafen und grübelte vor mich hin.
    Eine Stimme in mir meldete sich zu Wort.
    „Wie soll dein Leben weiter gehen?“, fragte sie
anklagend. „Willst du auf immer abhängig sein von anderen?“
    „Nein!“, trotzte ich der Depression, die in mir
aufwallte. „Itosu hat gesagt, ich kann, wenn ich will, wieder laufen.“
    „Und? Hast du es etwa versucht in den

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