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Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Titel: Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Pilastro
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mein Finger weiter hinunter glitt; spüren konnte
ich ihn nicht.
    „Akzeptiert sie“, forderte mich der alte Mann auf.
„Sie sind noch immer Teil Eures Körpers, auch wenn es im Moment keine
Verbindung zu geben scheint.“
    Ich hatte Itosu vollkommen vergessen und seine
Worte holten mich zurück aus meinen Gedanken. „Werden sie jemals wieder Teil
meines Körpers werden?“, fragte ich zweifelnd.
    „Ja“, antwortete er überzeugt.
    „Könnt Ihr mir dabei helfen?“
    Itosu strahlte. „Das war Eure erste eigene Entscheidung
und ich freue mich! Natürlich werde ich Euch helfen.“

28    ZEHN SCHRITTE UND
MEHR
     
    Mittlerweile war der Winter fast vorüber. Itosu
hatte sein Versprechen eingehalten und mich im Genesungsprozess unterstützt, so
gut er konnte. Die Verbände wechselte ich inzwischen selbst, nachdem er mir die
Zusammensetzung des Sudes erklärt hatte. Ich hörte aufmerksam zu und lernte
dabei viel über den Einsatz von Heilkräutern und Beeren. Die Nadeln setzte er
allerdings weiterhin selbst. Er erlaubte mir nur, ab und an die Stellen mit dem
Daumen zu drücken, mit ähnlicher, wenn auch leicht abgeschwächter Wirkung.
    Hinter das Geheimnis seiner Hände, die er mir
manchmal auflegte, kam ich allerdings nicht. Ich spürte stets einen warmen
Strahl durch meine Sohlen, hinauf in meinen Körper bis in meinen Kopf. Doch
wenn ich ihn fragte, was er mache, bekam ich immer die gleiche Antwort: „Es
hilft, oder?“ Offensichtlich wollte er nicht darüber reden und ich beließ es
dabei. Meine Genesung aber schritt, wie ich fand, außergewöhnlich schnell
voran.
     
    Meine Füße waren mittlerweile nur noch von leicht
roter Färbung, wurden allerdings sehr schnell lila, wenn sie kalt wurden – was
angesichts der Jahreszeit nicht ungewöhnlich war. Ich musste sehr darauf
achten, dass mir immer ausreichend warm war. Regelmäßige Umschläge mit frisch
abgekochten Ingwerwurzeln und den Karotten der letzten Saison taten hier Wunder
und auch Itosus Nadeln schienen meinen Füßen die Energie zurückzugeben, die sie
brauchten, um wieder einigermaßen funktionieren zu können. Einige Wochen später
konnte ich sie relativ schmerzfrei bewegen.
     
    Es war an einem späten Wintertag. Die Sonne war
schon kräftig genug, um den Schnee zu schmelzen und das Tauwasser tropfte vom
Dach auf die Holzterrasse vor der Hütte. Wenn es warm genug war, saßen wir
draußen und aßen. Der alte Mann hatte Fladen gebacken und dazu gab es die
restlichen Streifen des Dörrfleisches, welches er von seinem letzten
Marktbesuch mitgebracht hatte.
    „Ich muss wieder auf den Markt“, sagte er. „Die
Stoffe sind fertig und unser Essen geht zur Neige. Morgen werde ich mich
aufmachen.“
     
    Er war losgezogen, als ich noch schlief. Die
ersten Sonnenstrahlen weckten mich und ich zog mich an. Die Schmerzen in den
Beinen waren zurückgegangen und ich war glücklich, dass ich mich mittlerweile
auf dem Rollbrett knien konnte. Kraftvoll zog ich mich in den Vorraum.
    Itosu hatte zwei Fladen für mich zurückgelassen
und einen größeren Tonkrug frisch mit Wasser gefüllt. Ich wollte mir gerade
etwas zu trinken holen und rollte auf den Wasserbehälter zu, als mein Gewand
unter die Rollen geriet und das Brett abrupt zum Stehen kam. Ich verlor die
Balance und prallte mit meiner Schulter gegen den Krug, der krachend umfiel.
Das Trinkwasser schwappte heraus und ergoss sich über den Boden.
    Ich war entsetzt. Was sollte ich nun trinken? Das
Wasser hätte gereicht, bis Itosu wieder zurückgekommen wäre.
    Die Sonne schien schon kräftig auf das Dach und
ich hörte die Tropfen von oben auf die Terrasse prasseln. Ich setzte mir den
Krug auf den Schoß, rollte hinaus und platzierte ihn so, dass die Tropfen mit
einem stetigen „Ga-lock“ und „Bu-lupp“ im Gefäß landeten.
    „Das dauert ja ewig, bis ich genügend Wasser beisammen
habe“, murmelte ich vor mich hin. Nachdenklich sah ich mich um. Die Quelle, aus
der Itosu das Trinkwasser schöpfte, war zwar gleich neben dem Haus, doch für
mich unerreichbar. Mein Rollbrett funktionierte nur hier im Haus, nicht
jedoch auf einem Waldboden.
    „Fürs Erste komme ich auch so zurecht“, versuchte
ich mich zu überzeugen.
     
    Der Fladen ließ sich ohne Trinken einigermaßen gut
kauen, wenn man ihn in kleinste Stücke riss; doch mein Mund war schließlich so
verklebt, dass mir der Durst noch größer vorkam. Auch eine Handvoll Schnee, die
ich mir in den Mund stopfte und dort schmelzen ließ, brachte mir

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