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Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Titel: Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Pilastro
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aufgefallen
und es trägt nicht unbedingt zur guten Stimmung bei, wenn der Heerführer herumläuft
wie ein Büffel, dem man Essig zu trinken gegeben hat. Man könnte meinen, du
hast Probleme mit einem Weib.“
    Er hatte den letzten Satz eher als Scherz gemeint,
doch Bao packte ihn am Kragen und blitzte ihn gefährlich an.
    Ketùns Augen weiteten sich vor Überraschung. „Es
geht tatsächlich um eine Frau?“ Er stockte. „Ich wusste nicht, dass es jemanden
in deinem Leben gibt. Verzeih“, fuhr er zögernd fort.
    Bao ließ ihn wieder los und stieß ihn ein Stück
von sich. Er schloss die Augen und ballte die Fäuste. „Es gibt diese Frau nicht
mehr. Sie ist tot. Deshalb hat es auch keinen Sinn, über sie zu sprechen.“
Damit war für ihn das Thema abgeschlossen und Ketùn wusste, dass er keine
weiteren Antworten bekommen würde. Seine Fragen ließ er also unausgesprochen.
    Nach diesem Vorfall beherrschte Bao sich und fand
einigermaßen zu der für seine Aufgabe notwendigen Ruhe zurück. Der Schnee war
verschwunden und der Boden trocknete langsam. Die Soldaten wurden allmählich
unruhig, denn sie wussten, dass die Kämpfe bald weiter gehen würden.
     
    Als der vierte Mondmonat begann, kam ein Bote in
das Lager und verlangte Bao zu sprechen.
    „Ich habe Neuigkeiten von Xia“, eröffnete er
seinen Bericht. „Sie haben einen Trupp geschickt, der sich unserem Lager
nähert. Mir ist nicht gelungen zu ergründen, welche Absichten sie haben, doch
sie sind bewaffnet. Es sind nicht viele…“
    „Wie viele“, fiel ihm der Heerführer ins Wort.
    „Vielleicht dreißig, höchstens vierzig. Ich konnte
sie nicht genau sehen, denn sie nähern sich verstreut.“
    „Späher“, murmelte Ketùn, der bei der Berichterstattung
anwesend war. „Mit Sicherheit ist das Heer nicht weit.“ Und zu Bao gewandt
sagte er: „Was sollen wir tun?“
    Bao überlegte. „Wir schicken ebenfalls Späher, die
sich hinter die feindlichen Reihen begeben. Wenn das Heer folgt, dann greifen
wir an, bevor sie sich nähern.“ Er richtete seinen Blick auf Ketùn: „Wähle ein
paar geeignete Männer aus und schicke sie sofort los. Sie müssen sich beeilen.
Währenddessen sollen sich alle Männer sammeln und auf einen Kampf vorbereiten.
Es könnte schneller gehen, als wir bisher gedacht hatten.“
    Ketùn nickte und entfernte sich.
     
    Der Bote war schon einige Tage gegangen, als die
eigenen Späher ins Lager zurück kehrten. Sie berichteten, dass das feindliche
Heer tatsächlich auf dem Weg hierher war. Doch entgegen aller Befürchtungen war
es eher klein und Baos Männer wunderten sich über den Mut, den diese Soldaten
hatten, sich in solch geringer Zahl dem übermächtigen Heer der Song entgegen zu
stellen.
    „Nicht nur das, mein Heerführer“, begann einer der
Männer seinen Bericht. „Wir haben gehört, dass es gar nicht Li Sawing ist, der
die Männer in den Kampf treibt.“
    Bao war überraschter, als er vermutet hatte. „Wer
ist dann ihr Befehlshaber?“
    „Es ist der Kanzler von Xia. Wir konnten seinen Namen
nicht in Erfahrung bringen.“
    Eine Weile herrschte Schweigen. Bao dachte nach
und traf dann eine Entscheidung: „Ich schicke einen Parlamentär. Diesen Kanzler
will ich sprechen.“
    Er verfasste ein Schreiben, explizit an den
unbekannten Kanzler gerichtet, und bat ihn um ein Treffen auf neutralem Boden.
Mit dieser Nachricht schickte er Ketùn in den Westen.
     
    Die Wege waren frei und Fong Ketùn kam gut voran.
Schon nach wenigen Stunden begegnete er dem Spähtrupp der feindlichen Seite und
sah gezogene Pfeile auf sich gerichtet. Ketùn hielt die gelbe Fahne der
Parlamentäre in die Höhe und hoffte, dass die Männer seine Funktion anerkannten
und ihm schadlos den Weg in ihr Lager zeigten.
    Offensichtlich kannte man auch in Xia Parlamentäre
und Ketùn musste nichts weiter befürchten, als grobe Witze und böse Blicke zu
ertragen. Man verband ihm jedoch die Augen, damit er den Weg nicht verraten
konnte. Es bedurfte viel Vertrauen auf Ketùns Seite, sich hilflos in die Hände
des Gegners zu begeben, doch er blieb zuversichtlich. Im Lager angekommen nahm
man ihm die Augenbinden ab, und er wurde in ein Zelt geführt. Was er auf dem
Weg dorthin sah, war ein Heer von vielleicht zehntausend Mann. Kein Vergleich
zu den zigtausend Soldaten, die Song auf seiner Seite hatte. Was dachten sich
die Tanguten, so wenige Männer in die Schlacht zu schicken?
    „Wen wollt ihr sprechen?“ Ein Mann trat in das
Zelt.
    Ketùn erhob sich. „Ich

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