Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Titel: Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Pilastro
Vom Netzwerk:
Frau.“
    Kejian horchte auf. „Bao Sen-Ho hat keine Frau!“,
antwortete er barsch.
    Doch der Spion widersprach und berichtete, was man
ihm zugetragen hatte. „Sie tauchte aus dem Nichts auf. Keiner weiß, wer sie
ist, aber viele beobachten, dass diese Frau sein volles Vertrauen besitzt. Den
meisten ist das egal, aber ich habe von einigen gehört, dass sie nicht sehr
erbaut darüber sind, dass er eine Frau bei sich haben darf, während die
anderen auf niedere Frauen zurückgreifen müssen.“
    Kejian war wirklich überrascht. Noch nie hatte er
davon gehört, dass Bao eine Frau an seiner Seite gehabt hatte. Aber vielleicht
hatte sich das ergeben, als er bereits im Dienste der Xia stand. „Was weißt du
über sie?“, fragte er seinen Spitzel.
    „Nicht viel. Keiner weiß im Grunde genommen etwas
über sie. Plötzlich war sie da.“
    „Kennst du Ihren Namen?“
    „Shao-Ma“, antwortete der Mann. „Aber mehr weiß
ich nicht.“
    „Dann finde es heraus!“ Mit diesen Worten entließ
Kejian seinen Mann. Er grübelte über die weitere Vorgehensweise, denn ihm stand
eine Überzahl an Song-Soldaten gegenüber. Er musste es geschickt anstellen, um
an Bao persönlich heranzukommen, denn dieser war sein einziges Ziel. Was
mit den Soldaten – sowohl auf der feindlichen als auch auf seiner eigenen Seite
– geschah, war ihm vollkommen egal. Er lebte seit Jahren nur von dem Gedanken
beseelt, sich an Bao zu rächen und wartete für seinen Geschmack schon zu lange
darauf, seinen Gegner zugrunde richten zu können. Bis jetzt hatte er keinen Ansatz
gefunden, denn sein persönlicher Erzfeind schien wie immer unverletzbar zu
sein. Vielleicht hatte ihm das Schicksal in Form dieser Frau eine Möglichkeit
zugespielt? Möglicherweise war dies eine verwundbare Stelle, an der man Bao
packen konnte. Er musste ihn moralisch demontieren, doch im Moment hatte er
noch keine Idee, wie er das anstellen konnte. Das Einfachste war es doch, diese
Frau in seine Gewalt zu bringen.
    Kejian lächelte in sich hinein. „Das dürfte doch
ein Leichtes sein.“
     
    Bereits am nächsten Tag war ein Bote in Richtung Osten
unterwegs, mit einer Einladung zu einem Treffen zwischen dem Kanzler der Xia
und dem Heerführer der Song. Kejian wusste, dass Bao daran gelegen war, die
Auseinandersetzungen friedlich zu lösen. Diese Gefühlsduselei, das Volk und das
Leben der Soldaten zu schonen, war in seinen Augen Weiberkram, doch wenn es
eine Möglichkeit bot, an Bao heranzukommen, dann wollte er vorgeben, diesen
„friedlichen“ und „vernünftigen“ Weg zu gehen.
    Bao hatte den fremden Boten empfangen, der ihm den
Brief des gegnerischen Kanzlers überbrachte.
    „…freut es mich, nach den erfolgreichen
Vorgesprächen, nun in diplomatische Verhandlungen zu treten“, las Bao Ketùn
und den anderen Befehlshabern vor. „Ich fühle mich geehrt, mit der persönlichen
Anwesenheit des sagenumwobenen Heerführers Bao Sen-Ho rechnen zu können und
bringe meine Wertschätzung zum Ausdruck, in dem ich anbiete, ebenfalls
persönlich an einem Treffen auf neutralem Boden teilzunehmen. Ich schlage vor,
einen Tag nach dem nächsten Vollmond, am Rande des Flusses Xi-yang zu einer
Begegnung zu kommen…“
    Bao hatte den Brief beendet und sah in die Runde
seiner Vertrauten. „Ich werde dorthin gehen.“
    „Wieso schickst du nicht einen von uns?“, war
Ketùns spontaner Gedanke.
    „Dies ist, nach dem Vorgespräch, das zweite
friedliche Angebot. Wir sollten den Gegner nicht verärgern, indem wir ihm die
Bitte abschlagen, mich zu treffen. Es ist das Beste, wenn ich dorthin gehe.“
    „Aber Ihr werdet nicht alleine gehen, das wäre
töricht“, warf ein anderer ein und alle nickten. „Wir haben diesen Mann noch
nie gesehen, keiner weiß Näheres über ihn. Es könnte genauso gut eine Falle
sein.“
    Bao nickte. „Möglich ist alles. Wir werden zu
fünft reiten. Macht euch bereit. Der nächste Vollmond ist übermorgen.“
     
    ***
     
    „Ich werde für zwei Tage fort gehen. Wir haben die
Möglichkeit, den Krieg friedlich zu beenden und ich nutze dafür jede
Gelegenheit, die sich mir bietet.“ Bao reichte mir ein Stück Reisfladen. Ich
nahm es entgegen und biss vorsichtig hinein. Meine Zähne saßen in dem
geprellten Kiefer noch etwas locker, und ich musste aufpassen, dass keiner
abbrach. Kauend hörte ich zu, was Bao mir zu erzählen hatte. Schließlich konnte
ich das Essen hinunterschlucken.
    „Es wäre schön, wenn die Kämpfe bald vorüber wären“,
sagte ich.

Weitere Kostenlose Bücher