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Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Titel: Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Pilastro
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rastlos zu schlagen.
Hoffentlich sah mich niemand! Verschreckt rannte ich zurück zum Haus.
    Eine Woche später stand ich an der gleichen
Stelle, wieder nur lauschend. Während ich zuhörte, wie das Heer auf der anderen
Seite der Hecke trainierte, wanderte mein Blick an der Hecke entlang, die sich
wie eine grüne Wand vor mir aufbaute. Dabei entdeckte ich im Dickicht eine
Lücke. Wenn man sich durchzwängte, gelangte man in das Innere der Hecke, wo
sich im Laufe der Zeit ein Hohlraum gebildet hatte, der für eine Person meiner
Größe mehr als genug Platz ließ. Ich drückte das Dickicht zur Seite und betrat
die grüne Höhle. Die gequetschten Thujenzweige setzten einen angenehm
erfrischenden Duft frei, den ich tief einatmete.
    Von hier aus konnte man durch das Dickicht der anderen
Seite den Exerzierplatz beobachten, ohne selbst gesehen zu werden. Meine Blicke
schweiften über die vielen Männer, die in Gruppen trainierten. Es waren
unzählig viele und von hier aus glich das Training einem Heer von Ameisen, die
ihre Vorräte nach Hause brachten.
    Er aber stach heraus aus der Masse. Ich sah
ihn sofort. Er stand in meiner Nähe, den Rücken mir zugewandt, und ging am
Rande des Platzes auf und ab, rief hierhin Befehle, Bemerkungen, Verbesserungen
und ging dorthin, um neue Angriffs- beziehungsweise Verteidigungstaktiken zu demonstrieren.
Er hatte dabei immer diese fließenden Bewegungen, die das Ganze zu einem
kämpferischen Tanz werden ließen. Irgendwie erinnerte er mich an einen Panther,
der hier und da war, überall und nirgends.
    Meine Güte, was machte ich hier? Wenn mich jemand
sah!
    In diesem Augenblick drehte sich Bao um und sah
mir direkt ins Gesicht – zumindest kam es mir so vor. Kurzzeitig schien es, als
hätte er mich entdeckt, doch dann schweifte sein Blick weiter entlang der
Hecke. Wie hätte er mich auch bemerken sollen? Ganz leise stand ich in meinem
Versteck, wagte kaum zu atmen! Er konnte mich nicht gesehen haben!
    Dennoch zog ich mich vorsichtig zurück und verließ
die Höhle.
     
    ***
     
    „Ich frage mich, wer mich seit Tagen schon beobachtet!“
    Bao hatte eine Veränderung auf seinem Übungsplatz
bemerkt: Er war nicht mehr alleine. Freilich hatte er eine Vielzahl von Männern
um sich, die er trainierte, aber das war es nicht, was er unter alleine verstand. Es war jemand Fremdes hier. Fast meinte er, es käme von den Büschen
am Rande des kaiserlichen Gartens. Ob ein kaiserlicher Spion ihn beobachtete?
Aber es stand dem Kaiser frei, an den Übungen als Zuschauer teilzunehmen. Die
wöchentliche Kostprobe im Hofe des Kaisers fand noch immer statt und so konnte
es sich Bao nicht vorstellen, dass es sich um einen kaiserlichen Spitzel
handelte. Vielleicht jemand aus den Reihen des Feindes?
    „Vielleicht ist es Mi Kejian“, überlegte Bao. Aber
hinter der Hecke befand sich der kaiserliche Park und Kejian hatte schon seit
längerem keinen Zutritt mehr zum Palastgelände; er hatte es bis zuletzt nicht
verwunden, sich unterordnen zu müssen. Bao erinnerte sich gut an jenen Nachmittag,
als Mi Kejian ihn zum Kampf herausforderte…
     
    Wenige Wochen zuvor
     
    „Wenn du kein Feigling bist, dann willigst du
ein!“
    „Verschwende nicht unser beider Energie für einen
sinnlosen Kampf“, versuchte Bao sein Gegenüber zu beruhigen.
    „Du willst nicht gegen mich kämpfen? Hast du
Angst, du könntest verlieren?“
    Bao blieb ruhig. „Ich weiß, dass ich nicht gegen
dich kämpfen will und das genügt mir. Ich wollte noch nie gegen dich
kämpfen!“ Mit diesen Worten drehte er sich um und ließ den Mann stehen. Damit
weckte er allerdings nur Kejians Trotz und den Willen, ihn zu bezwingen.
Gekränkt hatte der Rivale beschlossen, den Dingen ihren eigenen Lauf zu lassen.
    Ab diesem Zeitpunkt registrierte Bao verstärkt
Angriffe gegen sich. Mehrmals wurde er aus dem Hinterhalt oder im Schlaf
angegriffen, doch niemals fühlte er sich ernsthaft in Gefahr.
     
    Für Kejian sah es aus, als schien Bao die
Überfälle stets im Voraus zu ahnen und es war ihm unerklärlich. Er wusste
nicht, wie viele Prüfungen Bao erfolgreich abgeschlossen hatte; aber so geschickt hatte er ihn nicht eingeschätzt! In seinem Neid verlor Kejian
schließlich immer mehr den Bezug zur Realität und nahm die Sache selbst in die
Hand.
    Unter den vielen Soldaten gab es wenige, die Baos
neuen Führungsstil nicht akzeptieren wollten. Diese waren Anhänger Kejians und
galten unter dessen Führung als gute Kämpfer. Bei Bao waren jedoch

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