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Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Titel: Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Pilastro
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Zeichen in der Natur setzte, ließ das Nachstellen der alten Frau
langsam nach. Ich hatte mich die gesamte Zeit äußerst bedeckt und unauffällig
verhalten und so glaubte Cheng-Si schließlich, ich wäre wieder zur Vernunft
gekommen.
    Was ein Treffen – neben den Ereignissen am Hofe –
zusätzlich erschwerte war die Tatsache, dass Baos Aufgaben keine Zeit für
derartige Heimlichkeiten ließen. Die Arbeit mit seiner Eliteeinheit musste
vorangetrieben werden und gerade in letzter Zeit häuften sich die Treffen mit
Wang Anshi. Von den Dingen, die dort besprochen wurden, gelangte so gut wie
nichts nach draußen, aber eine für alle deutlich spürbare Anspannung lag in der
Luft. Die Gerüchte häuften sich und man erzählte sich überall am Palast, es
gäbe bald Krieg.
     
    ***
     
    „Wir sollten darüber nachdenken, das Heer zu verlegen.“
Wang Anshi lief im Besprechungsraum auf und ab.
    „Was versprecht Ihr Euch davon?“ Shenzong verstand
den Grund dieses taktischen Zuges nicht.
    „Mein Kaiser. Bedenkt, dass wir hier in Dongjing
sehr weit entfernt von der Grenze zu Xia sind. Bis das Heer erst einmal dort
ankäme, wäre es erschöpft und nicht mehr optimal einsetzbar.“ Wang Anshi
schwieg und ließ Shenzong Zeit, sich diese Tatsache bildlich vorzustellen. Der
Kaiser legte nachdenklich seine Stirn in Falten und der Kanzler fuhr fort:
„Wenn wir nun das Heer auf halber Strecke stationieren, können wir es nach
außen aussehen lassen, als würden wir lediglich unsere militärische Kraft
umsiedeln. Von einem Angriff kann nicht die Rede sein, wenn wir die Soldaten
truppenweise verlagern.“ Wieder legte er eine taktische Pause ein. „Und Bao
kann auf der Hinreise in den Ländern nach talentierten jungen Männern Ausschau
halten“, fügte er zum Schluss noch an.
    Shenzong wägte die Gedanken ab und ließ sie auf
sich wirken. „Wohin würdet Ihr das Heer verlegen, Kanzler?“
    Vor sich hatten sie eine kunstvoll gezeichnete
Landkarte des Reiches liegen. Wang Anshi tippte auf einen Punkt zwischen
Dongjing und der Grenze: „Qin. Es hat eine gute Infrastruktur und schon die
Größe einer Stadt. Wenn man mit wenigen Soldaten beginnt, könnte so die Stadt
stetig anwachsen, bis wir in etwa fünf Jahren alle Soldaten dort versammelt
haben. Wenn wir es geschickt anstellen, wird Xia dies nicht als Gefahr
einstufen, da bin ich mir sicher.“
    „Wann also sollen wir mit der Verlegung beginnen?“
Shenzong sah seinen Kanzler gespannt an.
    „Wir warten den Winter ab und starten mit den
ersten warmen Tagen. Ich schätze, in zwei Monden kann es losgehen.“
    „Gut. Dann gebt das so bekannt!“ Shenzong war zufrieden
mit sich und dem Plan. In spätestens fünf Jahren würde er die Einheit Chinas
erzielen.
     
    ***
     
    „Unser Kaiser schickt das Heer nach Qin.“ Cheng-Si
hatte uns über die neuesten Erkenntnisse informiert. Aus dem Augenwinkel
beobachtete sie mich, doch ich behielt meine Gefühle für mich. Äußerlich war
ich die Ruhe selbst, was man von den anderen Frauen nicht sagen konnte. Wildes
Stimmengewirr erfüllte den Raum.
    „Wird der Kaiser etwa mitgehen?“, entfuhr es einer
entsetzten Su-Ling, die die Aussicht auf einsame Nächte grauenhaft fand.
    „Nein, nur ein Teil des Heeres. Und natürlich sein
Anführer – Bao Sen-Ho.“ Diesmal sah Cheng-Si mich direkt an, doch ich tat
unbeteiligt. Ihrem Blick konnte ich es förmlich ablesen: „Sie ist vernünftig
geworden!“
    Aber ich war alles andere als das. Ich wollte
Gewissheit um jeden – fast jeden – Preis. In unserem Thujenversteck konnten wir
uns nicht treffen, das war mir klar. Und den Garten zu verlassen, traute ich
mich nicht, auch wenn ich flink zu Fuß war. Doch wie sollte ich es anstellen?
Schon bald würde Bao unerreichbar für mich sein. Qin lag viele Tagesreisen
entfernt im Westen. Sobald er abgereist wäre, würden wir uns vielleicht nie
wieder sehen! Ich war verzweifelt.
    Im Traum erschien er mir regelmäßig und forderte
mich auf, zum Bootshaus zu kommen. Doch ich unterdrückte meine Gefühle
dahingehend wochenlang. Erst als Su-Ling mit dem neuesten Wissen prahlte, der
Kaiser habe ihr erzählt, das Heer mache sich Ende der Woche auf, gab ich meinen
Gefühlen nach. Vor dem Schlafengehen konzentrierte ich mich ganz auf meinen
Liebsten und hoffte, er möge meine stumme Botschaft erhalten: „Noch vier Tage,
dann wirst du gehen! Ich muss dich sehen!“
    Die folgenden beiden Tage hatte Cheng-Si es immer
wieder geschafft, uns auch während der

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