Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)
Vereinbarung, die die Abgaben regelte,
zufrieden und sehe keinen Handlungsbedarf. Der Kanzler hatte ihm noch einen
letzten Satz mit auf den Weg gegeben: „Sollte Shenzong glauben, er könne sich
Xia gewaltsam nehmen, so richtet ihm aus, dass wir gewappnet sind.“
Bao hörte sich diese Nachricht schweigend an. Er
hatte ein seltsames Gefühl, was diese Angelegenheit betraf und wusste nicht so
recht, mit was er seitens des Nachbars Xia zu rechnen hatte. Offensichtlich
ging dieser nun davon aus, dass die Song angreifen würden und das würde bedeuten,
sie hätten den taktischen Vorteil eingebüßt. Darüber würde Wang Anshi nicht
sehr erfreut sein, aber es war nicht mehr zu ändern. Es würde offenbar auf
Krieg hinauslaufen, früher oder später.
16
Alles nur ein Traum?
Dongjing, Herbst 1073
„Min-Tao, meine Liebe. Lass die Pferde eine Weile
grasen. Hier ist die Aussicht so schön. Ich möchte eine Pause machen!“ Bao
schwang sich von seinem Pferd und ergriff sowohl die Zügel von Meng als
auch von Ning . Die beiden Pferde waren nach dem Galopp froh, ein paar
saftige Grashalme kauen und am nahen Bach trinken zu können.
Die Sonne schien durch das bunte Laub und erwärmte
die letzten Tage des achten Monats. Die Vögel begannen sich zu sammeln, um
gemeinsam in den Süden zu fliegen, aber das Gras war noch relativ grün und
stand hochgewachsen auf den Wiesen.
Ich sprang ab und ließ mich etwas abseits der
Pferde ins Grün fallen. Es duftete herrlich! Zufrieden beobachtete ich, wie Bao
die Pferde absattelte und sie am Bach an einen Baum band. Dann kam er auf mich
zu.
Es gefiel mir, meinen Geliebten unbeschwert beobachten
zu können und ich war glücklich. Ich liebte es, seinen Körper zu betrachten und
nahm mir dafür sehr viel Zeit. Noch während er sich neben mich fallen ließ,
hing mein Blick an ihm. Ich lag auf meinem rechten Ellenbogen gelehnt und
strich ihm eine Strähne aus seinem Gesicht. Während des Rittes hatte sich sein
Zopf gelöst und das schwarze Haar fiel ihm über die Schultern. Noch nicht oft
hatte ich ihn mit offenem Haar gesehen, da man am Hofe stets einen strengen
Zopf trug. Aber hier waren wir nicht bei Hof und ich genoss diesen Umstand
sehr. Er streichelte meine Wangen und ich tat es ihm gleich.
„Du bist so schön!“ Seine braunen Augen
betrachteten mich liebevoll. „Ich könnte dich stundenlang ansehen!“
Ein Knurren unterbrach ihn und ich musste lachen.
„Da hat wohl jemand Hunger!“ Ich rieb mir über den Bauch.
Bao lachte. „Warte hier!“ Er stand auf und rannte
zu den Pferden. Mit einer Satteltasche kam er zurück. Nacheinander kamen
Fladen, ein Schlauch Wasser und allerlei Essbares zum Vorschein. Er nahm ein
paar Beeren und steckte sie mir in den Mund, den er mir mit einem leichten Kuss
schloss.
„Das schmeckt herrlich!“, schwärmte ich. Wann
hatte ich mich das letzte Mal so wohl gefühlt? Ich konnte mich nicht erinnern.
„Du schmeckst auch herrlich“, flüsterte Bao und
küsste mich noch einmal sanft.
Ich schaute ihn an und schluckte mein Essen
hinunter. Dann schwiegen wir für ein paar Sekunden, während Bao sich erneut
meinem Gesicht langsam näherte. Kurz bevor er mich berührte, schloss ich die
Augen und fühlte, wie sich unsere Lippen sanft berührten. Wir beide genossen
es, uns unseren Gefühlen hingeben zu können. Doch dann packte Bao mich sehr
unsanft an der Schulter und ich schreckte aus meinen Gefühlen.
„Du tust mir weh!“, rief ich.
Bao schien zu verschwimmen.
Ich verstand die Welt nicht mehr...
...und schreckte aus dem Schlaf, schweißnass und
vollkommen aufgewühlt.
Es war nur ein Traum gewesen, stellte ich
bedauernd fest.
Tatsächlich hatte es sich aber sehr echt angefühlt
und ich spürte an meinem Körper noch die Nachwirkungen. Seinen Körper hatte ich
so intensiv gefühlt, dass ich mir nur schwer vorstellen konnte, alles nur
geträumt zu haben.
Dann war es eben ein sehr schöner Traum, beschloss
ich. Besser als nichts.
***
Bao fiel das Aufstehen an diesem Morgen besonders
schwer. Er hatte einen wunderbaren Traum von sich und Min-Tao gehabt. Sie waren
geritten und an einem Bachlauf stehen geblieben, um auf der Wiese eine Pause
einzulegen. Sie hatten Beeren gegessen und sich anschließend geliebt. Ihm
schien, als habe er noch den Duft ihrer Haare in der Nase.
Leider hatte der Traum abrupt geendet, als Ketùn
in seine Baracke kam, um ihn zu wecken.
„Was gibt es denn?!“, wetterte Bao
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