Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Titel: Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Pilastro
Vom Netzwerk:
diplomatischen Versuchen nichts geworden. Der tangutische Kaiser
war gestorben und es war zu einer blutigen Fehde innerhalb der Familie gekommen.
Eine bessere Voraussetzung für weitere Manöver gab es nicht. Wenn nicht der
Winter vor der Tür stünde, würde das kaiserliche Heer lieber früher als später
losziehen. Aber es wäre Selbstmord, die Berge im Winter zu überqueren! So
mussten der Kaiser und er sich also bis zum nächsten Frühling gedulden.
    Das Heer war optimal vorbereitet worden auf diesen
Kriegszug, davon war Wang Anshi überzeugt. Er hatte richtig gehandelt, als er
vor über fünf Jahren einen so jungen Mann beauftragt hatte, das Heer zu
reformieren und eine Eliteeinheit auszubilden.
    Manchmal fragte er sich, wie viel Bao von seinem
Wissen weitergegeben hatte. Wang Anshi hatte viele Gerüchte gehört über diesen
jungen Kämpfer. Auch in den letzten Jahren war neues Gerede hinzugekommen, man
könne Bao nicht verletzen. Er habe eine ungeheure Körperbeherrschung, die ihn
nahezu unverwundbar machen würde. Mit eigenen Augen hatte er es noch nicht
gesehen, aber er kannte die Schule, in der Bao ausgebildet worden war und er
wusste: Jedes Gerücht entsprang irgendwann einer Wahrheit.
     
    ***
     
    Die letzten Nächte hatte ich unruhig geschlafen.
Gerade eben war ich wieder aus einem dieser seltsamen Träume geschreckt. Es
waren immer die gleichen: Ich lag in meinem Bett und erwachte, weil ich Stimmen
hörte. Im Traum stand ich auf und trat vor meine Wohnung. Dort sah ich Bao
stehen, der auf der anderen Seite des Hofes an die Wand gelehnt stand. Er
lächelte und sagte: „Wenn du erwachst, folge dem Mondlicht!“
    Die ersten Male, als ich aus dem Traum hoch schreckte,
stellte ich mich so vor das Fenster, dass ich zum Mond hinaufschauen konnte.
Was meinte er nur? Wie sollte ich dem Mondlicht folgen?
    Immer wieder träumte ich es. Bao forderte mich
stets auf, dem Mondlicht zu folgen und ich konnte mir keinen Reim darauf
machen. Mittlerweile hatte ich so viel Sehnsucht nach ihm, dass ich die Tränen
nicht unterdrücken konnte, wenn ich wieder einmal minutenlang in den Mond
gestarrt hatte und mich fragte, was er mir damit sagen wollte.
    Eines Nachts – es war Vollmond – grübelte ich vor
mich hin, als mein Blick auf die Holzwand traf, die in dieser Nacht besonders
hell leuchtete. Wieder hallte es in meinem Kopf und plötzlich war ich hellwach.
    Folge dem Mondlicht! Natürlich! Warum war ich
nicht schon eher drauf gekommen? Das Mondlicht schien direkt in mein Zimmer und
strahlte an die Wand. Hastig stand ich auf und stellte mich vor die
Holzvertäfelungen. Was genau ich suchen sollte, wusste ich nicht. Aber es hatte
sicher etwas mit dieser Wand zu tun.
    Ob ich klopfen sollte? Nein, lieber nicht. Am Ende
hörte man es. Doch was konnte es sonst sein?
    Enttäuscht, weil ich nichts finden konnte, legte
ich mich wieder zurück in mein Bett und starrte wütend an die Wand. Darüber
schlief ich ein und träumte erneut von Bao. Wieder stand er auf der anderen
Seite des Hofes und wieder forderte er mich auf, ich solle dem Mondlicht folgen.
Im Traum stampfte ich auf den Boden und schrie: „Ich weiß nicht, was du meinst!
Ich bin dem Mondlicht gefolgt! Was soll ich denn tun?“
    Doch mein Traum-Geliebter sagte stets das gleiche:
„Folge dem Mondlicht.“
     
    Am nächsten Tag stellte ich mich noch einmal vor
die Wand. Bao hatte mich immer wieder aufgefordert, dem Mondlicht zu folgen.
Der Mond schien stetig auf diese Wand. Es musste etwas geben, was ich bisher
übersehen hatte! Mein Blick fiel auf die Stelle, die des Nachts besonders
angestrahlt wurde. Doch erneut musste ich feststellen, dass dort nichts
Besonderes zu finden war! Enttäuscht fiel ich auf meine Schlafstelle und
starrte an die Decke.
    Und dann sah ich es plötzlich: Über mir war an die
Schlafzimmerdecke der Verlauf des Mondes in seinen verschiedenen Größen
gezeichnet. Bisher war mir das noch nie aufgefallen. Bei meiner
Erstbesichtigung war ich unterbrochen worden, später hatte ich nur noch kurze
Blicke auf mein neues Heim gerichtet und mittlerweile kam ich von den Ställen
erst zurück, wenn es schon dunkelte. Selbst wenn es noch hell genug gewesen
wäre, hätte ich nie gezielt an die Decke geschaut, und dieses Gemälde fiel mir
heute zum ersten Mal auf. Direkt über meinem Kopf war ein Halbmond angezeichnet.
Wenn ich nach rechts blickte, sah ich den gemalten Vollmond. Direkt darunter
befand sich die Türe zum Waschzimmer.
    Ich betrat den kleineren

Weitere Kostenlose Bücher