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Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Titel: Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Pilastro
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abmarschieren!“,
hatte er eines Abends gesagt und freundlicherweise damit gewartet, bis ich nach
unserer Vereinigung erschöpft neben ihm lag.
    „Hmpf“, brummte ich vor mich hin und war mit den
Gedanken noch an einer Stelle unterhalb seines Nabels.
    „Wir werden uns eine Zeit lang nicht sehen
können!“
    Da hatte ich es begriffen und öffnete die Augen,
hielt den Atem an und flehte leise: „Nimm mich mit!“ Ich wusste, dass ich ihn
nicht bitten konnte zu bleiben.
    „Du weißt, dass das nicht geht!“ Nach einigem
Zögern schob er murmelnd noch ein paar Worte nach. „Selbst wenn es ginge,
wollte ich es nicht!“
    „Wieso?“, fragte ich halb empört, halb erstaunt.
    Bao schwieg zunächst.
    „Den Bao, den du kennst, kann und will ich nicht mischen
mit dem, der Soldat ist und in den Krieg ziehen muss“, flüsterte er
schließlich. Er drehte sich mir zu und strich mir übers Kinn. „Seit ich jung
bin, habe ich mein Leben den Kampfkünsten und allem, was dahinter steht,
gewidmet. Aber erst durch dich…“, er streichelte meine Wange, „…bin ich
vollkommen. Hier darf ich Gefühle zeigen, mich fallen lassen, verletzlich sein.
Das kann ich mir da draußen nicht erlauben, Min-Tao.“ Er sah mich eindringlich
an. „Was aber noch viel schlimmer ist: Jetzt habe ich etwas zu verlieren. Wenn
ich dich mitnähme und dir geschehe etwas… Ich weiß nicht, wozu ich fähig wäre.“
Er hielt inne. „Darüber hinaus“, fuhr er fort, „scheinst du zu vergessen, dass
du eine Frau des Kaisers bist. Das macht alles nur noch komplizierter.“
    Zärtlich nahm ich seine Hand und führte sie an die
Stelle, unter der mein Herz wild pochte.
    „Meine Liebe aber gehört dir“, sagte ich.
     
    ***
     
    Bao lag noch wach, hielt die schlafende Min-Tao in
seinen Armen und starrte in die Dunkelheit. Wie sollte es weiter gehen? Er
würde in den Krieg ziehen und er hoffte, dass er heil wiederkommen würde. Würde
dieses Versteckspiel unverändert weiterlaufen können? Oder würde er seine
Dienste unter Shenzong aufgeben? Ob er sie mitnehmen könnte?
    „Das ist vollkommener Blödsinn!“, schalt ihn seine
Vernunft. „Du kannst nicht einfach eine der verbotenen Frauen mitnehmen und
meinen, du hättest mit ihr ein ungestörtes und glückliches Leben!“ Fast war es,
als lachte ihn seine Vernunft aus und der Spott traf ihn im Herzen.
    „Aber es muss doch eine Möglichkeit geben!“,
schrie Bao in Gedanken.
    „Nicht in diesem Leben“, ertönte es tief in seinem
Inneren.
    Doch Bao wollte das nicht hören.
     
    ***
     
    Der Abmarsch kam für mich viel zu früh. Bereits
eine Woche später saß ich mit den anderen Frauen vor dem Thronsaal und sah zu,
wie der Kaiser die Truppen in den Westen verabschiedete. Shenzong hatte seinen
Thron hinaus ins Freie bringen lassen. Er war in seinen roten, gold-umsäumten
Umhang gekleidet und hatte wieder seinen schwarzen Hut mit dem seitlichen
Gestänge aufgesetzt. Auch diesmal sah er in meinen Augen ziemlich lächerlich
aus, doch mir war nicht nach Lachen zu Mute. Heute war der Tag, an dem ich
meinen Geliebten verlor.
    Im Gegensatz zum Hofstaat glaubte ich nicht an die
Geschichten, Bao sei unverwundbar. Ich hatte von verschiedenen Gerüchten
gehört, die man sich erzählte. Für mich glorifizierten die Soldaten ihren Anführer
in einer Weise, die mit der Realität nicht viel gemein haben konnte. Da gab es
Geschichten, Bao wäre verprügelt worden, ohne einen einzigen blauen Flecken
davon zu tragen; Gerüchte, er hätte sich noch nie bei den Übungen verletzt; es
gab sogar Geschichten, er könne einen Angreifer – ohne ihn zu berühren – zu
Fall bringen.
    Für mich war die Welt der Soldaten und des
Kämpfens sehr fremd. Schon immer war ich der Meinung gewesen, dass man mit der
richtigen Politik keine Kriege benötigte. Vater hatte das im Kleinen sehr
anschaulich demonstriert; seine Bediensteten waren, soweit ich feststellen
konnte, die glücklichsten, die ich je getroffen hatte. Und es hatte nie größere
Streitereien mit den Nachbarn gegeben. Von Vater wusste ich aber auch, dass es
manchmal nötig war, Gewalt anzuwenden, wenn man die Menschen vor etwas Schrecklichem
bewahren wollte. Xia, so hatte man immer wieder gehört, stelle eine Bedrohung
für das chinesische Volk dar, denn es sei ein Land voller Wilder, die immer
wieder Rechte an fremdem Land beanspruchten und wahrscheinlich bald nicht mehr
gewillt seien, die hohen Tributzahlungen zu leisten. So hatte es jedenfalls
Cheng-Si

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