Die Geliebte des griechischen Reeders
Eine Szene in seinem Büro war das Letzte, was er wollte. Dionides Shipping war eine konservative Firma, und Atreus trennte sein Privatleben grundsätzlich vom Geschäftlichen.
Grimmig presste er die Lippen zusammen, als ihm bewusst wurde, dass seine Assistentin ihn wachsam beobachtete. Das erinnerte ihn daran, wie schnell er sich in den letzten Wochen immer wieder aufgeregt hatte, was sonst gar nicht seine Art war.
Er senkte den Blick, bis er die Fassung wiedererlangt hatte. Seine Mitarbeiterin sollte ihm nicht anmerken, wie sehr sein Verhalten ihn selbst befremdete. Wann würde er sich endlich wieder wie früher fühlen? fragte er sich frustriert.
Jedenfalls blieb ihm jetzt nichts anderes übrig, als mit Lindy zu sprechen und endlich einen Schlussstrich unter die unselige Affäre zu ziehen. Ihm war klar, dass eine unkonventionelle Beziehung zu einer Frau auÃerhalb seiner Kreise unerwartete und zerstörerische Folgen haben konnte. Das hatte sein leichtsinniger Vater offensichtlich nicht begriffen, und er, Atreus, hatte nicht vor, es seinem verstorbenen alten Herrn nachzutun.
Innerlich aufgewühlt, betrat Lindy Atreusâ groÃes eindrucksvolles Büro. Sie war im Morgengrauen aufgestanden, um sich ansprechend herzurichten. Atreus sollte sich nicht fragen, wieso er sich überhaupt mit ihr eingelassen hatte. Sie hatte ein leichtes Make-up aufgelegt und das frisch geschnittene Haar offen gelassen. Im engen Rock und roter Bluse, über der sie eine elegant geschnittene Jacke trug, fühlte sie sich dem Treffen mit Atreus gewachsen.
Er sprang aus seinem Schreibtischstuhl auf und betrachtete sie, ihre vollen Lippen, die üppigen Rundungen ihrer Brüste, die sich unter der Jacke abzeichneten, ihre kurvigen Hüften. Sofort hatte Lindy wieder diese verheerende Wirkung auf ihn. Er verwünschte sein Verlangen, es machte ihn wütend, dass er so wenig Kontrolle über sich besaÃ.
Kühl, leicht spöttisch fragte er: âWas kann ich für dich tun?â
Im maÃgeschneiderten Anzug stand er da und sah umwerfend wie immer aus. Doch Lindy hätte ihn am liebsten geohrfeigt. Wie konnte er es wagen, auf sie herabzusehen, mit ihr zu sprechen, als wäre sie eine Fremde, obwohl es nur Tage her war, seit sie sich leidenschaftlich geliebt hatten?
Nein, von Liebe konnte hier wohl kaum die Rede sein, musste sie sich endlich eingestehen. Liebe war etwas Gegenseitiges, dazu gehörten zwei. Für Atreus war es nur Sex gewesen â ein flüchtiges, unverbindliches, rein körperliches Zwischenspiel.
Hocherhobenen Hauptes ging Lindy zum Schreibtisch und warf Atreus den Räumungsbescheid vom Vortag mitten auf die polierte Platte.
âDas wollte ich dir persönlich übergebenâ, erklärte sie beherrscht und warf den Kopf zurück, sodass ihr das braune Haar wie schwere Seide über die Schulter floss. Ihre Wangen waren gerötet, die blauen Augen funkelten zornig. âDiese Behandlung habe ich wirklich nicht verdient. Hätte ich vor eineinhalb Jahren auch nur geahnt, was ich jetzt von dir weiÃ, hätte ich mich nie auf dich eingelassen. Du bist ein Mann ohne Gewissen, ein hinterhältiger Mensch, den ich nur verachten kann.â
Der offene Angriff überraschte Atreus. Er begutachtete das Schriftstück. âDas habe ich nicht genehmigtâ, wies er die Anschuldigung scharf zurück.
âNein? Aber du willst mich von deinem Anwesen vertreiben, oder etwa nicht?â Lindy entging nicht, dass sein Gesicht sich leicht rötete. âWoher nimmst du das Recht, mein ganzes Leben aus den Angeln zu heben? Wohin, glaubst du, könnte ich bei meinem Einkommen mit den Hunden und meinem Geschäft ziehen?â Sie lachte höhnisch. âAber natürlich, die Sache ist die: Das ist dir völlig egal!â
âIch habe nicht vor, dich wegen Mietverzugs an die Luft zu setzenâ, verteidigte Atreus sich mühsam beherrscht. âDeshalb ist dein Vorwurf völlig ungerechtfertigt und lachhaft. Jemand wird deswegen seinen Posten verlieren.â
âDein Gutsverwalter, der vier Kinder hat und dessen Frau in Kürze ein weiteres erwartet?â, hielt Lindy ihm angewidert vor. âDu allein hast diese Situation geschaffen, Atreus, also lass keinen anderen dafür büÃen, wenn etwas schiefgelaufen sein sollte. Der Mann ist dein Angestellter, der genau weiÃ, dass du mich von deinem Anwesen vertreiben
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