Die Geliebte des griechischen Reeders
ihr Sohn war das schönste Baby, das sie je gesehen hatte. Es hatte dunkles Haar und eine Stimme so gewaltig wie eine Feuerwehrsirene.
Noch eine Weile machten sich die Nachwirkungen der Narkose bemerkbar, die man ihr hatte verabreichen müssen. Immer wieder fiel Lindy in einen kurzen Erschöpfungsschlummer. Einmal erwachte sie und sah, dass Atreus über das Babybett gebeugt stand und seinen Sohn bewunderte, der seinen Zeigefinger festhielt. Atreus wirkte so stolz und glücklich, wie Lindy es nie erwartet hätte.
âGefällt er dir?â, flüsterte sie matt lächelnd.
âWenn du ihm verzeihst, was er mit dir gemacht hat â ich kann es.â Atreusâ Augen schimmerten verdächtig. âEr ist vollkommen. Sieh nur seine winzigen Fingernägel! Meinst du, er ist gesund?â
âNatürlich ist er gesund! Er wiegt fast neun Pfund und ist ein Riesenbaby.â Seine Sorge und Begeisterung gingen Lindy ans Herz, und sie blickte fort. Würde sie je aufhören, ihn zu lieben?
Sie musste fürchterlich aussehen, befürchtete sie. Ihr Haar war zerzaust, das Gesicht verschwitzt, und sie fühlte sich völlig erschöpft. Auch an Atreus war die schlaflose Nacht nicht spurlos vorübergegangen, sein Kinn zeigte dunkle Bartschatten, die Krawatte fehlte und sein Anzug war zerdrückt. Dennoch war er für sie der tollste Mann der Welt.
Er richtete sich auf und breitete überschwänglich die Arme aus. âSchon jetzt weià ich, dass ich ihn jeden Tag sehen muss! Ich will da sein, wenn er lächelt, seinen ersten Schritt tut, das erste Wort sagtâ, sprach er beschwörend auf Lindy ein.
Liebevoll sah sie ihn an.
âUnd ich möchte ihn aufheben, wenn er hinfällt, ihn in den Armen halten und immer für ihn da sein. Alles das ist mir unglaublich wichtig. Wenn du mich nicht heiratest, könnte ich meinem Sohn nie so nahe sein, wie es sein müsste.â
Gerührt beobachtete Lindy, wie er das Gesicht des Babys scheu streichelte. Es war nicht zu übersehen, dass Atreus verrückt nach seinem Erstgeborenen war. Er würde seinem Sohn ein wunderbarer Vater sein und versuchen, ihm alles zu geben, was er selbst als Kind entbehrt hatte: Liebe, Zuwendung, Zeit. Wer konnte ihr Kind mehr lieben als der eigene Vater? Durfte sie Atreus und ihrem gemeinsamen Sohn die engste Beziehung verweigern, die es zwischen Menschen gab?
Sie liebte Atreus immer noch, musste Lindy sich endgültig der Wahrheit stellen. Mit ihm war ihr Leben so viel glücklicher. Selbst ihre platonische Beziehung vor der Geburt ihres Sohnes hatte sie beflügelt und ihr Kraft zu neuen Dingen gegeben. Und da sie so stark für Atreus empfand â warum sollte sie ihn nicht doch heiraten, selbst auf die Gefahr hin, dass ihre Ehe nicht von Bestand war? Dann konnte sie sich immerhin sagen, es versucht zu haben.
âAlso gutâ, brach Lindy schläfrig das angespannte Schweigen.
Vorsichtig nahm Atreus ihre Hand in seine. âAlso gut ⦠was?â
âIch heirate dich. Aber du musst deiner Familie klarmachen, dass du darauf bestanden hastâ, forderte sie matt, weil sie an ihren unwürdigen Aufbruch aus der Villa denken musste.
Ãberrascht zog er die Brauen zusammen. âUnd wieso hast du es dir jetzt anders überlegt?â
âWeil unser Sohn Mutter und Vater um sich haben sollteâ, flüsterte sie benommen. âVergiss nicht, du und ich, wir sind beide ohne Vater aufgewachsen.â
Aufatmend gab Atreus ihre Hand frei. âRuh dich aus und schlaf ein bisschen, glikia mou .â
Ihre Lider wurden schwer, doch dann fiel ihr etwas Wichtiges ein. âAber lass uns mit der Hochzeit warten, bis ich wieder ein anständiges Brautkleid tragen kannâ, flüsterte sie.
Lindy und Atreus einigten sich auf den Namen Theodor, doch schon bald war ihr Sohn für alle nur noch Theo.
Atreusâ Verwandte besuchten sie in der Klinik, und nachdem sie das neueste Mitglied des Dionides-Clans kennengelernt hatten, waren sie wie verwandelt. Lindy war überrascht, wie liebevoll und begeistert sie über das jüngste Familienmitglied waren.
Sobald Lindy reisefähig war, flog die junge Familie nach London zurück. Eine Woche verbrachten sie dort in Atreusâ Penthouse. Er hatte ein Kindermädchen eingestellt, damit Lindy sich schonen konnte. Doch sie sehnte sich danach, zu ihrem Haus und den Hunden zurückkehren zu können. Im
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