Die Geliebte des Koenigs
runzelte die Stirn. „Ich habe keine einzige Nachricht von dir erhalten.“
„Ich habe drei verschiedene Mitglieder deines Personalstabs damit betraut, dir eine Nachricht zu überbringen.“
„Offensichtlich scheinen einige Dinge hier im Palast nicht so zu laufen, wie sie es sollten …“, murmelte er.
Jesslyn sah Sharif offen an. „Na gut. – Du hast doch gesagt, du willst das Beste für deine Töchter, nicht wahr? Trotzdem …“ Sie brach ab. Unter seinem grimmigen Blick verließ sie plötzlich wieder ihr Mut.
Doch Sharifs Misstrauen und Neugierde waren bereits geweckt. „Nun raus damit!“, stieß er hervor.
„Es ist fast vier Uhr. Vielleicht ist es nicht die richtige Zeit für solch ein Gespräch.“
„Genau, es ist vier Uhr am Morgen, und uns läuft die Zeit davon.“ Er legte einen Zeigefinger unter ihr Kinn und hob es leicht an, sodass sie ihm in die Augen sehen musste. „Du warst nun fast zwei Wochen mit meinen Kindern zusammen. Also … was ist mit meinen Töchtern los?“
Jesslyn seufzte. „Dieser Ordner, den du mir hast zukommen lassen, mit diesen schrecklichen und unsinnigen Regeln …“
„Was für ein Ordner?“
„Der dicke schwarze Ordner. Der Ordner, in dem steht, dass die Kinder nicht umarmt, angefasst oder geküsst werden dürfen. Der Ordner, in dem steht, dass sie nicht lachen und keinen Unsinn anstellen dürfen. Der Ordner, in dem steht, dass sie täglich zehn bis zwölf Stunden lernen müssen. Der Ordner.“
„Ich weiß überhaupt nicht, wovon du redest. Ich kenne keinen solchen Ordner und würde solche albernen Regeln nie aufstellen. Eigentlich müsstest du mich besser kennen. Er kann nur von meiner Mutter stammen.“
Wenn er glaubte, dass sie damit beruhigt war, hatte er sich getäuscht. „Und das kommt dir nicht verkehrt vor?“, fragte Jesslyn fassungslos. „Deine Mutter sperrt deine Kinder in dieses künstliche Gefängnis, und du sagst einfach: ‚Oh, so ist meine Mom eben.‘“
„Das habe ich nicht gesagt!“
„Nein, aber es war verdammt nah dran. Das Problem sind nämlich nicht deine Kinder, Sharif …“ Sie hielt kurz inne. „Das Problem ist allein deine Mutter.“
„Ich habe verstanden.“
„Nein, hast du leider nicht! Deine Mutter füllt die Köpfe deiner Töchter mit Ängsten und Phobien an, die mit der Realität nicht das Geringste zu tun haben.“
Er seufzte. „Ich weiß, dass du sie noch nie leiden konntest …“
„Darum geht es hier nicht! Mir liegt einzig und allein daran, deine Kinder vor ihr zu schützen!“
„Jetzt gehst du zu weit!“ Ungläubig sah er sie an. „Du vergisst, dass sie immer noch meine Mutter ist und dieser Palast auch ihr Heim.“
„Das kann ich gar nicht vergessen. – Aber vielleicht solltest du dir ein eigenes Zuhause suchen. Ein Zuhause, in dem du das Sagen hast und wo du der Vater deiner Kinder sein kannst. Ein Zuhause, wo du ohne die ständige Einmischung deiner Mutter entscheiden kannst.“
Sharif lachte leise und strich ihr sanft eine Locke aus dem Gesicht. „Und du wunderst dich darüber, dass meine Mutter schon damals nicht mit dir auskam?“
„Ich war immer nett zu ihr“, verteidigte Jesslyn sich. „Viel zu nett …“, fügte sie hinzu. Sie schloss die Augen und genoss seine Berührung. Immer wenn er sie berührte, drohte ihr Herz überzuquellen vor Glück. In diesen Momenten erinnerte sie sich an ihre gemeinsame Zeit, und sie sehnte sich danach, die Zeiger der Uhren zurückdre hen zu können.
„Können wir meine Mutter nicht für einen Augenblick vergessen?“, fragte Sharif leise und strich sanft mit der Hand über Jesslyns glühende Wange.
„Aber du musst etwas unternehmen, um sie …“
„Das werde ich“, versprach er rau. Und dann neigte er den Kopf und küsste sie. Er küsste sie so voller Leidenschaft, dass ihr der Atem stockte.
In Jesslyns Kopf überschlugen sich die Gedanken. Sollte sie vernünftig sein, und beenden, was noch nicht einmal begonnen hatte? Oder sollte sie sich dem süßen Begehren hingeben?
Seine Berührungen brachten sie fast um den Verstand …
Zitternd schlang sie schließlich die Arme um seinen Nacken, und Sharif zog sie an sich. Jesslyn schloss die Augen.
Sie hatte beinahe vergessen, wie fantastisch sich der Körper eines Mannes anfühlen konnte, erinnerte sich kaum noch an das unglaubliche Gefühl, jemandem so nahe zu sein, dass man eins wurde …
Und mit einem Mal wurde ihr bewusst, dass sie Sharif wollte – und zwar ganz und gar. Sie wollte seinen
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