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Die Geliebte des Kosaken

Die Geliebte des Kosaken

Titel: Die Geliebte des Kosaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McFadden
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würde ihre hübsche Tochter sogar in adelige Kreise einheiraten, und man konnte den Lebensabend in der Hauptstadt verbringen?
    Katja liebte ihre Eltern zwar, doch ihr schlechtes Gewissen hielt sich in Grenzen. Sie hatte anderes im Sinn als eine adelige Heirat. Voller Ungeduld wartete sie auf ihren Kosakenbären. Sobald man in den Bergen war, würde es so weit sein.
    Die Truppe war bereits seit vier Tagen unterwegs, die ersten Herbststürme hatten den Reisenden zu schaffen gemacht, es war kühl geworden, und Natalja sah, wie die kurzen Mäntel der Soldaten im Wind flatterten. Die Nächte hatte man in kleinen Bauernhöfen verbracht, die von den Soldaten kurzerhand requiriert wurden, auch die Lebensmittel mussten von den Bauern gestellt werden, und Natalja spürte den Grimm der Menschen, den sie hinter ihrer Unterwürfigkeit verbargen. Während die Soldaten mit Scheunen und Nebengebäuden vorliebnehmen mussten, geruhte Sokolow, die Abende bei den Damen im Haus neben dem großen Ofen zu verbringen, er gab sich charmant und bemühte sich redlich, seine große strategische Begabung vor Natalja ins rechte Licht zu rücken. Ihre Großmutter war mit Fürst Berjow befreundet – dieser Mann war mächtig und konnte seine Offizierskarriere sicher befördern.
    In den Nächten schliefen die beiden Frauen nur wenig, sie unterhielten sich leise miteinander, kicherten gemeinsam über den albernen Rittmeister, und Katjas Gewissen lastete immer stärker auf ihr. Natalja Galugina war eine richtig gute Freundin, niemals kam es ihr in den Sinn, die adelige Comtesse herauszukehren, im Gegenteil. Sie gab sich redlich Mühe, Katja die anstrengende Reise zu erleichtern, und die kleine Scharina staunte, wie leicht sich Natalja in den primitiven Bauernkaten zurechtfand, klaglos mit der faden, klebrigen Kascha zufrieden war und stets dafür sorgte, dass Katja das weichere, wärmere Lager erhielt.
    „Warum willst du mit diesem Kerl nach Jekaterinburg reisen?“, hatte sie sie eines Abends gefragt.
    Natalja hatte gelächelt und behauptet, sie führe eine Sache immer zu Ende. Das sei ihre Gewohnheit.
    „Aber er ist es nicht wert!“
    „Doch“, gab Natalja zurück und schaute dabei verträumt an die dunkel verräucherte Holzdecke der Kate. „Er ist es wert, Katja.“
    Manchen Leuten war eben einfach nicht zu helfen.
    Wenigstens hatte Natalja bisher keinen einzigen Versuch gemacht, mit ihrem Verlobten zu sprechen. Merkwürdig war nur, dass sie im Schlaf manchmal einen Namen murmelte. Zuerst hatte Katja ihn nicht verstehen können, doch es klang auf keinen Fall wie „Oleg“. Eher wie „Aleksej“, „Sergej“ oder „Andrej“.
    Am fünften Tag der Reise prasselte dichter Regen auf die Reiter herab, und Katja kuschelte sich in die weichen Liegepolster der geschlossenen Kutsche, froh, dass man im Trockenen reisen konnte. Das Gelände war hügelig, und wenn der Dunst sich für kurze Zeit lichtete, zeigten sich die ersten schroffen Erhebungen des Uralgebirges, die man in Kürze erreichen würde. Katja zog die warme Wolldecke enger um sich und sah mit klopfendem Herzen zu Natalja hinüber, die aus dem Fenster in den Regen starrte. Was würden die Kosaken mit ihr tun? Sie würde Bogdan auf jeden Fall dazu bewegen, Natalja kein Leid anzutun. Vielleicht würde ihre Großmutter sie ja für einen hohen Betrag auslösen? Das würde den Kosaken sicher Grund genug sein, Natalja gut zu behandeln.
    Und wenn sie sich so verzweifelt wehrte, dass man Gewalt anwenden musste? Katja grübelte vor sich hin und nahm sich dann vor, der Freundin, kurz bevor es zu dem Überfall kam, rasch die Wahrheit zu sagen und dafür zu sorgen, dass sie sich ruhig verhielt.
    Die Reisegruppe bewegte sich langsam, die Männer waren nass bis auf die Haut und missmutig, denn es hatte sich bisher nicht das kleinste Dörfchen gezeigt, in dem man eine Rast einlegen und die Kleider hätte wechseln können. Jetzt führte der Weg steil bergauf in Richtung eines Passes, es wurde empfindlich kühl, und die Pferde hatten Mühe, auf dem glatten, feuchten Gestein nicht auszurutschen. Oben lag eine dünne Schneedecke, Eisregen fegte über die Gipfel, und der Reisezug bewegte sich so rasch wie möglich ins Tal hinab, wo mildere Temperaturen herrschten.
    Die beiden Frauen waren unruhig, jede sah auf ihrer Seite zum Fenster hinaus, wischte immer wieder die beschlagenen Scheiben sauber, es wurde kaum gesprochen. Tatsächlich ließ der Regen nun nach, das Tal lag im Nebel, doch hie und da waren

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