Die Geliebte des Kosaken
gelastet hatte, doch aus der Welt.
„Einverstanden.“
Er ahnte nicht, dass Andrej das Gold vollkommen gleichgültig war.
Kapitel 10
Natalja war im Haus des Obersts Jewremow aufgenommen worden, und Irina Jewremowa überschlug sich fast in ihrer Fürsorge für die adelige junge Dame. Man hatte sie in den Räumen untergebracht, welche die beiden Töchter vor einigen Jahren bewohnt hatten und die jetzt als Gästezimmer dienten, Irina Jewremowa besuchte ihre Schutzbefohlene alle fünf Minuten unter einem anderen Vorwand, um mit ihr zu plaudern, wobei sie ganz besonders am gesellschaftlichen Leben der Hauptstadt interessiert war und sich nebenbei nicht geringe Mühe gab, die Verdienste ihres Mannes ins rechte Licht zu rücken. Natalja begriff recht bald, dass nicht nur Irina Jewremowa neugierig auf sie war, denn die Dame kündigte ihr an, dass sie sich erlaubt habe, einige Damen ihrer Bekanntschaft einzuladen, um ihnen die mutige junge Frau vorzustellen, die ihrem Verlobten ganz allein aus St. Petersburg bis in den Ural gefolgt war.
Das alles war schrecklich lästig, aber Natalja wagte nicht, ihrer Gastgeberin diesen Wunsch abzuschlagen, denn sie hatte Grund, sich hier in Perm gute Freunde zu machen. So sagte sie zu und bat Irina Jewremowa gleichzeitig, einen wichtigen Brief weiterzuleiten, der so rasch wie möglich nach St. Petersburg befördert werden müsse. Natalja hatte an ihre Großmutter geschrieben und sie um sofortige Hilfe angefleht.
„Mein Mann wird einen Kurier schicken, machen Sie sich keine Sorgen, liebe Natalja Iwanowna. Was kann ich noch für Sie tun? Ich fürchte, Sie werden sich ein wenig langweilen, denn ich kann Ihnen nur die Gesellschaft einer mütterlichen Freundin bieten …“
Großer Gott, dachte Natalja entnervt. Wenn sie mich nur endlich alle in Ruhe lassen würden!
„Ich langweile mich ganz und gar nicht in Ihrer Gegenwart“, heuchelte sie liebenswürdig. „Nur bin ich von der langen anstrengenden Reise noch sehr erschöpft und ziehe mich daher gern zurück, um den versäumten Schlaf nachzuholen.“
Die Jewremowa umarmte Natalja, nannte sie ein armes Täubchen und erklärte, ihr sogleich Tee und Zuckerwerk schicken zu lassen.
„Ruhen Sie sich aus, meine liebe Natalja Iwanowna. Der Schlaf wird Ihre Gesundheit wiederherstellen. Ich werde dafür sorgen, dass Sie nicht gestört werden.“
Natalja atmete auf, als sie endlich aus dem Zimmer war. Sie hatte nicht einmal gelogen, denn sie fühlte sich tatsächlich erschöpft und zugleich unsagbar traurig. Es wurde auch nicht besser, als sie sich auf das Bett legte und die Augen schloss, denn sofort erschien Andrejs Gesicht vor ihr, sein Blick war hart und feindselig, und ein tiefer Schmerz durchfuhr sie. Wie kalt er vorhin zu ihr gewesen war, sie hätte zornig werden sollen, doch es war ihr nicht gelungen. Stattdessen war sie den Tränen nahe gewesen bei dem Gedanken, dass sie Andrej Dorogin niemals wieder in ihrem Leben sehen würde.
Er ist ein Verführer, schalt sie sich und richtete sich im Bett zum Sitzen auf. Er hat zahllose Frauen gehabt, und er wird seiner Sammlung noch unzählige weitere einverleiben. Wie konnte ich mich auf ihn einlassen? Mich so weit vergessen, dass ich ihn jetzt sogar vermisse?
Mit Scham dachte sie an jenen Moment am Bach zurück, als sie nackt in seinen Armen lag und dabei vor Lust und Sehnsucht verging. Es war unverzeihlich, niemals würde sie Oleg diesen Verrat gestehen können, er würde sie sonst bis zum Ende ihres Lebens verachten.
Wenigstens hatte sie die Stärke besessen, sich im letzten Moment noch auf ihre Pflicht und ihren Eid zu besinnen. Sie war sicher, den rechten Weg eingeschlagen zu haben, sie war Oleg und sich selbst treu geblieben. Doch seltsamerweise erleichterte diese Tatsache sie keineswegs.
Die kleine, dünne Dienerin betrat das Zimmer, ein silbernes Tablett mit einem Samowar und einer Schale Zuckerwerk vor sich hertragend, das sie umständlich auf einem kleinen Tischlein abstellte.
„Soll ich eingießen, Herrin?“
„Danke – ich nehme mir selbst.“
Die junge Person verbeugte sich, starrte die schöne Dame dabei mit leicht erhobenem Kopf und weit aufgerissenen Augen an. Dann entfernte sie sich, bemüht, so leise wie möglich aufzutreten.
Natalja bedachte das Tablett mit keinem einzigen Blick. Seit sie hier war, stopfte man sie unablässig mit irgendwelchen Leckereien voll – ihr war schon schlecht vor lauter türkischem Honig und klebrigem Zuckerwerk. Seufzend erhob sie
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