Die Geliebte des Kosaken
schemenhaft Fichten und Tannen zu erkennen, dazwischen auch dunkle, holzgedeckte Dächer. Katja presste die Nase an das Fensterglas, ihr Herz klopfte – nun konnte es nicht mehr lange dauern.
Man ritt auf steinigem Weg zwischen Fichten hindurch, die schwarz aus dem Dunst aufragten, und erreichte die Talsohle. Sokolow fluchte, denn das Dörfchen, das man glaubte gesehen zu haben, schien wie vom Nebel verschluckt. Also folgte man dem Weg, der an einem Bachlauf entlangführte – früher oder später musste man ja auf eine Ansiedlung stoßen.
Natalja sah den schwarzgekleideten Reiter zuerst. Er tauchte nur kurz aus dem Nebel zwischen den Fichten auf und verschwand wieder im Dunst.
„Kosaken!“
Katja fuhr zusammen, dann ergriff sie hastig Nataljas Hand. „Bleib ganz ruhig – es wird dir nichts geschehen“, flüsterte sie. „Bogdan wird tun, was ich ihm sage. Sie wollen Oleg.“
Natalja starrte die junge Frau an und begriff, dass sie mehr wusste, als sie preisgegeben hatte.
„Du kennst Bogdan, den Kosaken?“
Man hörte die schrille Befehlsstimme des Rittmeisters, Pferde wieherten und sprengten dicht an der Kutsche vorüber. Ein Säbel blitzte auf und verschwand wieder.
„Macht sie nieder!“, brüllte Sokolow. „Verfluchte Kosakenbande. Schließt einen Ring um die Kutschen!“
Auch Katja wurde jetzt klar, dass Natalja ihr einiges verheimlicht hatte.
„Du kennst Bogdan auch?“, stieß sie hervor.
„Oh ja. Wenn er mich erwischt, tötet er mich.“
„Nein“, beruhigte sie Katja, „Bogdan wird tun, was ich will.“
„Warum sollte er das?“
„Weil er mich liebt!“
Man hörte das metallische Geräusch von Waffen, die aufeinandertrafen, dann schrie ein Mann laut auf, ein Pferd raste an der Kutsche vorbei, seinen Reiter, der mit einem Fuß noch im Steigbügel hing, hinter sich herziehend.
„Die Kutschen von der Nachhut abschneiden. Gut so, Brüder. Wir haben sie!“
Schüsse peitschten durch den Nebel, sie wurden ohne Zweifel von den Kosaken abgefeuert, denn die Soldaten waren nur mit Säbeln bewaffnet. Die Kutsche schwankte, Katja sah den Kutscher seitlich herunterstürzen, dann vollführte das Gefährt plötzlich heftig schlingernde Bewegungen.
„Lasst die armen Kerle – auf und davon!“, brüllte eine Stimme, bei der Nataljas Kopf in die Höhe fuhr.
Andrej. Er war bei den Kosaken. Gott sei gelobt – sie hatte schon befürchtet, ihr Plan sei fehlgeschlagen. Andrej saß auf dem Kutschbock und peitschte die Pferde zu höllischem Tempo, das Gefährt rasselte, die Räder ächzten, und die beiden Frauen mussten sich an die Polster klammern, um nicht immer wieder gegen die harten Holzwände der Kutsche geschleudert zu werden.
Durch das kleine vordere Kutschenfensterchen konnte Natalja seinen Rücken erkennen. Andrej hieb erbarmungslos auf die Pferde ein, sie hörte sein triumphierendes Gelächter, und er erschien ihr in diesem Augenblick unsagbar fremd und wild.
Die Pferde konnten die rasante Fahrt nicht lange durchhalten, schon nach wenigen Minuten verlangsamte sich das Tempo, und Andrej ließ die erschöpften Tiere im Schritt laufen. Die Kutsche war jetzt von Kosakenreitern umgeben, die ihre Pferde immer wieder antrieben und zurückfallen ließen, misstrauisch die Umgebung musterten und ihre Waffen im Anschlag hielten. An einer Wegbiegung konnte Natalja die Kutsche sehen, in der sich Oleg befand. Sie wurde von vier Kosaken eskortiert, ein fünfter war hinten aufgesprungen, sein reiterloses Pferd lief neben dem Gefährt her, ohne dass er es antreiben musste. Oleg, dem noch dazu Hände und Füße gefesselt waren, hatte nicht die geringste Chance zu entkommen. Natalja konnte für einen Moment seinen vornübergebeugten Körper und sein helles Haar erkennen, undeutlich nur und durch das Glas des Kutschenfensters verzerrt.
Jemand riss den Schlag der fahrenden Kutsche an Katjas Seite auf, und ein bärtiges Gesicht beugte sich hinein. Bogdan hing seitlich auf dem Pferd und griff mit der Hand um Katjas Taille. Sie schrie hell auf und lachte, gleich darauf riss er sie fast vom Sitz, küsste sie ungestüm und verschwand so überraschend, wie er gekommen war. Katja lag heftig atmend in den Polstern und strahlte vor Seligkeit.
„Was für ein Kerl“, sagte sie und schob ihren Hut zurecht, „ist er nicht verrückt?“
„Du magst recht haben“, gab Natalja zurück und war froh, dass die glückliche Freundin die Ironie überhörte. Nun ja – über Geschmack ließ sich nicht streiten. Wenn
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