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Die Geliebte des Kosaken

Die Geliebte des Kosaken

Titel: Die Geliebte des Kosaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McFadden
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nicht. Sie konnte das Entsetzen der jungen Frau nur allzu gut verstehen. Aber sie war gekommen, um ihr die Augen zu öffnen, ursprünglich nur um sich an Oleg zu rächen, nun aber auch deshalb, weil ihr diese junge Frau, die jetzt zitternd vor Empörung vor ihr saß, unendlich leidtat.
    „Ich sage die Wahrheit, Natalja Iwanowna“, sprach sie leise weiter. „Sie haben eine lange und gefahrvolle Reise unternommen, um einen Mann wiederzufinden, der ein Lügner und Verräter ist. Er ist es nicht wert. Nicht das Schwarze unter dem Fingernagel ist er wert.“
    Natalja war aufgestanden und zum Fenster gelaufen, als müsse sie vor Katjas Worten flüchten. Jetzt stand sie an die Gardine geklammert da und starrte Katja an, als sei sie ein böser Geist.
    „Ich muss es doch wissen“, bekräftigte Katja und stand ebenfalls auf, „über drei Monate lang bin ich seine Geliebte gewesen. Verzeihen Sie mir, Natalja, ich bitte Sie. Ich wusste damals nicht, dass er verlobt ist. Ich habe ihn geliebt, und er hat mich verraten. Und ganz genauso hat er mit Ihnen und Ihrer Liebe gespielt. Glauben sie mir: Oleg Petrow ist ein Mensch, dem nichts heilig ist. Er kennt nur sich selbst.“
    Sie trat dicht zu Natalja, die so blass geworden war, dass Katja sich langsam um sie sorgte. „Ich schwöre bei Gott und allen Heiligen, dass meine Worte wahr sind“, sagte sie leise. „Ich lasse Sie jetzt allein – wenn Sie mich sprechen wollen, schicken Sie einfach nach mir.“
    Natalja hatte sich umgewendet und ihr den Rücken zugedreht, und Katja vermutete, dass sie weinte. Sie zögerte einen Moment, dann überwältigte sie das Mitgefühl, und sie legte Natalja sanft eine Hand auf die Schulter.
    „Ich habe es nicht gesagt, um Ihnen weh zu tun“, erklärte sie. „Auch ich war am Boden zerstört, aber niemand hat mir geholfen. Ich möchte Ihnen helfen, Natalja. Darum bin ich gekommen.“
    Sie begriff, dass die blonde junge Frau jetzt nicht in der Lage war zu sprechen, deshalb ging sie leise aus dem Zimmer.
    Natalja stand einige Minuten unbeweglich am Fenster, ihr Kopf war leer, ihre Augen nahmen nichts wahr – sie hatte das Gefühl, jemand habe ihr den Boden unter den Füßen weggezogen und zugleich stürze der Himmel über sie herab.
    Dass Oleg ein Betrüger war, tat nicht weh. Sie war fast erleichtert gewesen, darüber Klarheit zu haben. Das Schreckliche war, dass sie Andrej fortgeschickt hatte. Andrej – den Mann, den sie liebte.
    Kaum eine halbe Stunde später irrte eine junge Frau, in einen dunklen Umhang gehüllt, durch die Straßen der kleinen Stadt und fragte überall nach einem gewissen Andrej Dorogin, einem großen Kerl mit schwarzem, lockigem Haar, blauen Augen und neuen Lederstiefeln. Doch niemand konnte ihr Auskunft geben.
    Die beiden geschlossenen Kutschen wurden von 15 berittenen Soldaten begleitet, ein kleiner Konvoi, der sich durch die herbstliche Landschaft gen Osten bewegte. Rittmeister Sokolow – außer sich vor Freude, dass man ihm endlich einmal eine verantwortungsvolle Mission anvertraute – hatte ein Auge darauf, dass das Gefährt, in dem sich der Gefangene befand, stets in der Mitte des Zuges war. Die andere Kutsche wurde mindestens ebenso streng gehütet, und Sokolow ritt gewöhnlich in deren Nähe, um sich persönlich von dem Wohlbefinden der ihm anvertrauten Damen zu überzeugen.
    Seit drei Tagen saß Katja der jungen Adeligen Natalja Galugina gegenüber, man verstand sich, man plauderte, vertraute sich kleine Geheimnisse an und lachte miteinander. Und dennoch konnte Katja nicht begreifen, was diese junge Frau dazu trieb, ihrem untreuen Verlobten bis Jekaterinburg zu folgen. Was versprach sie sich davon? Sie, an Nataljas Stelle, hätte die Verlobung auf der Stelle gelöst und wäre unverzüglich zurück nach St. Petersburg gereist. Aber Natalja benahm sich gerade so, als sei nichts geschehen. Lächelnd hatte sie die schwülstigen Abschiedsworte des Gouverneurs angehört, sich von ihm die Hand küssen lassen und erklärt, sie müsse ihrem Herzen folgen.
    Nun ja – sie würde ja sehen, was sie davon hatte.
    Katja kam dieses seltsame Verhalten der jungen Adeligen entgegen, es erleichterte ihr die Ausführung ihrer Pläne. Ihre Eltern waren rasch bereit gewesen, Katja der Comtesse als Reisebegleiterin mitzugeben, denn Galina Scharina träumte bereits davon, dass ihre Tochter zur Gesellschafterin der reichen Adeligen aufsteigen würde und auf diese Weise in St. Petersburg eine gute Partie machen könnte. Vielleicht

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