Die Geliebte des Kosaken
in dieser aussichtslosen Lage beizustehen. Er hatte nicht die mindeste Chance. Von allen Seiten stürzten sich die Kosaken auf ihn, eine Weile konnte er sie mit kräftigen Faustschlägen von sich abhalten, dann hatte ihm Stenka die Beine umklammert und brachte ihn zu Fall. Drei saßen rittlings auf seinem Körper und hielten ihn am Boden, ein Vierter band ihm Hände und Füße mit festen Lederriemen zusammen. Natalja, die sich trotz allem wütend in das Handgemenge eingemischt hatte, wurde von Bogdan überwältigt, der sich einen Spaß daraus machte, ihr die Arme auf den Rücken zu drehen und sie gegen die Wand der Fischerhütte zu drücken.
„Von jetzt an wirst du gehorchen lernen“, herrschte er sie an. „Wir werden miteinander nach Perm reiten, meine Schöne, und du wirst uns helfen, deinen Bräutigam aus dem Kerker zu holen.“
„Oleg hat mit euch Gesindel nichts zu schaffen“, fauchte sie und versuchte vergeblich, sich ihm zu entwinden.
„Und wie er mit uns zu schaffen hat“, grölte Bogdan laut, „er weiß, wo das Gold ist, und wird uns dorthin führen müssen, sonst ist es um sein hübsches Bräutchen geschehen.“
„Lügen!“, rief sie zornig. „Nichts weiter als boshafte Lügen!“
Als Bogdan dröhnend auflachte, schwieg sie und sah hilflos zu Andrej, der gefesselt am Boden lag. Sein Hemd war während des Kampfes zerrissen, er hatte einen Stiefel eingebüßt, und das feuchte, staubige Haar klebte an seiner Stirn.
„Schade um dich, Brüderchen“, spottete Bogdan mit boshaftem Grinsen, „du wirst uns leider nicht begleiten können.“
Sergej hatte erwartet, auf der Stelle gefoltert und getötet zu werden – doch er irrte sich. Man fesselte ihn und setzte ihn hinter Andrej auf ein Pferd, zu allem Überfluss banden die Kosaken sie mit einem langen Seil aneinander – dann verlud man die Waren auf die Packpferde und brach auf.
Auch Natalja wurde zum Aufsitzen gezwungen, man nahm sie in die Mitte der Gruppe, und Bogdan wachte energisch darüber, dass keiner seiner Kumpane ihr zu nahe kam. Er hatte auch ihr die Hände mit einem Lederriemen vor dem Körper zusammengebunden, denn bei dieser kleinen Hexe konnte man nie wissen.
„Hütet sie wie euren Augapfel“, ordnete er an, „sie ist das Schlüsselchen zur Goldkiste.“
Andrejs Pferd, das seinen Reiter und den Spitzel Sergej trug, ging am Ende der Gruppe, einer der Kosaken zog das widerstrebende Tier an einem Seil hinter sich her und trieb es immer wieder zu rascherem Tempo an. Man durchritt ein dichtes Laubwäldchen, überquerte einen seichten Fluss und gelangte endlich zu einer Lichtung, auf der niedriges Gebüsch wucherte. Zwischen Heidelbeeren und Farnkräutern lagen dicke braune Steinbrocken, die wer weiß wie vor Urzeiten dorthin gelangt waren.
„Hier ist ein guter Platz“, sagte Bogdan zufrieden und hielt sein Pferd an. „Bindet jeden auf einem Stein fest, wir sind ja zartfühlend und wollen nicht, dass die Kerle sich auf dem harten Boden den Hintern durchsitzen.“
Entsetzt sah Natalja zu, wie man Andrej an einem der Steinbrocken festzurrte. Er wehrte sich nicht, auf seinem Gesicht schien ein verächtliches Lächeln zu liegen; während die Kosaken sich bemühten, die Fesseln so fest wie möglich anzuziehen, blieb seine Miene unbeweglich. Nur für einen kleinen Moment wanderte sein Blick zu Natalja hinüber, und ihr Herz krampfte sich zusammen, als sie die Botschaft seiner Augen las.
„Ich liebe dich“, sagte sein Blick. „Sei stark und kämpfe, auch wenn ich nicht bei dir sein kann.“
„Was wird mit ihnen geschehen?“, erkundigte sie sich angstvoll.
Bogdan lachte grimmig, prüfte die Riemen und winkte seinen Leuten, auf die Pferde zu steigen.
„Das wissen nur der Waldgeist und die Wölfe!“
„Du bist ein Teufel!“, schrie sie wütend. „Du dreckiger Kosakenhund! Eines Tages wirst du dafür am Galgen hängen, das schwöre ich dir!“
Er grinste belustigt und schlug mit der flachen Hand auf die Kruppe ihres Braunen, so dass das Tier erschrocken davonstürmte und Natalja Mühe hatte, im Sattel zu bleiben.
Andrej starrte den Davonreitenden nach und schickte ihnen einige böse Flüche hinterher. Dann versuchte er, sich zu bewegen, und stellte fest, dass seine Kosaken ganze Arbeit geleistet hatten. Er war so fest an diesen verdammten Stein gebunden, als sei er mit ihm verwachsen. Einige Meter entfernt hörte er Sergejs verzweifeltes Jammern, auch ihm schnitten die harten Riemen ins Fleisch, und außerdem
Weitere Kostenlose Bücher