Die Geliebte des Kosaken
die beiden Pferde zu satteln und mit Natalja zu fliehen. Doch der Plan war schon deshalb nicht durchführbar, weil ihr Brauner viel zu langsam war. Allein hätte er es vielleicht schaffen können, doch dann hätte er Natalja bei seinen Kosakenbrüdern zurücklassen müssen, und was dann mit ihr geschehen würde, war nicht schwer zu erraten. Er fluchte leise. Wenn dieser verdammte Spitzel von den Balken der Hütte erschlagen worden wäre, wäre die Welt keineswegs ärmer gewesen.
Sergej hatte immer wieder zu Andrej hinübergesehen, und seine Blicke waren voll unverhohlener Wut gewesen. Dieser Verräter hatte das Gold mit Hilfe der Kosaken an sich gebracht und ihn und Ossip ausbootet. Tagelang hatten sie verbissen nach ihm gesucht, dann endlich die Gruppe Kosaken entdeckt und Andrej mitten unter ihnen. Nun waren sie sicher, dass das Gold in den Händen der Kosaken war. Was sonst konnte sich in den Kisten und Ballen befinden, die sie mit sich führten?
„Lasst mich los“, rief er und versuchte verzweifelt, sich dem schmerzhaften Griff von Stenkas eisenharten Händen zu entwinden, „ich rede.“
„Gut für dich, Brüderchen. Sonst hätte ich dich wie eine Fliege zerquetscht“, sagte Stenka grinsend und zog die Pranken zurück.
„Aber die Wahrheit, sonst binden wir dich an mein Pferdchen, und du pflügst das Steppengras mit dem nackten Hintern.“
Sergej fürchtete, dass dieses Schicksal ihm sowieso sicher war. Aber er würde wenigstens nicht der Einzige sein.
„Vergreift euch nicht an mir – ich bin ein Beamter des Zaren“, rief er ängstlich.
Höhnisches Gelächter wurde laut. Ein Beamter von Väterchen Zar kroch wie eine Maus in einer alten Fischerhütte herum! Er wollte ihnen Lügen auftischen, der Kerl.
Bogdan war erbost und wollte erneut zupacken, doch Sergej deutete mit ausgestrecktem Arm auf Andrej. „Dort steht der Verräter! Andrej Dorogin ist im Auftrag des Zaren unterwegs. Er soll das Gold finden und es an den Zaren ausliefern.“
Die Kosaken glotzten ihn ungläubig an, dann wanderten ihre Blicke zu Andrej, der sich große Mühe gab, erstaunt auszusehen.
„Der Balken muss ihm übel das Hirn eingedrückt haben“, widersprach er kopfschüttelnd, „er redet ja völlig wirr daher.“
„Das Gold, das dort in der Hütte ist, gehört Väterchen Zar“, jammerte der Spitzel. „Andrej Dorogin hat von Kaschubow den Auftrag erhalten, es nach St. Petersburg zu bringen. Dafür hat er ihm versprochen, ihn wieder zum Offizier zu machen. So ist es, ich schwöre bei meiner Seligkeit, dass dies die Wahrheit ist.“
Andrej fing an zu lachen, einige Kosaken stimmten ein, andere kratzten sich die Bärte und wussten nicht, was sie von alldem halten sollten.
„Gold hast du in der Hütte gesucht? Und, hast du auch welches gefunden?“, fragte Andrej hämisch.
„Du wirst am besten wissen, wo das Gold ist“, erwiderte Sergej wütend.
Bogdans kleine Äuglein hatten sich zusammengezogen. Was dieser Kerl da redete, klang verrückt, und dennoch schien ihm ein wahrer Kern darin zu liegen.
„Woher weißt du das alles?“, forschte er. „Mach das Maul auf, sonst öffne ich es dir mit dem Messer.“
„Du wirst diesem Geschwätz doch keinen Glauben schenken, Bruder“, erboste sich Andrej, „er ist ein dreckiger Spitzel. Wahrscheinlich ist er mir schon seit St. Petersburg gefolgt, um an das Gold zu kommen.“
Bogdan schenkte seinen Worten keine Beachtung, stattdessen verfinsterte sich seine Miene zusehends. Er bedachte Sergej mit einem Fußtritt, dann sah er in die Runde. Die Kosaken waren unruhig geworden, maßen Andrej mit misstrauischen Blicken und rückten von ihm ab. Wasilij zog verächtlich die Oberlippe hoch, so dass man seine schlechten Zähne sehen konnte.
„Hast uns betrügen wollen, Brüderchen“, sagte Bogdan zu Andrej, „ich hab’s die ganze Zeit in der Nase gehabt.“
„Wo hast du deinen Kopf, Bogdan“, gab Andrej zornig zurück, „ich habe geschworen, mit euch gemeinsam das Gold zu holen. Wollt ihr dem Eid eures Bruders glauben oder einem dahergelaufenen Lumpen, der lügt, um seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen?“
Aber Bogdan hatte keine Lust mehr auf weitere Spielchen. „Bist ein gerissener Bursche, Andrej, hast Verstand in deinem Schädel“, sagte er höhnisch. „Aber ich bin auch nicht dumm, Brüderchen. Packt ihn und bindet ihn!“
Andrej spürte, dass Natalja an seine Seite getreten war, und stieß sie hastig von sich fort. Es fehlte noch, dass sie versuchte, ihm
Weitere Kostenlose Bücher