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Die Geliebte des Normannen

Die Geliebte des Normannen

Titel: Die Geliebte des Normannen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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kniete neben Stephen. Er hielt sich still wie eine Statue; seit er auf die Knie gesunken war, hatte er sich kein einziges Mal mehr bewegt. Selbst jetzt, als sie leicht den Kopf drehte, damit sie sein hartes Profil sehen konnte, blieb er reglos. Er hatte sie nicht angeschaut, seit sie am Arm ihres Vaters durch den Kirchenraum auf ihn zu gekommen war.
    Er war noch immer wegen ihres Gesprächs mit Doug verärgert, doch hätte er alles gehört, dann hätte er auch mitbekommen, dass sie sich geweigert hatte, mit dem Schotten zu fliehen. Seit er sie gestern vom Tower wegbrachte, hatten sie kaum miteinander gesprochen. Mary fühlte die Anspannung. Sie würden diesen kleinen Konflikt natürlich überstehen, aber es war eine ungute Art, ein Eheleben zu beginnen – mit einem kalten, distanzierten Bräutigam und der Bedrohung eines nie endenden Krieges.
    Der Erzbischof bat sie, sich zu erheben und sich die Hände zu reichen. Mary wurde aus ihren Gedanken wieder in die Gegenwart versetzt. Ihre Knie waren steif, und sie begrüßte Stephens Hilfe beim Aufstehen. Sie versuchte, ihm in die Augen zu sehen, und hatte endlich Erfolg. Ihre Blicke blieben aufeinandergerichtet. Welch grundlose Eifersucht er auch immer fühlen mochte, wenn sich ihre Blicke trafen, dann geschah etwas Lebenssprühendes und Kraftvolles zwischen ihnen, etwas Aufregendes.
    Mary verspürte den Drang, sich ihm zu offenbaren, ihm zu sagen, dass sie ihm eine gute, pflichtbewusste und loyale Gemahlin sein würde, dass er ihr vertrauen könne und dass sie ihr Bestes tun werde, um sein Leben zu erleichtern. Sein Blick hatte etwas Abwägendes. Marys Herz schmerzte. Sie würde ihre rechte Hand dafür geben, dass er ihr voll vertraute und sie auf immer und ewig liebte.
    Die Gelübde wurden gesprochen, und schließlich schob Stephen ihr seinen Ring auf den Finger. Der Erzbischof segnete lächelnd das Paar, und Stephen beugte sich zu seiner Braut, um sie zu küssen.
    Mary reckte sich ihm entgegen, sie war wie benommen, als seine Lippen die ihren streiften. Stephen bewegte sich gleich wieder zurück; offenbar beabsichtigte er nur einen kurzen, zeremoniellen Kuss. Mary, die auf den Zehenspitzen stand und sich vornüber beugte, wankte gegen ihn.
    Er stützte sie. Mary errötete vor Verlegenheit. Doch nun war sein Blick freundlich.
    »Es freut mich, dass Ihr meine Küsse so gerne habt, Madame«, murmelte er. »Ihr werdet im Laufe unseres Lebens noch viele mehr und wesentlich beherztere bekommen.«
    Mary sah ihm in die Augen, ihr Puls raste vor Aufregung.
    Er schritt mit ihr das lange Kirchenschiff hinunter. Die Menge, alle hohen normannischen und englischen Adligen des Landes, brach in Freudenrufe aus. Als sie aus der Kirche traten, regneten Getreidekörner auf sie nieder. Mary lachte, und als die Körner immer mehr wurden, gluckste zu ihrer Überraschung auch Stephen.
    »Mit so vielen Samen kann unsere Verbindung nur sehr fruchtbar werden«, meinte er.
    Er hielt noch immer ihre Hand. Marys Lachen erstarb. Aufrichtige Freude hatte seine trübsinnige Miene aufgehellt und ihr Herz hüpfen lassen.
    »Das hoffe ich, Mylord«, sagte sie ernst.
    Sein Lächeln verschwand.
    »Schließlich«, meinte Mary schelmisch, »hatte meine Mutter sechs Söhne und zwei Töchter. Würde Euch das nicht reichen?«
    Doch Stephen blieb ernst.
    »Schenke mir einen Sohn, Mary, nur einen Sohn, und ich gebe dir alles, was dein Herz begehrt.«
    Die Hochzeitsfeier fand im Tower statt. Der große Saal war überfüllt mit vornehmen Gästen und stickig warm. Mary und Stephen saßen allein auf dem Podium, direkt unterhalb von ihnen hatte auf der einen Seite des langen Tisches König Rufus Platz genommen, auf der anderen Northumberland. Malcolm war der Platz nach den de Warennes zugewiesen worden, eine vorsätzliche Beleidigung.
    Geoffrey hatte keinen Appetit. Er fragte sich, weshalb sein König den Brautvater so gezielt demütigte, warum Rufus nicht aufhören konnte, Malcolm zu provozieren. Zum Glück trug der Schotte keine Waffen und würde es nicht wagen, in seinem Zorn loszuschlagen. Um die Ehe nun doch zu zerstören, war es sowieso zu spät.
    Allerdings nicht zu spät, um ihr Schaden zuzufügen, dachte Geoffrey grimmig in dem Wissen, dass sie in einigen Tagen gegen Carlisle aufbrechen würden.
    Er stand auf, den fragenden Blick seines Vaters ignorierend. Er wollte den Brautleuten nichtlänger zusehen, die sich gegenseitig fütterten und sich schmachtende Blicke zuwarfen. Er war nicht eifersüchtig, aber

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