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Die Geliebte des Normannen

Die Geliebte des Normannen

Titel: Die Geliebte des Normannen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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Hure behandelt, und sie war ein jungfräuliches Mädchen, sicher nicht älter als sechzehn Jahre. Vielleicht war die eigentliche Frage gar nicht, wer sie war, sondern was? Jungfrau oder Hure, Bäuerin oder Lady, Kind oder Frau? Spionin oder Unschuldige?
    »Ihr könnt mit Eurem Namen anfangen.«
    Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
    »Mairi. Mairi Sinclair. Mein Vater ist Rob Sinclair. Meine Mutter ist tot, sie war Magd in Liddel.« Sie zuckte vor seinem Blick zurück. »Und Ihr habt recht – diese Kluft ist eine Verkleidung.«
    »Hat man Euch zu mir geschickt, um mich auszukundschaften?«, fragte er knapp.
    »Nein!«
    Sie erbleichte. »Ich habe mich verkleidet, weil ich mich mit jemand treffen wollte. Mit einem – einem Mann.«
    Stephen begriff.
    »Ah, ich verstehe. Mit einem Mann.«
    Wieder hob sie ihr feines Kinn an.
    »Es ist nicht, was Ihr denkt. Der Mann war, ich meine, er ist, mein Verlobter.«
    Sein Blick war eisig.
    »Das erklärt Eure Verkleidung nach wie vor nicht.«
    »Es schickt sich nicht für eine Lady, sich allein mit einem Mann zu treffen, selbst wenn er ihr Gatte werden soll. Das wisst Ihr so gut wie ich.«
    »Und wer ist dieser Ausbund an Mannhaftigkeit, der Euch unzweifelhaft zum Sündenfall verlockt?«
    Sie biss sich auf die Lippe.
    »Was spielt das für eine Rolle?«
    An und für sich keine, doch er war entschlossen, jedes Wort aus ihrem Mund zu überprüfen.
    »Das ist sehr wohl von Bedeutung.« Er merkte, dass es ihn ärgerte, dass er vielleicht sogar eifersüchtig war, weil diese Frau offenbar einen anderen Mann begehrte – und das missfiel ihm. »Liebt Ihr ihn?«
    Sie wurde wütend.
    »Das geht Euch nichts an!«
    Sie hatte recht.
    Er stand steif da, nahm seinen Stock, um sich darauf zu stützen, und humpelte zu ihr. Er musste sie bewundern; sie hielt ihm stand.
    »Ganz im Gegenteil, Demoiselle, Ihr geht mich nun sehr wohl etwas an. Und ich werde Euch so lange festhalten, bis ich zufriedengestellt bin.«
    Sie verlor das letzte bisschen Farbe, das sie noch im Gesicht hatte.
    »Ihr werdet mich festhalten, bis Ihr zufriedengestellt seid! Was soll das heißen?«
    »Das heißt«, erklärte er grimmig, »dass ich die Wahrheit herausfinden werde, die ganze Wahrheit über Euch, und bis dahin seid Ihr mein Gast.«
    Damit verließ er ohne ein weiteres Wort das Zelt.
    »Euer Gast!«, rief sie hinter ihm her. »Ihr meint wohl, Eure Gefangene! Aber wieso? Was habe ich getan? Ich habe nichts getan, Normanne!«
    Er wandte sich um.
    »Im Gegenteil, Demoiselle. Ihr habt meinen Appetit angeregt, und noch mehr sogar mein Interesse. Wenn Ihr wirklich so bedeutungslos seid, dann, denke ich, kommen wir ganz gut miteinander zurecht, zumindest für einige Zeit.«
    Mary starrte ihm nach, als er forthumpelte. Was sollte diese letzte Bemerkung bedeuten? Lieber Gott! Sie durfte sich keinen Illusionen hingeben. Er vermutete, dass sie ihn täuschte. Er wollte die Wahrheit herausfinden, und ob er dies schaffte oder nicht, sie war in jedem Fall in großer Gefahr!
    Erschlafft und ausgelaugt sank sie auf den harten Erdboden. Rolfe de Warenne, der Graf von Northumberland, galt als einer der mächtigsten Lords des Reiches; er war zuerst ein enger Berater von König Wilhelm dem Bastard gewesen und nun von dessen Sohn, dem verderbten König William Rufus. Außerdem zählte der Graf zu den schlimmsten Feinden ihres Vaters, und damit auch dieser Mann, sein unehelicher Sohn und Erbe.
    Malcolm und Northumberland hatten sich schon so oft bekriegt, dass man es kaum mehr zählen konnte. Der Graf war nichts als ein mittel- und landloser Ritter gewesen, als er Herzog Wilhelm nach England gefolgt war, wenngleich es hieß, er sei der jüngere Sohn einer angesehenen Familie aus Poitou. Kurz nach der Eroberung Englands hatte er in Northumberland ein kleines Lehen bekommen, das inzwischen jedoch von Newcastle-on-Tyne im Süden bis zum Fluss Tweed im Norden reichte. Das Zentrum von Malcolms Königreich lag zwar zwischen dem Moray Firth und dem Firth of Forth, also ziemlich weit nördlich des Tweed, doch die schottischen Könige beanspruchten seit Langem das Recht, das gesamte Gebiet südlich von Lothian bis nach Rere Crossing zu regieren.
    Die de Warennes waren Eindringlinge. Malcolm hatte sein ganzes Erwachsenenleben lang versucht, Schottlands verlorenes Territorium zurückzugewinnen. Die bestehende Grenze zwischen Schottland und Northumberland war jahrelang hart und blutig umkämpft worden. Und nun hatte sich Mary direkt in die

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