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Die Geliebte des Normannen

Die Geliebte des Normannen

Titel: Die Geliebte des Normannen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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zusammen. Sie fühlte sich wie betäubt, aber einschlafen konnte sie dennoch nicht. Ihre Gedanken wanderten rastlos, und sie lauschte den Geräuschen der Nacht und des Lagers, dem Wiehern der Pferde, dem Schrei einer Eule, den halblauten Gesprächen der Männer draußen vor dem Zelt, bis der Letzte von ihnen verstummte. Als die menschlichen Laute und Geräusche erstorben waren, wartete sie angespannt auf die Schritte, die unweigerlich kommen mussten, dessen war sie sich sicher. Lange lag sie steif da und lauschte, doch sie kamen nicht – er kam nicht.
    Als sie aufwachte, befand sich das Gesicht des Normannen dicht über ihrem. Im ersten Moment noch zu schläfrig, bewegte sie sich gar nicht, sondern starrte nur in die funkelnden Augen, die im Übrigen nicht schwarz waren, sondern von einem schönen Ahornbraun. Dann erst trat die Wirklichkeit schlagartig in ihr Bewusstsein, und sie zuckte vor ihm zurück.
    Er richtete sich auf.
    »Ich hoffe, Eure Geschichte erweist sich als wahr, Demoiselle.
    Die Bedeutung seiner Worte entging ihr nicht.
    »Lasst mich in Ruhe!«
    »Was erschreckt Euch denn so heute Morgen, Mademoiselle? Habt Ihr etwa Angst vor mir – oder am Ende gar vor Euch selbst?«
    Endlich fasste sich Mary wieder.
    »Ich habe keine Angst vor mir selbst. Aber vor großen, schwarzen Normannen, für die Vergewaltigung ein Sport ist wie die Falknerei.«
    Er lachte.
    »Ich versichere Euch, Mademoiselle, dass ich nie mit einer derartigen Gewalttätigkeit zu tun hatte und auch nie haben werde.«
    Sehr leise fügte er hinzu: »Ich habe dergleichen nie nötig gehabt, und wenn Ihr mit mir ins Bett gehen solltet, dann nur aus Leidenschaft – derselben Leidenschaft, die Ihr gestern Abend zeigtet.«
    Seine ungenierte Anspielung auf ihr Fehlverhalten am Abend zuvor machte sie wütend.
    »Solche Leidenschaft werdet Ihr von mir nie mehr erleben!«
    Er hob erstaunt eine Augenbraue.
    »Ihr fordert mich heraus?« Sein Lächeln war ungekünstelt. »Ich liebe Herausforderungen, Demoiselle.«
    Sie schüttelte vehement den Kopf; ihr Herz flatterte. »Ihr habt keine Macht über mich.«
    »Ganz im Gegenteil, ich habe eine uralte Macht über Euch, Mademoiselle, die Macht eines Mannes über eine Frau.«
    »Ich bin nicht wie andere Frauen.«
    »Nein?« Er zeigte die Zähne. »Letzte Nacht kamt Ihr mir aber ganz und gar wie eine Frau vor, als Ihr wimmernd unter mir lagt – eine Frau in meiner Macht und mir ausgeliefert. Aber wenn es Euch dadurch besser geht, dann räume ich gerne ein, dass Ihr weitaus interessanter seid als alle Frauen, die ich bislang kennengelernt habe. Weitaus interessanter, weitaus faszinierender und«, er lächelte erneut, und nun sehr freundlich, »weitaus schöner.«
    Mary kämpfte gegen die Verführung an, die in seinem Blick lag.
    »Ich wimmere nicht, Normanne! Und ihr mögt sagen, was immer Ihr wollt, Ihr mögt denken, was Euch beliebt, aber das wird nicht verändern, was ich fühle. Und was ich für Euch fühle, bleibt besser unausgesprochen.«
    Er musterte sie lange und eingehend.
    »Ich glaube, unter diesem Ärger gibt es viel zu entdecken. Aber wie dem auch sei, wir vergeuden nur Zeit und Worte. Wir brechen in einer Viertelstunde auf. Ich schlage vor, Ihr erledigt, was Ihr ganz privat zu erledigen habt. Diesen Disput können wir ebenso gut in Alnwick zu Ende führen.«
    De Warenne machte kehrt und humpelte davon. Für einen Mann, der erst vor Kurzem ziemlich schlimm verwundet worden war, bewegte er sich bemerkenswert gut. Mary blickte ihm nach, erleichtert, dass er weg war. Jede Begegnung mit ihm, die sie unbeschadet überstand, erschien ihr als ein nicht zu gering zu schätzender Sieg.
    Aber sie war auch bestürzt. Alnwick war der neue Sitz von Northumberland. Der Graf, der Vater des Bastards, hatte an die fünfzehn Jahre lang daran gebaut. Gerüchten zufolge galt es als eine uneinnehmbare Festung. Wenn das stimmte, bestand für sie keine Hoffung auf Rettung mehr, sobald sie dort gefangen gesetzt war.
    Dann kam ihr plötzlich der Gedanke, dass Malcolm und ihre Brüder seit diesem Morgen sicher die ganze Gegend nach ihr absuchten. Vielleicht konnten sie sie retten, bevor man sie nach Alnwick verschleppte. Das war ihre einzige Hoffnung.
    Was, wenn sie ein Zeichen für Malcolm hinterließ? Wie konnte sie das bewerkstelligen?
    Eilig und vor Aufregung zitternd schob sie das Fell beiseite, das ihr als Decke diente. Man hatte ihr einen Krug Wasser gebracht, und so wusch sie sich rasch. Dann trat sie vor das Zelt

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