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Die Geliebte des Normannen

Die Geliebte des Normannen

Titel: Die Geliebte des Normannen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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ja, ja! Und bald, sehr bald, werdet Ihr vom Schwert meines Vaters durchbohrt werden, Normanne, denn er ist der größte Kämpfer in ganz Schottland!« Stephen hielt inne.
    »Ist er das, tatsächlich? Dann muss ich ihn ja gewiss kennen.«
    Sie schwieg trotzig.
    »Euer Vater ist nicht Sinclair of Dounreay, wie Ihr stur behauptet, nicht wahr, Demoiselle? Solch ein unbedeutender Mann würde mich niemals angreifen, das wisst Ihr so gut wie ich. Also, wen erwartet Ihr, Mairi? Ist das überhaupt Euer Name?«
    Sie sagte nichts.
    Wutentbrannt trieb er sie vor sich her zu seinem Pferd. Mary stolperte, doch das kümmerte Stephen nicht; er zog sie einfach in die Höhe, hievte sie wie einen Sack Getreide in den Sattel und saß dann hinter ihr auf. Auf sein Signal hin brach der Reiterzug auf und legte ein straffes Tempo vor.
    Mary schloss verzweifelt die Augen. Sie wusste, dass sie nicht wirklich beunruhigt zu sein brauchte; immerhin hatte sie die Normannen mit ihren Stofffetzen hereingelegt. Doch sie konnte sich darüber nicht freuen, sondern verspürte so etwas wie Entsetzen. Stephen de Warenne war wütend. Sie ahnte, dass sie für einen kleinen Sieg teuer würde bezahlen müssen.
    Der Trupp ritt jetzt noch schneller. Mary blickte immer wieder über die Schulter in der Hoffnung, ein Zeichen ihrer Verwandten am Horizont zu erblicken. Doch sie sah nichts, und ihre Hoffnung sank mit jeder Meile ein wenig mehr.
    Wo war ihr Vater?
    Sie ritten gerade einen lang gezogenen Bergrücken hinauf. Oben angekommen blieb Stephen abrupt stehen und drückte sie an seinen mächtigen, gepanzerten Körper. Seine Worte entzogen jedem Protest, den sie hätte vorbringen können, den Boden.
    »Ihr habt verloren, Mademoiselle«, erklärte er. »Denn wir sind da. Seht – Alnwick.«
    Entsetzen befiel Mary; sie bemerkte nicht, wie fest sie seinen Arm umklammerte – so sehr, dass sie sich an seinem Kettenpanzer den Finger verletzte. Sie hatten ihr Ziel erreicht, sie war verloren. Vor ihnen lag Alnwick, vor ihnen lag ihr Gefängnis.
    Die Sonne ging unter. Zum Teil von Schatten verdunkelt, erschienen die Mauern von Alnwick düster und unbezwingbar.
    Die Burg lag auf einem riesigen, natürlichen Hügel, der von unüberwindbaren Gräben umgeben war. In die mächtigen, braunen Außenmauern des Burghofs waren hohe, imposante Wachtürme eingefügt; dahinter ragte der mit Zinnen bewehrte Wohnturm auf, in ein blassgoldenes Licht getaucht. Mary fühlte eine tiefe Bestürzung.
    Wenn sie nicht fliehen konnte – und eine Flucht war äußerst unwahrscheinlich – und nicht freigelassen oder freigekauft wurde, bestand kaum Hoffnung, ihr Zuhause und ihre Familie je wiederzusehen, denn die Belagerung eines solchen Ortes würde niemand lange durchhalten, nicht einmal Malcolm.
    Sie ritten über eine Zugbrücke und durch ein hochgezogenes Fallgitter in den äußeren Burghof, wo sie von einem Dutzend bewaffneter Wachen begrüßt wurden.
    Innerhalb der Mauern befand sich eine Reihe von Gebäuden – Pferdeställe, Werkstätten, Quartiere für weitere Soldaten, verschiedene Kammern für Vorräte. Überall waren Menschen – Frauen mit für den Kochtopf bestimmten Hühnern unter dem Arm, Schweine hütende Kinder, Zimmerleute, die mit ihren Lehrlingen arbeiteten, Hufschmiede, Pferdeknechte und Rösser, Diener und Hörige. Vor ihnen war ein mit Weinfässern beladener Ochsenkarren in die Burg eingefahren; bei der Holztreppe am Eingang zum Wohnturm wurden weitere Wagen gerade entladen.
    Es herrschte ein ohrenbetäubender Lärm; neben dem Geschrei der vielen Menschen waren Hundegebell, das Gackern von Hühnern, wiehernde Pferde, der helle Klang eines Ambosses und die Hammerschläge der Zimmerer zu hören, dazu Geschimpfe, Gelächter und harsche Befehle.
    Mary war noch nie in einer derart großen Burg gewesen – sie schien größer zu sein als die meisten schottischen Dörfer, sogar größer als ihr Zuhause, die königliche Festung von Edinburgh.
    An der Treppe des Wohnturms angekommen, hob der Normanne sie mühelos aus dem Sattel. Mary stolperte ein wenig, weil ihre Glieder von dem langen Ritt steif waren. Stephen ergriff ihre Hand, um sie zu stützen, doch sie entzog sich ihm.
    »Habt keine Angst. Hier kann ich ganz offensichtlich nicht entwischen, selbst wenn ich es wollte.«
    »Es freut mich, dass Ihr so klug seid, das einzusehen.« »Ihr wärt weit weniger froh, wenn Ihr wüsstet, was ich wirklich denke.«
    »Im Gegenteil, es würde mich sehr freuen, Eure innersten Gedanken zu

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